Mittwoch, 13. Juli 2005

Drei Buchwühlgedanken

Als ich mich gestern zusammen mit unzähligen weiteren Textbegeisterten durch die Unmengen preisreduzierter Mangelware-Taschenbücher eines Standard-Buchladens kämpfte, stellte ich exakt drei Dinge fest, die nun Erwähnung finden sollen:

1. Die üblicherweise zu den sommerlichen Jahreszeiten gehörige Temperaturerhöhung weckt bei einer erstaunlich zahlreichen Gruppe an Menschen ein enormes Schwitzpotential, das selbst mich, der olfaktorisch nur selten zu beeindrucken ist, unangenehm berührt. In der Buch-suchenden Masse - und ich gehe davon aus, daß Buchläden vorwiegend von Personen beehrt werden, die es einst lernten, sich korrekt zu reinigen - sammelten sich die verschiedensten Körperausdünstungen zu diversen nasenunfreundlichen Duftballungen, die mich nach ihrem Zurückweichen jedesmal aufatmen ließen.
Schlimmer als der reine Schweißgeruch, der - ich gebe es zu - oft nicht verhinderbar ist, wirkte auf mich der Versuch, ebenjenen Schweiß mit nicht minder penetranten Gutfinddüften zu übertünchen. Das entstehende Konglomerat war als unerträglich einzustufen und erinnerte mich an Zivildienstzeiten, in denen auf den Toiletten immer Blumenduftsprays herumstanden, so daß der Abort nach deren ausführlicher Benutzung stets den Geruch von mit Fäkalien bedeckter Blumenwiesen beherbergte.
Es verwundert, daß Bücher zuweilen so starkes Interesse auslösen, daß dadurch selbst derartige Unanehmlichkeiten ertragen oder gar ignoriert werden können.

2. Innerhalb der ausgestellten Preisnachlaßbücherkisten tummelten sich unzählige literarische Werke, jedes einzelne für 2,50 Euro, für einen Preis, den ich durchaus für annehmbar halte, wenn auch das Buch annehmbar ist. Ein solches zu finden, erwies sich allerdings als erstaunlich aufwendig.
Tatsächlich durchwühlte ich sämtliche Kisten, hatte letztendlich jedes einzelne Buch mit meinem Blick bedacht und wurde mir bewußt, wie viele ungute, vielleicht sogar minderwertige, Bücher es bereits gibt, wieviel Ramsch allein in diesem Buchladen verkauft wurde. Mir wurde bewußt, daß schon unzählige Autoren versucht hatten, ihr Bestes zu geben und nur von Dingen berichtet hatten, die ich als uninteressant und unspektakulär erachtete. Ich freute mich über die verschiedenen Geschmäcker der Lesenden, doch konnte nich umhin zu bemerken, daß innerhalb der Wühlkisten, ja innerhalb von Buchläden allgemein, erstaunlich viel Müll zu finden ist.
Wie kann ich als Schreibender, als potentieller Buchautor, als Schriftsteller, also davon ausgehen, daß meine Werke besser sein werden, daß sie nicht zum unverkaufbare Wühlkistenausschuß mutieren, wie kann ich sicher sein, daß meine Werke überhaupt wert sind, in Buchläden verkauft zu werden? Wie kann ich sicher sein, daß die anderen Schriftsteller nicht auch der Meinung waren, ihr Buch sei optimal, gelungen, genial, daß sie nicht auch - ebenso wie ich - von ihrem Schreiben, ihrem Schaffen, vollends überzeugt waren, daß ich letztendlich nicht nur ein weiteres überflüssiges Buch kreieren werde?
Der Gedanke erschreckte mich.

3. Letzendlich wurde ich insgesamt drei Mal fündig. Drei Bücher behielt ich in der Hand, während ich eifrig mit dem Wühlen fortfuhr. Nach und nach legte ich ein Buch nach dem anderen weg, hatte es mir überlegt, war zur Besinnung gekommen, hatte festgestellt, daß 2,50 Euro zwar nicht sonderlich viel für ein gutes Buch darstellten, aber möglicherweise noch immer zu viel waren für die Werke, die ich ausgewählt hatte. Je länger ich also stöberte, zögerte, desto weniger Bücher wollte ich erwerben.
Und ich stellte folgendes fest: Wenn ich zu lange zögere, zu lange nachdenke, dann bereue ich womöglich den ein oder anderen spontan gefaßten Entschluß, besinne mich und halte mich zurück, warte ab und verschiebe alles auf eine unbestimmbaren Punkt in ferner Zukunft.
Entscheide ich mich spontan, denke nicht lange nach, greife zu, fasse die Gelegnehit beim Schopfe, dann kann es sein, daß ich ebenso spontan Freude, Glück erfahre, daß ich Bekanntschaft mit völlig Neuem mache, daß ich all meine Vorurteile und Bedenken für einen Moment über Bord werfe und feststelle, daß das gut so ist.
Doch ebenfalls kann es geschehen, daß eine Spontan-Aktion nur Unglück und Schmerz, nur Enttäuschung und Zweifel, mit sich bringt, daß sie mich verzweifeln läßt ob meiner Tat, so daß ich mir wünsche, ich hätte niemals derart agiert.
Aber wenn dem so ist, ist festzustellen, daß das Spontane, kurzfristig Bereitwillige, entweder Pech oder Glück in sich bergen kann, daß aber das Normale, Überlegte, Besonnene, nichts Neues bereithält und - ich übertreibe mal wieder maßlos - die alte gähnende Langeweile begrüßt, die eiegntlich nicht Teil meines Dasein sein sollte.

Mit drei interessanten Gedanken aber keinerlei neuen Büchern bestückt verließ ich den Buchladen.

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