Sonntag, 13. März 2005

"Komm doch mit."

Menschen mit leeren Gesichter wirbeln in meinem Kopf herum.
"Komm doch mit.", eine Stimme, fordernd, doch freundlich, zerrt mich aus meinem Schneckenhaus. Wie einfach wäre es, ja zu sagen, andere Menschen kennezulernen, einfach mitzugehen und zu versuchen, mich zu amüsieren. Wie einfach wäre es, alle Gedanken für einen Augenblick schweigen zu lassen, zu vergessen und mich einfach anzuschließen.
"Komm doch mit."

Ich schüttle mit dem Kopf, weigere mich. Warum, vermag ich nicht zu sagen. Ich greife nach fadenscheinigen Ausreden, die mich selbst nicht überzeugen: "Muß noch was machen ... Ich seh heute scheiße aus ... Kenne ja keinen ... Gehöre nicht dazu ..." Wahre Worte - und doch falsch.

Ich versuche zu erklären. Jedes Wort birgt einen Vorwurf, wird abgeschmettert. Ich weiß nicht, was ich sagen kann. Und will mich doch begreiflich machen. Keine Zeit für Verständnis; die Stimme muß los, muß zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmtem Ort mit bestimmten Menschen zusammentreffen.

Eine letzte Frage. Ich zögere. Würde gerne. Doch bräuchte noch Zeit, ein paar Minuten, wenige überzeugende Worte, vielleicht ein bißchen Mut. Ich schüttle wieder mit dem Kopf, langsam nur, nicht wissend, was ich will, lenke ab, werde wieder mißverstanden.

Empört zieht die Stimme davon. Ohne mich. Ich möchte hinterhereilen, mich erklären, verstanden werden, überzeugt werden. Meine Gedanken finden nicht den Weg zum Mund.

Die Stimme ist längst verschwunden. Ich bleibe allein, allein mit ungesprochenen Worten, mit dem Wissen, allein zu sein. Die Angst hat gesiegt. Eine weitere Gelegenheit ward vertan.

Traurig lächle ich dem Spiegelbild zu. Enttäuscht wendet es sich ab.
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Paranoia

Gruselgesichter. Spannungsgeladene Klänge. Erschreckendes Kreischen. Düstere Bilder dunkler Gestalten.
Ich kralle mich fest. Deutlich spüre ich das Blut durch meine Venen rasen, mein Herz pulsieren. Wieder zucke ich zusammen. Doch ich lächle.
Als der letzte Ton des Abspanns verklingt, lächle ich noch immer. Der Saal ist leer. Latinopopmusik rauscht plötzlich durch die Lautsprecher, irritiert mich, weckt mich auf aus einer anderen Welt. Ich werfe meinen Mantel über und schreite gemächlich aus dem Kino.
Es regnet. Es schneit. Kalte Winde stechen in mein Antlitz. Das Lächeln bleibt.
Der Film war gut, schockierend. Warum empfinde ich Begeisterung für meine Angst?, frage ich mich.
Die Straßenbahn wird erst in einer Viertelstunde eintrudeln. Ich will nicht warten, gehe weiter.
Die Straßen sind leer. Meine Schritte klingen hohl auf dem Asphalt. Zu laut. Die Nachfilm-Paranoia verfolgt mich.
Ich sehe mich um. Niemand da. Mir wird bewußt, daß ich in der Wirklichkeit verweile. Trotzdem meide ich die dunklen Ecken.
Als ich in spiegelnde Glasscheiben blicke, erwarte ich, ein Gesicht zu sehen. Mein eigenes blickt mir verstört entgegen. Ich sehe weg, amüsiere mich über meine keimende Furcht.
Ich bin in der Wirklichkeit. Hier passiert so etwas nicht.
Diese Sätze liegen auf meiner Zunge. Ich denke sie immer wieder. Doch das Begreifen fällt schwer.
Nur noch wenige hundert Meter. Ich ignoriere verdächtige Silhouetten, weiche Schatten aus. Wer weiß, was sich in ihnen verbirgt.
Als ich die Haustür erreiche, habe ich den Schlüssel längst in der Hand. Ich schließe auf, mache kein Licht. Das mache ich nie.
103 Stufen ohne Licht. Das perfekte Szenario für einen Horrorfilm. Ich bin in der Wirklichkeit. Ich bin in der Wirklichkeit.
In einem Film würde ich mich für meine Dummheit verlachen. Kein Licht. Ich lächle, steige die Stufen hinauf.
Aus der Dunkelheit löst sich eine Figur. Ich spüre den Schrei in meiner Kehle. Ein Müllsack.
Ich stelle fest, im Film Schreie vermißt zu haben. Ich hätte geschrien. Laut und gellend. Meine Angst in die Welt geschmettert.
Ich schließe die Haustür auf. Die Wohnung ist viel zu ruhig. Meine Hand greift nach dem Lichtschalter. Zwei 60 Watt-Birnen vertreiben die Schatten. Lautlos atme ich auf.
Ohne Umwege begebe ich mich in mein Zimmer. Licht. Ein letzter Blick auf den leeren Flur. Keine Gruselgesichter zu sehen. Gut. Ich schließe die Tür, sperre die Dunkelheit aus, will nur schlafen.
Vielleicht sollte ich die Lampe brennen lassen.
Vorsichtshalber...
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wogen

auf der ferne dringen worte
warm und weich
an taubes ohr
laß mich hören
laß mich fühlen
halt mich fest
wenn ich gefrier

wellen tosen in gedanken
stürme brausen traurigkeit
peitschen eisigkaltes elend
tränen in mein angesicht
brennen salz in alte wunden
reißen träume aus dem herz
fluten lähmend alle sinne
löschen leben
löschen mich

aus der ferne dringen worte
wogenglättend
an mein ohr
fischen treibgut aus den fluten
küssen zitterherz
mit licht.

www.bluthand.de
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Flatterfred...

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