G ruft an. Einfach so. Fragt nach Dingen, das Internet betreffend, von denen ich Ahnung habe. Ich antworte. Er hat keine Zeit, erkundigt sich kurz nach anderem, doch muß bald auflegen. Ihn eilt es.
Nach wenigen Augenblicken schon endet das Telefonat. Erfreut bemerke ich, daß dessen Länge und Inhalt keine Bedeutung für mich hatten, daß ich mich trotzdem wohl fühle, weil an mich gedacht wurde - und sei es nur, um irgendetwas zu erfragen.
Denn ich weiß, daß G später noch einmal anrufen wird. Oder ich ihn. Daß es nicht nötig ist, zwingend tausend Dinge in wenige Sekunden zu stopfen. Daß die Zeit nicht drängt. Nicht wirklich.
Es ist nicht nötig, sich zu erklären oder Erklärungen zu fordern, nicht nötig, irgendetwas beweisen, klarstellen zu müssen.
Für einen Moment ist alles einfach.
[Im Hintergrund: Arch Enemy - "Wages Of Sin"]
morast - 21. Nov, 16:48 - Rubrik:
G
Ich beobachtete diesen Mann nun schon mehrere Minuten lang. Er war mir unsympathisch, und ich fragte mich, warum. Hin und wieder tauchte er auf, dort, in dem Hauseingang auf der anderen Straßenseite, trug stets eine paar, fünf oder sechs, Holzblöcke unter dem Arm, verlud sie auf einen vergitterten Anhänger.
Woher kamen die Holzklötze, fragte ich mich. Ich hielt es für unwahrscheinlich, daß dort irgendwo auf dem Innenhof ein nun gefällter Baum stand, dessen hölzerner Leib in handliche Stücke zerlegt worden war. Bäume waren eine geschützte Seltenheit, hier, mitten in der Stadt. Also hatte irgendwer irgendwer aus irgendeinem Grund diese Holzblöcke, die der unsympathsicher Mann nun anch außen brachte, ins Innere gebracht. Warum nur?
Gab es hier Kamine? Das wäre mir neu gewesen.
Der Mann kam zurück, warf unwillig seine hölzerne Last auf den Anhänger, sah sich nicht um, ging zum Eingang zurück.
Er bemerkte etwas. Auf dem Boden des Hausflures lag ein Fetzen, ein kleines Stück Papier, das sich durch Wind und Wetter hierhin verirrt hatte und nun die glänzende Reinheit des Hausflurs und somit das Sauberkeitsempfinden des Unsympathen störte. Wie konnte ein solch winziges Stück Papier es wagen, sich auffällig in den Weg zu legen, dorthin, wo jeder Hausbewohner, jeder Besucher, ein Blick darauf zu werfen, die fehlende Sauberkeit zu bemängeln vermochte? Es mußte beseitigt werden. Umgehend.
Der unsympathische Mann scharrte mit seinem rechten Schuh über den Boden, bewegte das Papier ein bißchen, trat mehrere Male nach, schleifte es mühevoll in Richtung des Ausgangs, in Richtung Straße. Einfacher wäre es gewesen, sich zu bücken und das Papierstückchen aufzuheben. Doch diese Arbeit schien ihm, der schwere Holzklötze aus dem Hausinneren auf seinen Anhänger verfrachtet hatte, zu aufwendig.
Ein paar Sekunden und mehrere kreiselnde Fußbewegungen später erhob sich der Fetzen endlich, trudelte ein paar Zentimeter in die Höhe, bekam einen Schubs vom unsympathischen Mann und flatterte lautlos aus dem Hauseingang hinaus. Er landete auf dem Fußweg, wo er sich zu Kaugummipapier und Hundekot gesellte. Noch immer lag er jedem eintretenden Hausbewohner im Weg, in Sichtweite, verunzierte mit seiner Müllhaftigkeit den Zugang zum Hausinneren.
Doch dem Mann schien das egal zu sein. Schließlich lag der Fetzen nicht länger im privaten Bereich des Hausflurs, sondern auf dem öffentlichen Fußweg. Das, was allen gehörte, interessierte ihn nicht. Das Eigene mußte rein bleiben, das war wichtig.
Zufrieden mit seinem Werk, zufrieden mit der noch nicht einmal einen Meter Weite erreichenden Deposition eines unbedeutenden Papierfetzens verschwand der unsympathische Mann erneut im nun bereinigten Hauseingang.
morast - 21. Nov, 16:34 - Rubrik:
Menschen
und dann
der tag
an dem das lächeln stehenbleibt
innehält
als wär es mein
der augenblick
in meinem kopf
als bild für
ewigkeiten
der tag
an dem das leben mich entfesselt
erfindet
als wäre es mein
für immer.
morast - 21. Nov, 02:21 - Rubrik:
Seelensplitter
Glück gibt es nicht. Dessen bin ich mir sicher.
Zumindest ist das Glück, das totale, unendliche, nicht greifbar, nicht findbar, inexistent. Ich glaube, daß Glück eine Sache ist, über die man sich nachträglich bewußt werden muß. Es fällt schwer, den Augenblick zu loben, weil er sofort wieder enteilt ist und dem Gedanken wich, daß der vergangene Augenblick womöglich voller Glück gewesen war. Leichter hat man es, will man die Vergangenheit betrachten und in ihr Dinge finden, die entzücken, berühren, die das innere Lächeln nach außen kehren.
Wenn ich mich selbst befrage, vermag ich nicht festzustellen, an diesem oder jenem Tag, in derundder Woche glücklich gewesen zu sein. Nein, ich fühlte mich glücklich, als der heiße, süße Pfefferminztee meine Kehle hinunterrann. Oder als ich neulich auf dem Bett lag und begriff, daß ich froh darüber bin, ich zu sein, hier, jetzt und für immer.
Die Suche nach dem totalen Glück, nach der Perfektion des Seins muß im Chaos enden. Schließlich ist die menschliche Natur so beschaffen, daß nur der Kontrast zweier Gegensätze die eine oder andere Seite begreiflich zu machen vermag. Gibt man sich ständigem Glück hin, verliert man das Gefühl dafür und vergißt gar den eigenen Zustand. Nebensächlichkeiten werden zu ungewollten Unglücken, die wiederum natürlich in der Lage sein können, die winzigen Höhepunkte auf der eigenen Glücksgebirgskette hervorzuheben.
Zum Glück bedarf es jedoch nicht zwangsläufig des Unglücks. Nein, selbiges ist nun einmal, was es ist, und wird schwerlich zu Glück führen. Für Glück bedarf es eines Selbstverständnisses, eines Blickes auf das eigene Sein und Wollen. Die Perfektion liegt nicht im groben Großen, sondern im Detail, in den Winzigkeiten, die Freude bereiten, in den unbemerkten Nebensächlichkeiten, die letztendlich aber mehr bedeuten als alles andere.
Zum Glück bedarf es der Gabe des Sehens, der Selbstreflexion. Schon sich selbst sagen zu können - und oft geschieht das mit einem fragenden Unterton des Erstaunens - "Mir geht es gut.", vermag auszureichen, um für einen Moment Glück zu finden.
Blicke ich auf mein Leben, entdecke ich Unzulänglichkeiten und Unfreuden in großen Mengen. Doch horche ich in mich hinein, spüre ich, daß irgendwie der Moment richtig und gut ist, daß ich mich wohl fühle mit dem, was ist. Ich sehe, daß die Zukunft sich nicht in ursprünglich gewünschte Richtungen bewegt, daß mein Weg durch Welten führt, die ich nicht immer zu begehen wünschte. Doch ich finde mich damit ab und harre vorfreudig der Dinge, die mich erwarten.
Mir geht es gut.
Und, ja, ich bin glücklich.
Hier und jetzt.
[Im Hintergrund: Dornenreich - "Hexenwind"]
morast - 21. Nov, 01:20 - Rubrik:
Geistgedanken
Die Idee zum
63. "Fledermaus Fürst Frederick fon Flatter"-Comicstrip spukte mir bereits etwa zwei Wochen durch den Schädel, funktionierte aber nie richtig. Erst neulich unter der Dusche gelang es mir, sie einigermaßen amüsant und umzusetzbar zu gestalten.
Fazit: Ich sollte öfter mal duschen.
Oder so.
[Bild klicken für eine geringfügige Vergrößerung.]
morast - 21. Nov, 00:30 - Rubrik:
Frederick