Mittwoch, 3. Februar 2010

das wissen

und dann all das wissen.

ich sehe meine füße schritte formen - und weiß.
ich sehe meinen atem worte bilden - und weiß.
ich sehe meine hände namen schreiben - und weiß.
dieselben schritte. dieselben worte. dieselben namen.
wieder und wieder.

und wieder und wieder dieselbe erkenntnis.
die erkenntnis, dieselbe erkenntnis längst erfahren zu haben.
ein kreis, denke ich, und weiß, dass ich auch diesen gedanken bereits hundertfach formulierte.
kein kreis, denke ich, und weiß, dass ich auch diesen gedanken bereits hundertfach formulierte.
ein taumeln vielleicht, ein schlingern, ein sturz vom hier ins überall.

manchmal, wenn ich zurückkehre, finde ich ein lächeln.
klaube es auf und klebe es in mein gesicht.
als gehörte es mir.
es gehört mir, denke ich dann, lächle, und weiß, dass ich endlich ankam.
mich endlich fand.
gleichgewicht.
und ein lächeln.

und ich weiß, dass nichts ewig währt.
und ich weiß, dass ich nicht wissen will.
nie wissen wollte.
dass ich taumeln werde.
dass ein satz genügt.
ein wort.
ein funke.

manchmal, wenn ich zurückkehre, finde ich ein loch.
schwarz und dunkel stülpt es meinen kopf nach innen.
ich bin noch immer ich, weiß ich.
irgendwo dort.
ich war schon immer hier, weiß ich.

und dann seh ich mich krauchen, alte pfade nutzend, alte namen rufend, alte lichter singend.
und dann seh ich mich träumen, alten zeilen zeichnend, alte hoffnung atmend, alte wege suchend.
neue findend.
plötzlich taumelnd.
plötzlich stürzend.
aus dem nichts ins ich.

zwischen allen zeiten finde ich mich wieder.
sehe meine füße schritte formen.
sehe meinen atem worte bilden.
sehe meine hände namen schreiben.
und weiß.
und lächle.

Spring doch!

"Spring doch!", rief ich nach oben. Irgendwo dort, von meinem Standort gerade noch als unscharfe Silhouette erkennbar, befand sich Peter. Und er war drauf und dran zu springen. Von der schmalen Brüstung hinab, an zwanzig oder mehr Stockwerken vorbei auf den Asphalt, dorthin, wo ich nun stand und ihn anfeuerte.

Meine Rufe zogen verwunderte Blicke auf mich. Und nicht nur auf mich. Nicht wenige Passanten folgten der Neigung meines Kopfes und konnten vielleicht Peter erkennen, Peter, der jeden Augenblick in die ihn verschlingende Tiefe springen würde.

"Spring doch!", ermunterte ich ihn abermals und ergänzte: "Du alte Kicherkröte!"

Er mochte es nicht, als alte Kicherkröte bezeichnet zu werden, wusste ich, und hoffte, dass sein Zorn ihn zum Sprung animieren würde. Doch vergeblich. Peter beharrte auf seiner Reglosigkeit, wagte sich keinen Millimeter nach vorne, keinen zurück. Sicherlich, er war noch nie sonderlich agil gewesen, nie sonderlich bewegungsfreudig. Aber zu einem einzigen Sprung würde er doch wohl noch imstande sein.
Er musste ja nicht groß sein. Kein olympiaverdächtiger Weit, kein athletischer Hochsprung. Nein, ein Hopser reichte mir, ein kleiner, winziger Hüpfer.
Doch Peter sprang nicht.

Wir hatten gübt. Hier unten, am Boden. Ich hatte ihm Sprünge aller Art präsentiert, hatte ihn aufgemuntert, doch schon hier hatte er versagt. Vielleicht strengte ihn das Springen zu sehr an, hatte ich überlegt. Vielleicht ist es zuviel verlangt, ihn die Gravitation überwinden zu lassen.

Und nun war er dort oben. Ich hatte ihn zur Absprungsstelle begleitet. Hatte ihm gut zugeredet. Wir könnten gute Freunde werden, hatte ich gesagt. Wenn er nur sprang.

"Er bewegt sich!", kreischte eine Dame direkt neben mir. "Oh mein Gott! Ich glaube, er springt!"

Doch Peter sprang nicht, hatte sich kein bisschen bewegt, lag noch immer reglos auf der Brüstung, verweigerte sich der Aufgabe, die ihm angedacht war.

"Spring doch!", rief ich noch einmal, doch hatte die Hoffnung bereits aufgegeben. Er würde nicht springen. Er war noch nie gesprungen, und würde es auch diesmal nicht tun.
"Und so etwas will ein Springseil sein.", murmelte ich enttäuscht und ging.

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