Freitag, 15. Juli 2005

Zwischen Hunden und Schlingpflanzen

Die im Süden Magdeburgs befindlichen Salbker Seen haben auch schon bessere Zeiten gesehen. Der Meinung war nicht nur die etwa 40jährige, durchaus angenehm proportionierte Dame in ihrem knappen Bikini, die offensichtlich nach diversen vergangenen Jahren erstmals wieder hier verweilte, sondern auch ich, obgleich ich erst vor geschätzten vier Jahren erstmals von der Existenz der beiden Seen erfuhr.

Nachdem ich im vorigen Jahr aufgrund Zeit- und Begleitpersonenmangel einzig und allein im griechischen Ausland meinen Adoniskörper in feuchtes, öffentliches Naß tauchte, vermochte ich mich in diesem Sommer nicht zurückzuhalten, wurde nahezu magisch angezogen von der angenehmen Vorstellung, mir in den Abendstunden, nach erfolgreich beendetem Tagwerk [falls existent], ein wenig Erfrischung zu gönnen.

Gestern Abend war ich zum fünften Mal Besucher der beiden Seen, die tatsächlich im offiziellen Stadtplan mit römischen Zahlen durchnumeriert sind [wobei für mich unlogisch erscheint, daß der der Innenstadt zugewandte See die II trägt].

Besuch Nummer 1 erfolgte an See Nummer II, dort, wo ich schon in früheren Jahren zuweilen zu baden gepflegt hatte, relativ abgeschieden und Bäumen, deren Schattenwurf sonnenwanderungsbedingt durchaus unkonstant war. T, ein Freund und Kommilitone begleitete mich, nachdem ich ihn zum Baden überredet hatte. Das Wasser war nicht sauber - dergleichen zu erwarten wäre unpassend gewesen -, aber durchaus angenehm. Und nachdem die Jugendlichen nebenan ihren Platz aufgegeben und zu Sandmännchen und Mami heimgekehrt waren, konnten wir sogar das an einem Baum befestigte Tarzan-Seil ausprobieren.
Die wohl bedeutsamste Erfahrung des Tages war, daß gelbe, griechische Luftmatratzen eher Luft ein- als auslassen.

Besuch Nummer 2 verschlug uns, meine Mitbewohnerin A und mich, an See Nummer I, dort, wo ehemals ein Bezahl-Freibad existierte, das nun von einer relativ offiziellen Badestelle abgelöst wurde.
Auffällig hier waren fünf Dinge:
1. Wenn man ein großes Auto hat und plant, in den nächsten Tagen wieder baden zu gehen, braucht man die eigene Luftmatratze nicht ihres gasförmigen Inhalts zu berauben. Wenn man kein Auto sein eigen nennt, schon.
2. Luftmatratzen heißen in Jugendsprache selbstverständlich "Lumatras" [was mich gerade an eine der vier großen Sunda-Inseln erinnert und die Frage aufwirft, warum ich mir merke, daß Sumatra neben Java, Borneo und ... zu erwähnter Inselgruppe gehört.].
3. Das Wasser im Salbker See I ist derart trüb, daß man, wenn man den eigenen Arm unter Wasser ausstreckt, die Hand keinesfalls mehr zu erkennen vermag.
4. Scheinbar öffentliche Badeplätze sind Anlaufstellen für Prollvolk. Beispielhaft dafür waren die beiden Pärchen, von denen sich die "Männer" jeweils mit einem Bier auf mitgebrachten Campingstühlen plazierten, die "Frauen" dagegen mit einer Decke auf dem Boden vorlieb nehmen mußten.
4. Asiaten, die langsam am See entlanglaufen und sich in Gedanken versunken immer wieder kreisförmig den Bauch streicheln, wirken mysteriös und fördern die Eigenkreativität beim Erfinden von Gründen für dieses absonderliche Verhalten

Besuch Nummer 3 war ein besonders angenehmer, hatten doch Freundin J und ich uns spontan dazu entschieden, nachts um eins zum nächsten See, Salbker See II, zu radeln und dort immer eine Nachtbade-Aktion zu initiieren. Tatsächlich war es aber eher ein Nachtschwimmen und Nachterzählen, war es doch J aufgrund des nicht sonderlich warmen Wassers nicht genug, einfach nur herumzuplanschen, sondern schwammen wir doch mehrmals mehrere Meter in Richtung Seemitte und zurück.
Fröstelnd, in trockene Sachen schlüpfend, uns mit Decken und Handtüchern bedeckend, vor der Kälte schützend, erzählten wir stundenlang, tauschten angenehme und unangenehme Erinnerungen, als hätte die Dunkelheit den Schleier der Fremdheit für Augenblicke gelüftet.
Ich erkannte an diesem Abend/Morgen unter anderem Folgendes:
1. Mir fällt es schwer, ohne Brille Sterne oder gar Sternbilder auszumachen, die in diesem Zustand auf mich wie verschwommene Lichtflecken wirken.
2. Lange, bevor die Sonne aufgeht, ist es hell am Horizont.
3. Zecken mögen mich noch immer.

Besuch Nummer 4 war geprägt von geplanter Spontaneität, hatten doch meine Mitbewohnerin A und ich "geschäftlich" in Seenähe zu tun und uns bereits mental und kleidungstechnisch darauf vorbereitet, kurz in den Salbker See II zu springen, um der bulligen Hitze entgegenzuwirken. Natürlich führten wir das Vorhaben aus, diesmal ohne Lumatras.
Jedoch hatten wir mehrere unschöne Dinge einzusehen:
1. Der Salbker See II ist tatsächlich inoffizieller Nacktbadestrand, weswegen es uns nicht leicht fiel, ein Plätzchen zu finden, an dem wir vor primären und sekundären Geschlechtsorganen blickdicht abgegrenzt waren.
2. Jeder andere See in Magdeburg wird sauberer sein als diese stinkende Plörre, die an jenem Tag unsere Leiber aufnahm. Tatsächlich war es äußerst unangenehm zu baden, fanden wir doch nicht nur immer wieder müllartige Schwimmkörper auf Gesichtshöhe, sondern waren auch dem ekelhaften Geruch des Sees ausgeliefert, der mir vorher nie in dieser Intensität aufgefallen war. Fluchtartig verließen wir das Wasser, doch der Geruch folgte uns bis nach draußen.
3. Wenn man als überzeugter Nichtraucher davon amüsiert ist, daß kindliche Jugendliche Zigaretten zu erbetteln versuchen, erfährt man Beleidigungen, die aber erst im Weggehen ausgesprochen werden, um die direkte Konfrontation zu umgehen.
4. Autos, die in der Sonne parken, heizen sich auf.

Nach den unappetitlichen Erfahrungen an Salbker See II [Ich vermeide bewußt, die Abkürzung "SS" zu nutzen.], entschied ich, als ich gestern C gegenüber nachgab, mit ihr baden zu gehen, lieber Salbker See I in Benutzung zu ziehen.
Und tatsächlich kannte sie ein lauschiges Plätzchen, das zwar keine Ungestörtheit lieferte, aber zumindest noch mit den Resten der Abendsonne beglückt wurde. Wir ließen uns nieder und gingen langsam ins Wasser. Dieses war erstaunlich warm, aber nicht sauberer als zuvor. Zumindest stank es nicht, wenngleich die Wasserpflanzen am Einstieg etwas unangenehm waren.
Wir schwammen, bis C nicht mehr konnte [Dabei wäre es ein leichtes gewesne, den See zu durchqueren und wieder zurückzuschwimmen.] und gingen dann aus dem Wasser.
Mit uns badeten ein Ruderboot, drei ältere Herrschaften [Mann, Frau, Vater von Mann] und hin und wieder in paar Hunde.
Ein besonders schönes, kampfhundartiges Exemplar erwartete uns, als wir das Wasser verließen. Ein Angler war in Begriff, sich hier niederzulassen und hatte sein Haustier mitgebracht. Allerdings war dieser [der Hund] wenig gefährlich, schien er doch alt und träge, vor allem aber schlafbedürftig und an Menschen uninteressiert.
Mit Interesse beobachtete ich den Angler, wie er sein Utensiliar auspackte und zusammenbaute. Ein bequemer Campingstuhl entstand, ein Halter für zwei High-Tech-Angeln, die mit einem piependen Gerät ausgestattet waren, das über jegliche Regung am Köder informierte. Ich war erstaunt, mit welchem Aufwand Angeln verbunden war.

C und ich unterhielten uns. Über heute. Über die Zukunft, die eigenen Pläne. Hin und wieder quakte ein Frosch. Ich liebe dieses Geräusch.
"Hier ist letztes Jahr ein Chinese ertrunken.", meinte C.
"Warum denn das?"
"Na, die lernen wohl dort nicht, wie man schwimmt."
Die Vorstellung von 1,3 Milliarden um Hilfe schreienden Nichtschwimmern fand ich befremdlich.

Dann kam die 40jährige. Ein Radfahrer starrte ihr hinterher. Sie beschaute sich diverse Badestellen, wog offensichtlich ab, gesellte sich dann zu uns.
"Sind hier viele Schlingpflanzen?", fragte sie unsicher.
SCHLINGpflanzen? Wohl kaum.
Ich antwortete beruhigend, teilte ihr mit, daß es eine Art Schneise gebe, in denen es kaum Pflanzen gäbe und daß es im tieferen Wasser weitgehend pflanzen- und müllfrei sei.
"Daß das hier alles so verkommen ist.", sagt sie kopfschüttelnd, entkleidet sich, ignoriert den schlafenden Hund und geht vorsichtig ins Wasser.

C und ich gehen auch. Allerdings zum Auto. Vorbei an einem Schild, das uns vorher gar nicht aufgefallen war:
"Baden verboten."

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Gerd (Gast) - 10. Nov, 12:33

Ja ja, wir Angler mit unseren Hightechgeräten. Es ist wirklich unbeschreiblich, was sich in den letzten zehn, zwanzig Jahren im Angelsport getan hat. Die Technik ist wahnsinnig vorangeschritten. Manchmal vermisse ich tatsächlich einfach nur meine gute alte Angel und meinen guten alten Käscher...

Jan Rojenfeld - 17. Jan, 14:24

Mal schauen, wie lange es noch dauert bis dann irgendwann Tablet-Rechner Einzug halten. Oder direkt am See Onlineterminals aufgebaut werden. Warum angeln? Gibt doch auch ne App dafür. Schöne neue Welt.
Martin Angel (Gast) - 12. Sep, 11:27

Higtech

Naja, man glaubt es kaum, aber was der Angler an Energie in seinen Ausflug steckt ist nicht mal ansatzweise für den Beobachter zu sehen. Da steckt eine Menge Vorbereitung drin.

Radtour Salbker See II

Danke für die tollen Tipps, wir waren im August auch mal am Salbker See II mit unseren Fahrrädern.

Ein sehr erholsames Wochenende.

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Ich möchte dir mein fantasy Welt vorstellen. Vielleicht...
Cerny Vlk - 6. Jan, 21:45
Radtour Salbker See II
Danke für die tollen Tipps, wir waren im August auch...
Physiotherapie Leipzig (Gast) - 21. Nov, 17:06
Higtech
Naja, man glaubt es kaum, aber was der Angler an Energie...
Martin Angel (Gast) - 12. Sep, 11:27
gar nisch süß
dat is gar nisch süß soll isch de ma was rischtisch...
free erdem (Gast) - 6. Jun, 16:40
Hier wird es fortan weitergehen: http://morast .eu Und...
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morast - 1. Feb, 21:10

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