Begegnungen 27: Kaninchen
Auf der Wiese saß ein Kaninchen und knabberte vorsichtig an einer Distel.
"Tut das nicht weh?", fragte ich.
"Doch.", antwortete das Kaninchen. "Aber ich muss es probieren."
"Hä?", antwortete ich wenig eloquent.
"Wegen meinem Mundgeruch.", meinte das Kaninchen und seufzte.
"Verlangt 'wegen' nicht einen Genitiv?"
Das Kaninchen schaute mich an, runzelte die Stirn und seufzte erneut.
"Wegen meines Mundgeruchs.", sagte es dann, ein wenig genervt.
Ich hatte noch nie davon gehört, dass Kaninchen Probleme mit Mundgeruch hatten und fragte nach: "Hä?"
Das Kaninchen seufzte ein drittes Mal und hauchte mich an.
"Ieeh!", schrie ich und wich anderthalb Meter zurück.
"Sag ich ja.", sagte das Kaninchen und seufzte schon wieder.
"Das riecht nach Raubtierkäfig!", sagte ich angewidert.
"Fast.", bestätigte das Kaninchen. "Es riecht nach Raubtiermaul, genauer: nach Löwe. Noch genauer: Nach Löwenzahn."
Ich verstand, doch das Kaninchen fuhr fort zu erklären.
"Ich hatte solchen Hunger, und anstatt normales Gras zu futtern, probierte ich den Löwenzahn, der hier überall so wunderschön blüht. Und jetzt stinke ich nach Löwe, und keiner meiner Freunde will mehr etwas mit mir zu tun haben." Das Kaninchen sah aus, als hätte es am liebsten noch einmal geseufzt, doch anscheinend hatte es bereits alle Seufzer des heutigen Tages aufgebraucht.
"Und wenn du einfach eine andere Blume mampfst?", schlug ich vor und zeigte auf ein Gänseblümchen.
Das Kaninchen schüttelte mit dem Kopf. "Gänseblümchen riechten nach Geflügel. Veilchen nach blauem Auge. Und Disteln stacheln." Es blickte auf die angeknabberte Distel vor seinen Pfötchen. "Sehr sogar."
"Mhhh.", sagte ich und überlegte. "Ich kann sehr gut Zimt imitieren. Vielleicht hilft das ja."
Das Kaninchen schaute mich skeptisch an und zuckte dann mit den felligen Schultern. "Probieren wir's."
Also stellte ich mich hin und imitierte Zimt. Ich war einer der besten Zimtimitatoren dieser Stadt und gab mir Mühe, meine Darbietung heute noch überzeugender, noch wirklichkeitsnäher zu gestalten als sonst.
Das Kaninchen knabberte zögernd an meinen Zehennäheln, hielt inne, kaute - und nickte dann.
"Könnte klappen.", sagte es und begann, seinen Atem zu zimtisieren.
Ich hätte zufrieden gelächelt, doch echter Zimt lächelt nicht.
"Tut das nicht weh?", fragte ich.
"Doch.", antwortete das Kaninchen. "Aber ich muss es probieren."
"Hä?", antwortete ich wenig eloquent.
"Wegen meinem Mundgeruch.", meinte das Kaninchen und seufzte.
"Verlangt 'wegen' nicht einen Genitiv?"
Das Kaninchen schaute mich an, runzelte die Stirn und seufzte erneut.
"Wegen meines Mundgeruchs.", sagte es dann, ein wenig genervt.
Ich hatte noch nie davon gehört, dass Kaninchen Probleme mit Mundgeruch hatten und fragte nach: "Hä?"
Das Kaninchen seufzte ein drittes Mal und hauchte mich an.
"Ieeh!", schrie ich und wich anderthalb Meter zurück.
"Sag ich ja.", sagte das Kaninchen und seufzte schon wieder.
"Das riecht nach Raubtierkäfig!", sagte ich angewidert.
"Fast.", bestätigte das Kaninchen. "Es riecht nach Raubtiermaul, genauer: nach Löwe. Noch genauer: Nach Löwenzahn."
Ich verstand, doch das Kaninchen fuhr fort zu erklären.
"Ich hatte solchen Hunger, und anstatt normales Gras zu futtern, probierte ich den Löwenzahn, der hier überall so wunderschön blüht. Und jetzt stinke ich nach Löwe, und keiner meiner Freunde will mehr etwas mit mir zu tun haben." Das Kaninchen sah aus, als hätte es am liebsten noch einmal geseufzt, doch anscheinend hatte es bereits alle Seufzer des heutigen Tages aufgebraucht.
"Und wenn du einfach eine andere Blume mampfst?", schlug ich vor und zeigte auf ein Gänseblümchen.
Das Kaninchen schüttelte mit dem Kopf. "Gänseblümchen riechten nach Geflügel. Veilchen nach blauem Auge. Und Disteln stacheln." Es blickte auf die angeknabberte Distel vor seinen Pfötchen. "Sehr sogar."
"Mhhh.", sagte ich und überlegte. "Ich kann sehr gut Zimt imitieren. Vielleicht hilft das ja."
Das Kaninchen schaute mich skeptisch an und zuckte dann mit den felligen Schultern. "Probieren wir's."
Also stellte ich mich hin und imitierte Zimt. Ich war einer der besten Zimtimitatoren dieser Stadt und gab mir Mühe, meine Darbietung heute noch überzeugender, noch wirklichkeitsnäher zu gestalten als sonst.
Das Kaninchen knabberte zögernd an meinen Zehennäheln, hielt inne, kaute - und nickte dann.
"Könnte klappen.", sagte es und begann, seinen Atem zu zimtisieren.
Ich hätte zufrieden gelächelt, doch echter Zimt lächelt nicht.
morast - 6. Jun, 10:09 - Rubrik: Begegnungen
0 Kommentare - Kommentar verfassen - 0 Trackbacks