Mittwoch, 26. März 2008

Wurm

Hund

Huhn

Dienstag, 25. März 2008

Das Kriterium

Zuweilen zeichne ich.

Dieser Satz stellt eine Untertreibung dar, doch zeigt gleichzeitig, was ich neben dem Zeichnen noch ganu gut leiden kann: Wörter. Wie schön ist es doch, zwei Wörter mit dem letzten Buchstaben des Alphabets beginnen zu lassen und nebeneinander zu stellen. Wie schön ist es doch, wenn eines der beiden Wörter, nämlich "zuweilen" nur noch selten Anwendung findet, ja, wenn ich zuweilen [Hihi.] mit einem verwunderten Lächeln bestückt werde, wenn ich mich solch anscheinend archaischer Ausdrucksweise bediene.

Der nächster logische Schritt ist ein leichter: Weil ich Wörter mag, mag ich auch Bücher. Dieser einfache kausale Zusammenhang lässt sich natürlich auch für die Gegenrichtung verifizieren: Weil ich Bücher mag, mag ich Wörter, und vermutlich fand ich erst durch die Lektüre unzähliger geschriebener Werke zu dem Interesse, mit dem ich heute Büchern gegenübertrete. Ich lese viel, sehr viel, und obgleich ich nicht selten in Richtung fantastischer Romane ausschweife und auch vor Science Fiction nicht halt mache, bin ich auch an "normaler" Belletristik interessiert. Ich liebe es, Bücher geschenkt zu bekommen oder käuflich zu erwerben - selbst wenn meine Geldbörse davon abrät. Ich liebe Bibliotheken, und es geschah schon häufiger, dass man mich in einem gemülichen Lesesessel einer städtischen Bücherei fand, wo ich, gefesselt von dessen Inhalt, einen ganzen Roman durchlas, obgleich ich ihn auch hätte leihen können.

Die Bibliothek stellt jedoch nur selten eine finanzschonende Alternative dar. Denn wenn Bücher mich zu überzeugen wissen, wenn sie mich in Sprache aufgehen lassen, dann wird es schwer, mich davon abzuhalten, dieses ergreifende Werk für mich selbst zu erwerben und so nicht nur die heimische Regalbefüllung zu verstärken, sondern die Option zu bieten, das, was mich so beeindruckte, jederzeit und immer wieder genießen zu können.

Meine Regale sind daher unter anderem auch angefüllt mit Werken, die ich im Überschwang erwarb und heute mit kritischem Auge betrachte, obwohl ich weiß, dass sie mich einst bewegten. Und nicht selten geschieht es, dass es nur der richtigen Stimmung bedarf, des richtigen Augenblicks, und ich finde den Weg zu dem, was ich über Monate hinweg gemieden hatte, erinnere mich und schaffe zugleich neue Erinnerungen, lese und begreife ein zweites, drittes, viertes Mal, warum es gut ist, dieses Buch zu besitzen und immer wieder zu genießen.

Ich verschwendete niemals viele Gedanken daran, warum ich dieses oder jenes Buch mag. Sicherlich, wenn mich jemand gefragt hätte, wären mir Gründe eingefallen, zunächst wenige, vage, dann mehr und mehr, auch präzisere, und schließlich hätte der Fragende sich eine ganze Flut begeisterter Worte über sich ergehen lassen müssen. Hin und wieder begann ich von selbst damit zu schwärmen, einen notwendigerweise geduldigen Zuhörer mit Details zu belasten, die kaum oder gar nicht zu fesseln und die - unglücklicherweise - kaum mehr zu transportieren vermochten, als dass ich begeistert war, warum auch immer.

Selbst heute, nachdem ich begriffen habe, dass ich, wenn mich etwas fesselt, stets zu viele Worte verliere und häufig genug den eigentlichen Kern aus den Augen verliere, neige ich dazu, mich der Freude, etwas derart Wunderbares gefunden zu haben, hinzugeben und sie mit anderen teilen zu wollen - wortreich und unpräzise zugleich.

Dabei ist es gar nicht so schwer, zumindest einen Grund anzugeben, warum mich ein Buch beeindruckt. Und nicht nur das: Dieser eine Grund dient zugleich als Berechtigung für die Vorlieben, die ich andere Medien, seien es Musik oder Filme, entgegenbringe.

Um mich kurz zu fassen: Ein Buch ist gut, wenn es mich inspiriert.
Dabei bedeutet Inspiration nicht zwangsläufig, dass mir nach der Lektüre des Werkes zahlreiche Ideen im Schädel umherwirbeln. Nein, es reicht, wenn ich nach dem Lesen eines Buches den Wunsch verspüre, selbst zu schreiben, ähnliche oder andere Worte aus meinem Inneren heraufzubefördern und etwas zu schaffen, das nicht weniger großartig ist als das, was ich gerade genoss. Ich möchte angetrieben werden, möchte nach der Lektüre aufstehen und Dinge vollbringen wollen, möchte aus der niedergeschriebenen Welt auftauchen und spüren, dass sie ihre Spuren in mir hinterließ, Spuren, die mich zu Weiterem, Eigenem bewegen.

Natürlich ist das nicht das einzige Kriterium, und es gibt sicherlich unzählige Werke, die nicht auf die erwähnte Weise inspirierten - und dennoch phänomenal sind. Dennoch: Häufig genug fühle ich mich inspiriert und kann gar nicht anders, als das Buch zu lieben. Und nicht nur das Buch. Zuweilen gelingt es sogar Filmen, mich als erneuerten Mensch zurückzulassen, als jemanden, der voranschreiten, der seine eigene Kreativität ausleben und dieses Gefühl niemals verlieren möchte.

Musik ist häufig bewegend, doch nur selten gelingt es Klängen, tatsächlich inspirierend zu sein, meine kreative Ader zu treffen. Umso mehr liebe ich jedes Werk, das mir derart nahe geht.

Und ein weiteres Medium vermag mich zu bewegen und hat es zugleich schwer: Comics. Ich kann es nicht abstreiten, Comics zu mögen und nur zu gerne in den bildreicheren Abteilungen der Buchhandlungen und in Comicläden zu stöbern. Doch selbst wenn ich Gefallen an vielen Geschichten und Figuren finden kann, selbst wenn mir Zeichenstile zusagen und mich grafische Mittel beeindrucken - nur selten findet sich unter der Masse an Comics ein Werk, das mich tatsächlich inspiriert.

Ich zeichne gerne, und ein Comic, der mich bewegt, muss in mir den Wunsch erwecken aufzuspringen und sofort loszuzeichnen, mich stetig zu verbessern, Neues auszuprobieren, fremde Wege zu gehen und mit Begeisterung mehr und mehr zu schaffen. Ich muss das Gefühl vermittelt bekommen, dass ich mit diesem Comicheft, mit diesem Comicbuch, imstande bin, mich weiterzuentwickeln, mich selbst voranzutreiben, das, was ich ohnehin kann und zeichne, zu perfektionieren und auszuweiten.

Comics machenUnd tatsächlich erlebte ich dergleichen vor wenigen Tagen - und das, obwohl ich erst begonnen habe, das Buch zu lesen. Denn ich hatte das Glück, zu Ostern das Werk "Comics machen" von Scott McCloud geschenkt zu bekommen. Und auch wenn ich normalerweise Comic-Zeichenkursen äußerst skeptisch gegenüberstehe, vermochte es dieses Werk, mich nicht nur zu fesseln, sondern auch, mich bei jeder Lesepause mit dem Gefühl zurückzulassen, zeichnen zu können, zeichnen zu müssen, viel, mehr, besser, immer besser. Ich liebe dieses Gefühl, und leicht fällt es mir, Scott McClouds Werk für wahrlich gut zu befinden und weiterzuempfehlen.

Zuweilen zeichne ich. Und zuweilen werde ich inspiriert, mit Begeisterung beseelt, und nur zu gern lasse ich mich auf dieser kreative Woge treiben, und sei es nur, um zu erfahren, wohin sie mich trägt...

Freitag, 21. März 2008

Pfrohe Ostärn!

Montag, 17. März 2008

Nochmal zu Charlotte Roches "Feuchtgebiete"

Nun liegt meine Lektüre des Buches "Feuchtgebiete" von Charlotte Roche bereits mehrere Tage zurück, ich habe es mittlerweile weiterempfohlen und anderen zu lesen gegeben - immer in Kombination mit der Einschränkung, dass mir missfiel, dass es sich bei diesem Werk um zahlreiche Tabu-Themen handelt, die auf positiv-interessante Weise um eine leider recht spärliche Handlung drapiert wurden. Ich habe also Abstand zu dem Buch gewonnen, Abstand zu dem Ärger darüber, dass ich die 15 Euro für mich nicht als sinnvoll investiert gedachte, Abstand zu der Mediendiskussion über "Feuchtgebiete".

Und aus diesem Abstand heraus fand ich neues Interesse. Ich entdeckte, dass "Feuchtgebiete" in der Spiegel-Bestsellerliste auf dem zweiten Platz landete - und stellte fest, Frau Roche diesen Erfolg zu gönnen. Gezielt suchte ich nach Interviews neueren Datums, um Charlotte Roche noch einmal über ihr Buch, über Rasurzwang und Analfissur, über Proktologen und Prostituierte reden zu hören. Ich wurde fündig und fand zugleich auch meine Freude darüber wieder, Frau Roches Worten zu lauschen.

Denn tatsächlich sind die vielen Themen, die das Buch anschneidet, die vielen Worte, die Frau Roche in diversen Sendungen leider immer nur ansatzweise verlieren kann, wichtig und spannend und erwirken oft meine Zustimmung. Hinzu kommt, dass sie selbst mit einiger Vernunft über die Reaktionen auf das Buche reflektiert und darauf verweist, dass es eben nicht nur um Pseudopornographisches geht, sondern auch um ein Scheidungskind, das unter hohem Druck stehend Unmöglichstes auf sich nimmt, um die Scheidung rückgängig zu machen.

Leider ist diese Ebene sehr flach gehalten und - nicht zuletzt durch die vielen Medienauftritte - partiell vorausahnbar.

Dennoch habe ich begriffen, dass das Buch von Charlotte Roche eine Wichtigkeit besitzt, die ich vorher übersah: Es berührt bewusst zahlreiche Themen, über die nicht geredet wird, es überschreitet Grenzen, von denen wir nicht wissen, wer sie uns auferlegte, es kommuniziert an einer Stelle, wo allgemeines Schweigen verordnet zu sein scheint.

Ich habe keine Hämorrhoiden, doch wäre sicherlich der letzte, der über so etwas mit jemandem reden würde. Ich mag es, wenn Frauen sich Achseln und - zumindest ansatzweise - den Genitalbereich rasieren, doch kann nicht abstreiten, dass dieser Rasurzwang allgemein verordnet ist, ja dass mein Geschmack dahingehend beeinflusst wurde, dass ich mich im ersten Augenblick sicherlich angewidert wundern würde, hielte mir eine Frau ein Büschel Achselhaare vor das Antlitz. Und obgleich ich stets der Ansicht war, dass Haare nur Haare sind, also kein Teufelswerk, kann ich diesen Druck, sich eben dieser lästigen Dinger zu entledigen, durchaus verstehen. Genauso gilt, dass in meinen Augen Kot eben Kot ist, etwas, das jeder produziert, der über eine einigermaßen normale Verdauung verfügt. Und dennoch redet man nicht darüber, und ich selbst hasse es, wenn jemand in der Nähe ist, während ich die Toilette aufsuche.

In ähnlicher Weise könnte ich noch eine Weile schreiben: Das Buch gibt Ansätze, die dazu einladen, das, was normal zu sein scheint, zu überdenken und das, was jenseits des Normalen zu liegen scheint, zurück auf den Boden zu holen. Noch deutlicher als im Buch wird das aber in den Interviews, die Frau Roche gibt, in den Sendungen, an denen sie teilnimmt. Und ich begrüße das.

Das Buch selbst kann ich noch immer nicht mögen. Mal abgesehen davon, dass es wohl auch nicht dazu gedacht ist, gemocht zu werden [und von ihr selbst mit einem FSK21 belegt werden würde], war es nicht die Sprache, nicht die Thematik, die mich abschreckte. Ich habe als Zivi einen Flur von abgetropfter Scheiße bereinigt, ohne zu murren. Da werde ich mich mit Sicherheit nicht an Worten aufreiben.
Doch weil das Buch leider kaum mehr ist als eine Ansammlung spannender Denkansätze, kaum mehr, als ein winziges bißchen Romanhandlung mit einer Menge nicht uninteressanter Worte ringsherum, kann ich es nicht mögen. Denn vergebens suchte ich den Roman auf all den bedruckten Blättern.

Aber wenn ich es andersrum betrachte, wenn ich dieses Buch als Mittel zum Zweck sehe, als Weg, Charlotte Roche und ihre Ansichten in die Medien zu bringen, ihr Aufmerksamkeit zu schenken und andere somit zum Überdenken ihrer selbst anzuregen, wenn also das Buch nur ein Vorwand ist, um sich mit Tabus öffentlich auseinanderzusetzen, dann kann ich es gutheißen, ja sogar fast mögen.

Zwar bin ich noch immer der Ansicht, dass ich die 15 Euro anders hätte investieren sollen, doch hätte ich das Buch so oder so gelesen - und kann es noch immer empfehlen.

Mittwoch, 12. März 2008

Be-gegnung

Ich habe keine Ahnung, ob weibliche Biber auch "Biber" heißen, doch gehe einfach mal davon aus.
Wie dem auch sei; gestern hatte ich eine Begegnung mit dem Biber Lynn...

Freitag, 7. März 2008

Zu Charlotte Roches "Feuchtgebiete"

Ich habe es gelesen, das Buch, das derzeit durch aller Munder wirbelt, die Worte "Pornographie" und "eklig" weckt und somit noch mehr Neugierde erwirkt, als ohnehin durch die Person der Autorin geschaffen wurde. Die Rede ist von Charlotte Roches Werk "Feuchtgebiete", das zu lesen ich plante, seitdem Frau Roche in irgendeinem Interview erwähnte, an einem Buch zu arbeiten. Denn obgleich ich weitestgehend ohne Fernsehen und somit auch ohne Viva und dessen zweiten Teil aufwuchs, war es der Fernsehwelt doch bisweilen gelungen, mittels dieser jungen Frau bei mir bleibenden Eindruck zu hinterlassen.

Und auch später, nachdem sie von den gängigen Musiksendern verabschiedet wurde, behielt sie meine Sympathien und vermochte sogar, diese zu steigern, indem sie bei sporadischen Medienauftitten eine Direktheit an den Tag legte, die ich bewunderte.

Nun also ein Buch. Den eigenen, bekannten Namen auszunutzen, um die Verbreitung des eigenen Werkes anzukurbeln - die Idee ist nicht neu. Überall findbare Interviews taten ihr Übriges, mich zu verlocken.

Kurz nach dem Veröffentlichungsdatum besuchte ich diverse Buchhandlungen - und fand nichts. Die Mitarbeiterin des Hannoverschen Bahnhofs-Virgin-Stores kramte sogar für mich in den Neuerscheinungen herum, leise murmelnd: "Das müsste doch zu finden sein. Der Umschlag hat so eine häßliche Farbe." Don't judge a book bei it's cover., dachte ich, doch schwieg.

Eine Nachfrage ergab, dass der Verlag nicht imstande gewesen war, ausreichend viele Exemplare zur Verfügung zu stellen. Lächerlich.

Ein paar Tage später dann erwarb ich "Feuchtgebiete", auch wenn ich mich fragte, ob knapp 15 Euro für knapp 200 Seiten berechtigt sein würden. Ich begann zu lesen, doch war nicht schockiert. Die Interviews mit Frau Roche hatten mich schon darauf vorbereitet: Hier geht es um Rosetten, um Analfissur, um Haare, Pickel, Sex und natürlich alle Arten von Körpersäften.

Das war es aber auch schon fast. Die eigentliche Handlung lässt sich in einem einzigen, nicht sonderlich langen, Satz zusammenfassen. Das Füllwerk besteht aus Smegma und Eiter, aus Blut und Kot.

Ich ekelte mich nicht. 13 Monate verbrachte ich als Zivildienstleistender im Krankenhaus und sah genug, um diesbezügliche Sensibilität reduziert zu haben. Und auch das Verhältnis zu meinem eigenen Körper ist entspannt genug, um das, was die Romanheldin treibt, als nicht sonderlich beeindruckend zu empfinden.

Natürlich; sie ist extrem. Doch während ich anfangs glaubte, sie bildete den Gegenpol zum zunehmenden Hygienewahn in unserer Gesellschaft, stellte ich nach und nach fest, dass sie selber einem körperbezogenen Wahn frönt, ja, dass sie sich intensiver, besessener, mit ihrem Körper beschäftigt als die Menschen, die sie mit kritischen Gedanken überhäuft.

Und noch etwas stört: Die Romanheldin Helen ist permanent geil. Jede einzelne ihrer Körperflüssigkeiten scheint sie in Stimmung zu bringen, zu Spielchen anzuregen, deren Hauptbestandteil ihr eigener Leib ist.

Und nebenbei ein wenig Handlung. Geschiedene Eltern und ein sorgsamer Pfleger - alle bilden blasse, unwirkliche Nebenfiguren in einer Geschichte, in der anscheinend nur Helen existiert. Helen, die im Krankenhausbett liegt, sich auflehnt, ihre Körpersäfte großzügig verteilt und sich eigentlich nur ein bißchen mehr heile Welt wünscht.

Ich habe das Werk gelesen und bereut, dafür 15 Euro ausgegeben zu haben. Es ist kein Buch, das gemocht werden möchte, das steht fest, doch konnte es mich auch nicht faszinieren oder nachhaltig beeindrucken. Sicherlich, es ist erwähnenswert, wieviel hier zur Sprache gebracht wird, worüber sonst geschwiegen wird, wieviele Dinge für Helen normal sind und partiell vielleicht auch für uns normal sein sollten. Es ist erwähnenswert, dass das Buch nur aus Arsch, Muschi und Penis besteht und trotzdem 200 Seiten füllt, dass es interessant genug geschrieben ist, um es nicht gleich weglegen zu wollen, dass der Widerwärtigkeitsfaktor trotz allem gering genug ist, um weiterlesen zu können.
Es ist angenehm zu wissen, dass es möglich ist, über solche Dinge zu schreiben, und ich glaube, dass es Jugendlichen einen Teil ihrer selbstbezogenen Unsicherheiten rauben könnte.
Dennoch zweifle ich daran, ob dieses Werk nötig war, frage mich, ob die darin enthaltene Kritik am Gegenwärtigen nicht längst in den Interviews, die Frau Roche bereits gab, abgearbeitet worden war.

Ich habe es gelesen, das Buch, dessen Autorin ich schätze, dessen Inhalt jedoch mich raum zu berühren vermag, dessen Handlung zu schmal ist, um Bedeutung zu haben. Ich habe es gelesen und kann nicht davon abraten, es ebenfalls zu lesen, weil es gut genug ist, weil es Sprache und Themen nutzt, die man so in anderen Büchern kaum finden wird. Und dennoch war ich enttäuscht, enttäuscht davon, nicht genügend beeindruckt gewesen zu sein.

Donnerstag, 21. Februar 2008

Das ist mal was anderes.

Keineswegs neu ist, dass Menschen Fremdem, Unbekanntem oft kritisch und abwehrend gegenüberstehen, dass sie aus den Zeiten urmenschlicher Entwicklung ein oft gesundes Misstrauen allem noch nicht Erfahrenen gegenüber mitbrachten. In der Gegenwart wirkt dieses Misstrauen oft konservativ, ignorant und abwertend, und doch hat es, zumindest in Ansätzen, seine Berechtigung.

Denn ebenso wie es die Furcht anderem gegenüber gibt, gibt es dessen Gegenteil: die kritiklose Akzeptanz. Weil Dinge neu sind, haftet ihnen automatisch ein Positivcharakter an. Weil sie aus der Fremde kommen, wohnt ihnen ein Hauch von Exotik bei. Und auch dieses Verhalten hat, zumindestens in Ansätzen, seine Berechtigung.

Zwischen diesen Gegensätzen leben wir, müssen uns vorsehen, nicht in das Fettnäpfchen verstaubender Gestrigkeit zu treten, und zugleich alles, was uns unbekannterweise begegnet, mit einem Interesse beäugen, das nicht von überschwänglicher Begeisterung diktiert wird.

Und dennoch: Ich kann ihn nicht leiden, jenen Satz, den ich so oft höre, der in meinen Augen so gut wie keine Daseinsberechtigung hat:
"Das ist mal was anderes."

Grundlos positiviert wird hier, was anders ist. Natürlich ist es schön, Abwechslung zu finden, das Neue willkommen zu heißen, die graue Masse der Konformität zu verlassen und das Schillern des scheinbar Unverbrauchten zu genießen. Doch diesem Satz schwingt eine Stimmung mit, die zu akzeptieren ich nicht bereit bin, ein grundloses Euphemisieren des anderen, ein Gutfinden, das seine Berechtigung einzig und allein daraus bezieht, dass es von dem Bisherigen abweicht.

Abweichung allein ist kein Merkmal für Güte. Bloß weil etwas anders ist, muss es noch lange nicht den Standards entsprechen, die das Gewohnte mit sich bringt. Denn dies ist der Vorteil des Üblichen: Dass es bereits einen bestimmten Level an Güte erreicht hat und genau deswegen akzeptiert wurde. Dass ein Mindestmaß an Qualität bereits garantiert ist - und vom Neuen, Unbekannten erst gezeigt werden muss.

Sicherlich: Die Masse ist blind und abgestumpft, bereit, auch Ungutes auf Dauer zu akzeptieren allein der Gewöhnung wegen. Und sicherlich: Das meiste, was ohnehin gut ist, kann dennoch verbessert werden.
Dennoch heißt der bloße Umstand, dass man geneigt ist, einen anderen Weg zu beschreiten, noch lange nicht, dass dieser Weg zum altbekannten Ziel oder gar darüber hinaus führen wird.

Ich mag diesen Satz nicht, zucke gepeinigt zusammen, wenn er argumentativ gebraucht wird, wenn sich jener Unterton einschleicht, der irgendwo zwischen Entschuldigung und Wagemut zu liegen scheint, mag nicht, wenn die Worte ausgehen und nur noch diese leere Floskel übrig bleibt.

Kleingeistige Verweigerung ist jedoch nicht minder unnütz als blindwütige Akzeptanz. Der altbekannte Weg der güldenen Mitte führt in die richtige Richtung - und ist wie stets nicht leicht zu finden.

Skaliert

Zu den Dingen, die ich mag, gehört, oberflächliche Menschen-Beurteilungen, die ich nach kurzem oder längerem Blick fasste, widerlegt zu bekommen. Am besten gleich mehrfach hintereinander.

Heute beispielsweise fuhr ich Straßenbahn, wie so oft in einem lesenswerten Buch schmökernd. Die Lektüre fällt in öffentlichen Verkehrsmitteln nicht immer leicht, doch mittlerweile habe ich es geschafft, die üblicherweise um mich herum stattfindende Geräuschkulisse auszublenden.

Es stieg ein Mann hinzu, in Schwarz und Leder gewandet, mit Springerstiefeln und Nietengürtel bestückt. Ich hatte ihn schon öfter gesehen und, da ich mich einer ähnlichen Fraktion zurechne, für etwas sonderbar, aber nicht unsympathisch befunden. Er traf einen Bekannten und fing sogleich an, über Musik zu reden, laut genug, um mich zu stören, aber nicht laut genug, um ein Ärgernis zu sein.

Ich wurde neugierig, versuchte, die ausdiskutierten Bandnamen zu vernehmen, doch bekam nur Satzfetzen an mein Ohr. Nun gut, dachte ich, im Geiste schulterzuckend, und las weiter. Der Neuankömmling jedoch holte sein Mobilfunkgerät heraus und spielte ein Neuwerk irgendeiner Metallcombo ab, das ich nicht kannte. Blechern und bassfrei, dafür jedoch lautstark, tönte es durch die Bahn, und mich umsehend wudnerte ich mich, warum niemand es wagte, den Lärmenden auf sein störendes Geräuschisieren aufmerksam zu machen, ja sogar einfach nur empört in seine Richtung zu blicken. Niemand interessierte sich, scheinbar, für das, was - selbst für mich als Möger derartiger Musik - ohrenbelästigend aus dem winzigen Telefonierapparat schallte.

Ich jedoch war ein wenig genervt, wollte ich lesen und konnte es nun nicht mehr. Ich tippte den Handybesitzer an. Die Kopfhörer in seinem Ohr in Verbindung mit der tösenden Technik in seiner Hand waren einer wortreichen Kommunikation abträglich, doch schaffte ich, ihm deutend zu erklären, dass ich mich in meiner Konzentration beeinträchtig fühlte.

Er, den ich - auch noch nach Lärmbeginn - für nicht unsympathisch gehalten hatte, schaute nun herablassend auf mich und mein Buch und meinte abwertend, dass ich doch zu Hause lesen könne. Wie immer in solchen Augenblicken lag kein geistreiches Erwiderungswort auf meiner Zunge, und so schwieg ich, setzte den unfreundlichen Kerl auf meiner Menschbewertungsskala mehrere Etagen tiefer und bemühte mich, einzig und allein den Text wahrzunehmen, der sich vor meinen Augen befand.

Sein Gesprächspartner stieg aus, der Unsympath schaltete die Musik ab und drehte sich mir zu. "Entschuldigung", sprach er mich an, und verdutzt schaute ich auf. "Was liest du denn da?" Ich erklärte mit längst nicht ausreichenden Worten, welches Buch ich gerade konsumierte und dass davon mehrere Teile existierten, doch erntete kein großes Interesse. Nur die Antwort, dass er ja haufenweise Hohlbein lese. Ich mag Wolfgang Hohlbein nicht mehr so gerne wie früher und teilte ihm das mit. Was folgte, war eine kurze Diskussion über den Autor, über sein umfangreiches Werk, das er zusammen mit seiner Frau geschaffen hatte, über die vielen Hohlbein-Schmöker, die mein Gesprächspartner in seinem Besitz wisse, ich erwähnte mein Lieblingsbuch - und musste dann aussteigen.

Als die Straßenbahn fortfuhr, warf ich einen Blick auf meine innere Menschbewertungsskala und staunte nicht wenig darüber, ihn inzwischen wieder in angenehmen Positivbereichen einsortiert zu haben...

Donnerstag, 14. Februar 2008

...

Wenn man jemanden durch Tritte tötet, kann das doch eigentlich auch als tröten bezeichnet werden, oder?

Mittwoch, 13. Februar 2008

Die Schaufensterpuppe

Im Erdgeschoss der hier ansässigen Karstadt-Filiale, in direkter Nähe zu den zahlreichen nach oben und unten zeigenden Rolltreppen, befindet sich ein Tisch, auf dem vor geraumer Zeit eine Schaufensterpuppe positioniert wurde. Sie sitzt dort, trägt häufig wechselnde Klamotten und einen unmodischen graubraunen Kurzhaarschnitt aus Plastik.

Ihre Haltung ist verkrampft. Kerzengerade thront sie auf ihrem Tisch, zwischen Damensocken und Handtaschen, in unmittelbarer Nähe zu den wichtigsten Gängen des Erdgeschosses. Und jedesmal, wenn ich das Karstadt-Kaufhaus betrete, sehe ich sie. Wer baut solche Puppen, denke ich dann häufig und suche vergeblich das Lächeln in der starren Miene aus Kunststoff. Ihr Mund ist nur ein schmaler Strich, und in ihren Augen finden sich nur Langeweile und Trauer. Ich nehme mir ein Herz, laufe durch die Gänge, entdecke ein Paar flauschige Wohlfühlsocken mit lustigen Tiergesichtern und lege es liebevoll in ihren Schoß. Natürlich lächelt sie nicht - wie sollte sie auch, als unbewegliche Schaufensterpuppe? Und doch stelle ich mir vor, dass sie sich freut, dass sie - irgendwie - nach innen schmunzelt.

Beim unserer nächsten Begegnung lege ich ihr eine Handtasche in den Schoß. Keineswegs verdient diese die Bezeichnung "hübsch"; sie ist eher schrill und grell und wirft, so absurd es klingt, ein wenig Leben in das künstliche Antlitz. Beim übernächsten Mal ist es ein riesiger rosaroter Regenschirm, den ich ihr in die Finger drücke. Natürlich wird sie hier drin, im Inneren des Kaufhauses niemals nass werden, dennoch glaube ich, dass sie die Geste zu schätzen weiß. Und nicht nur sie. Gerne stelle ich mir vor, wie potentielle Karstadt-Kunden an ihr vorbeigehen, den Schirm oder die Socken bemerken und darüber schmunzeln. Nicht länger ist die Puppe eine fade, unbemerkte Erscheinung am Rande des Gangs, sondern eine klitzekleine Attraktion, ein winziger Grund zu lächeln. Ich glaube, das gefällt ihr.

Was werden die Mitarbeiter denken?, frage ich mich manchmal, wenn ich ihr neues, veräußerliches Utensiliar auf die Oberschenkel lege. Mache ich mich strafbar...?

Heute trägt sie einen Hut. Eine gute Idee, denke ich, denn obgleich die Kopfbedeckung aufgrund fehlenden Bezugs zu aktuellen Modevorstellungen unkaufbar ist, bedeckt er doch ihre unschöne, festsitzende Plastikfrisur und raubt ihr einen weiteren Teil der fortwährenden Starre.

Ein paar Meter weiter werden Sonderangebote veräußert. Ein Mann mit Mikrofon wirft mit Preisen und Sortimenten um sich, und ich bete leise, dass er mich nicht sieht, mich nicht anspricht, als ich direkt vor seiner Nase einen riesigen Plüschteddy vom Wühltisch klaube und zu meiner Schaufensterpuppe trage. Liebevoll setze ich ihn auf die reglose Figur, lasse ihn sich sanft mit kuschligem Fell an ihre nackten Arme lehnen. Ein letzter Blick, und ich verlasse das Gebäude.

[Im Hintergrund: Helrunar - "Frostnacht"]

Mittwoch, 6. Februar 2008

Braun

Während rechts von mir ein metallener Dinosaurier mit ungelenken Bewegungen an den Resten eines Hauses herumknabberte und links von mir ein riesiger Bagger ehemalige Gebäudebestandeile in eine Maschine schaufelte, die kontinuierlich zerkleinertes Steingut ausspuckte und zu Haufen türmte, vernachlässigte ich einen Augenblick lang die Beobachtung der Gehwegplatten, auf die ich meine Schritte setzte - und trat prompt in ein widerliches Häufchen Fäkalunrat.

Ich erachtete mich nie als Angehöriger jener Gruppe von Menschen, die Klein- und Wenigerkleintieren das öffentliche Darmentleeren verbieten oder zumindest deren Herr- und Frauchen horrende Geld- und Zuchthausbußen für unterlassene Kotbeseitigung aufbrummen wollen, und so unterließ ich es auch diesmal zu erzürnen und den nächstbesten Gassigeher mit unflätigen Beschimpfungen zu überhäufen. Nur ein leiser Seufzer entrann meinen Lippen, als ich das verklebte Profil meines Schuhwerks in Augenschein nahm. Denn leider sind innenstädtische Bereiche arm an Möglichkeiten, Ekelhaftes von Schuhunterseiten zu entfernen. Wiesen oder Waldwege wären meines Erachtens nach bestens dafür geeignet gewesen, den rechten Fuß schabend an ihnen entlangstreifen zu lassen, auf dass nach und nach die hündischen Stoffwechselendprodukte von mir wichen. Doch an Grünflächen mangelte es wie so oft in derartigen Situationen, und die wenigen mir zur Verfügung stehenden hätten aufgrund des ungünstigen Verhältnisses zwischen Anzahl an nachbarschaftlichem Kläffgetier zu pflanzenbewachsenen Kacklokationen die Bezeichnung "Braunflächen" verdient und meinen Schuh eher um weitere Widerlichkeiten bereichert als die vorhandenen entfernt. Tatsächlich neigt man hier dazu, hauseingangsnahe Grasareale mit winzigen Zäunchen zu umgeben, um mit vollgestopften Därmen vorbeieilende Köter davon abzubringen, das sich tapfer durch Betongrau kämpfende Grün mit Naturdung zu befärben. Dass diese Maßnahmen jedoch zu einer weiteren Verknappung an Hundeörtchen führen, ist erahnbar, und so wundert es mich auch reichlich wenig, immerfort zahlreichen Gehwegshäufchen ausweichen zu müssen.

Anstelle einer Abstreif-Grünfläche fand ich ein metallenes Gitter, das gröbste Unreinheiten von meinem Schuh beseitigte und mich zumindest auf den ersten Blick kotfrei aussehen ließ. Gut genug, um ein paar Nahrungsmittel zu erwerben, dachte ich, setzte meinen Weg fort zum nächsten Lebensmittelladen - und trat sogleich in den nächsten Haufen.
"Scheiße.", fluchte ich leise.

...

Warum riecht es denn hier so abortig?

Anti-Anti

Gibt es eigentlich auch Prolopen?

Gotteshaus

Ein Mann, nicht sonderlich groß, unrasiert und eigentlich unauffällig, mit einem Baumwollbeutel in der rechten Hand, betritt eine Sparkassenfiliale. Im Eingangsbereich bläst ihm die warme Luft der Klimaanlage entgegen, und ich weiß nicht, ob es der Lufthauch oder irgendetwas anderes ist, das ihn dazu bewegt, doch plötzlich schaut er sich um und sagt laut: "Hier wohnt also Gott!"

Verdutzt blicke ich ihm hinterher, sehe, wie er ein paar Schritte geht, kurz die Arme ausbreitet, andächtig nach oben starrt - und sich dann in die Schlange der vor dem Geldautomat Wartenden einreiht, als wäre nichts gewesen.

Ich verbleibe im Eingangsbereich, frage mich für einen Augenblick, ob Gott und Geld dasselbe seien, bevor ich meine Straßenbahn nahen sehe und mich beeile, sie noch zu erwischen.

[Im Hintergrund: Danzig - "777 I Luciferi"]

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