Samstag, 16. April 2005

Schuldig

Gestern telefonierte ich mit C. Sie wollte mich zu einer Party einladen, zu der sie selbst nicht zu gehen wünschte - aber mußte. Ihr Bruder sei dort, und ihr Freund. Und natürlich eine Ansammlung mir nicht sympathischer Menschen.
Müde, träge und wenig homophil lehnte ich dankend ab, wollte schon auflegen, als ich bemerkte, daß das Gespräch noch nicht zu Ende war, daß C noch etwas auf dem Herzen hatte.

Ihr Freund schenkte ihr nicht genügend Beachtung, rannte ohne Perspektiven durch die Welt, antriebslos, lebte nur für Partys, auf denen er aufblühte und sein Trübsals-Ich in ein verrückt-sympathisches Scheinbild verwandelte. Auf Partys lästerte er mit Freunden, mit Kumpels, über Frauen, auch über seine eigene Freundin, machte anderen weiblichen Wesen Komplimente. C fühlte sich vernachlässigt, brachte das zuweilen zur Sprache und erntete nur ein standardisiertes "Ich werde mich ändern."

Ich lachte traurig, als C mir das erzählte, glaubte ihn nicht zu derartigen Veränderungen bereit. Können sich Menschen ändern? Vermutlich. Aber nicht so, nicht, wenn sie die Notwendigkeit nicht erfassen. Und das tat er nicht, traf Verabredungen, organsisierte Feierlichkeiten, ohne daran zu denken, daß seine Freundin C inmitten ihres Studiums steckte, nicht immer Zeit für derlei hatte, möglicherweise auch mal mit ihm allein zu sein wünschte. Sein Mittelpunkt war er, waren seine Freunde, seine gute Laune, die er nur auf Partys fand. Vor C zeigte er nur seine Schwächen, seine Unsicherheit.
C wollte nicht zu der Party, aber mußte, war verpflichtet, hatte mich eingeladen, um sich nicht zurückgelassen zu fühlen.

Wir redeten lange. Weswegen sie mit ihm zusammen sei, fragte ich. Wegen seiner Verrücktheit, antwortete sie zögernd. Mehr fiel ihr nicht ein.
Heute morgen klingelte das Telefon, riß mich aus dem Schlaf. Es sei aus, teilte mir C mit. Ich schüttelte die Müdigkeit von mir ab. Was?, fragte ich, noch immer benommen.

Sie war gestern Abend zu der Party gefahren, wollte kurz mit ihrem Freund reden, der schon den ganzen Nachmittag fort verbracht, den sie den gesamten Tag nicht gesehen hatte. Du fühlst dich vernachlässigt?, fragte er, lauernd. C nickte nur. Ihr Freund sprang auf, rannte aus dem Zimmer, schmiß die Tür hinter sich zu.

Das wars, meinte C zu mir am Telefon. Er selbst habe es beendet, habe einen Schlußstrich die bröckelnde Beziehung gezogen. Sie fühle sich besser jetzt, behauptete sie und legte auf.

Noch immer im Bett liegend dachte ich nach, fühlte mich schuldig. Hatte ich nicht wegweisende Worte gegeben, die ein Ende erwirken mußten? Hatte ich ihr nicht sogar einzureden versucht, daß sie sich so nicht behandeln zu lassen brauchte?

Aber er hatte ja Schluß gemacht, versuchte ich mich zu besänftigen. Die Beziehung war sowieso kaputt. Vielleicht war es ganz gut so. Vielleicht war es wirklich das Beste, redete ich mir zu.

Doch innerlich zweifelte ich.
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