Wortwelten

Freitag, 9. März 2007

Logo

Es gab einst einen Internetradiosender, der in seinem Angebot mehrere Streams barg, die selbst mir, einem vehementen Radioablehner, partiell zusagten. Doch alle zwei, drei Songs wurde das Programm durch eine kurze, aber auf Dauer penetrante Werbung unterbrochen, die mich allmählich anwiderte - und zugleich faszinierte.

Denn beworben wurde nicht irgendein albernes Produkt, das ich umgehend im nächsten Laden zu erwerben hatte, sondern nur die kostenpflichtige Mitgliedschaft bei eben jenem Internetradiosender, dem ich gerade lauschte. Der Vorteil dieser Mitglieschaft bestünde vor allem darin, daß es keinerlei Werbeeinblendungen mehr geben würde.

Ein sich selbst gebärendes Konzept: Wer nicht genervt sein wollte von den ständigen Unterbrechungen zur Lobpreisung der kostenpflichtigen Mitgliedschaft, brauchte nur Mitglied zu werden. In ähnlicher Form gab es das auch an anderer Stelle, beispielsweise bei ICQ, doch nie erachtete ich es als derart penetrant.

Ich zahlte natürlich nicht, sondern verzichtete lieber auf den mich ohnehin nicht völlig überzeugenden Radiokonsum. Doch ein Gedanke war geboren:
Würde ich einst ein meinen Hosentaschen mehrere Milliarden Euro finden, so kaufte ich mir einen Fernsehsender, der nur Gutes in die Welt srahlen würde. Das Fernsehsenderlogo jedoch würde nicht unauffällig in der oberen linken oder rechten Bildschirmecke vor sich hingammeln, sondern mittig plaziert sein - riesengroß, aber transparent.
Jeder Sehende würde sich gestört fühlen und doch - aufgrund des wahrlich guten programminhalts - nicht imstande sein, einen anderen Sender zu erwählen.

Und dann gäbe es die Stufen: Je mehr Mitgliedschaftsbeitrag man monatlich zu zahlen bereit wäre, desto kleiner würde das Logo. Es würde schrumpfen und allmählich in irgendeine Bildschirmecke wandern. Die Maximalversion enthielte dann gar kein Logo mehr, und Nutzer, die sich diese Logofreiheit leisten könnten, würden dann Videoabende organisieren, auf denen sie mit ihrem Reichtum dank fehlenden Sendersignums protzen könnten.

Ich dagegen würde noch einmal im Internet nach dem Radiosender suchen, der mich einst auf die Idee brachte, und mir mit meinem raffiniert verdienten Geld endlich eine erweiterte Mitgliedschaft leisten - obgleich ich noch immer kein Radio hörte...

Dienstag, 13. Februar 2007

Die Begegnung

Als ich aus dem Zug stieg, stand er bereits auf dem Bahnsteig. Er starrte blind in die ankommende Menschenmenge, ohne mich zu entecken. Ich hatte ihn nicht erwartet, nicht so zeitig, nicht bereits heute, doch empfand keinerlei Überaschung.
Ich tippte ihm auf die Schulter, aber grüßte nicht, als er sich behende zu mir umdrehte. Wir kannten einander zu gut, um uns noch mit Höflichkeiten abgeben zu müssen.
Seine zusammengekniffenen Lippen formten ein höhnisches Lächeln. Auch er zeigte keine Spur von Überraschung.

'Ich hatte ihn nicht erkennen sollen.', dachte ich.
Sein Mantel war neu. Seine Schuhe ebenso. Mattschwarz reflektierten sie das fahle Licht der Bahnsteigslaternen.
'Ich hätte ihn übersehen und vergessen sollen.', dachte ich.

Der Zug fuhr ab. Sein Dröhnen tilgte jedes Wort. Doch wir redeten nicht, sahen uns nur an, abschätzend.
Wind umwirbelte uns, zerzauste sein Haar, fuhr mir kalt unter die Kleider.

"Es wäre besser gewesen, du hättest mich noch nicht entdeckt.", meinte er schließlich , als der Zug in der Ferne verschwunden und der Bahnsteig geleert war. Seine Stimme war nur schwacher Hauch, doch schwanger von Verachtung. Jedes einzelne Wort klang, als hätte er es in mein Gesicht gespuckt.
"Es wäre besser gewesen, du wärest in dem Glauben, entkommen, entflohen zu sein, in deine Wohung eingekehrt und hättest lächeln können."
"Besser für dich?", fragte ich, die Antwort bereits ahnend.
"Besser für uns."

Die Vergangenheit klebte mottenzerfressen zwischen uns, hing grauschwarz in seinen Augen. Wir kannten einander seit Ewigkeiten, begegneten uns zu häufig, um uns nicht verbunden zu fühlen. Und doch hatte sich niemals eine Freundschaft, noch nicht einmal Sympathie füreinander, entwickeln können. Längst glichen sich unsere Gedanken - und dennoch haßte ich ihn.

Wäre ich ihm nicht begegnet, hätte ich mich der Illusion hingeben könne, hier, in der Fremde, unerkannt und unbehelligt existieren zu können, alles Gestrige abgestreift zu haben.
Wäre ich ihm nicht begegnet, hätte Ruhe meine Seele finden und verhüllen können, trügerische Ruhe vielleicht, doch Selbstbetrug war stets ein willkommener Teil meiner Wirklichkeit gewesen.
Wäre ich ihm nicht begegnet, hätte ich glauben können, alles wäre gut, für ein paar Tage nur, doch immerhin, bis er schließlich aufgetaucht wäre, mit wallendem, neuem Mantel und dem altbekannten höhnischen Zug um den rechten Mundwinkel.

Die Begegnung mit ihm war unausweichlich. Er fand stets mich, ohne zu suchen. Er hüllte sich in neue Gewänder, änderte seine Frisur, seinen Stil - doch ihn zu erkennen, zu entdecken, fiel mir zu keiner Zeit schwer. Er lähmte mich, raubte mir Willen und Worte, brannte kalte Furcht in meine Gedanken.
Oft genug rannte ich, floh, suchte Neues, Fremdes, Fernes, hielt mich fest an Dingen, die Hoffnung schenkten. Ich lebte mich ein, wohin die Flucht mich trug, hielt inne, um Atem zu schöpfen - und ihm erneut zu begegnen. Er war überall, wartete bereits, wo ich nach neuen Wegen begehrte.

Oft genug versteckte er sich, tarnte sich ungeschickt, schlich heimlich durch die Grenzen meines Blickfelds. Und dann schlug er zu, mit doppelter, zehnfacher Intensität, baute sich vor mir auf und legte einen Ring aus Schatten und Angst um meinen Leib. Eingeschnürt spürte ich, wie er seinen kalten Atem in mein Antlitz lachte...

"Was willst du?", fragte ich.
"Das Gleiche wie immer."
Ich schaute fragend, stellte mich dumm.
Er seufzte genervt. Das gleiche Spiel wie immer. Wie immer hatte er gehofft, das Ritual umgehen zu können, den drohenden Singsang, den er bei jeder einzelnen Begegnung anstimmte, schweigen zu lassen.

"Gib mir dein Licht!", mahnte er, alte Worte nutzend, "Reiche mir einen Teil deines Herzens! Schenke mir einen Hauch deiner selbst!
Und du wirst frei sein. Frei für den Moment. Frei für kommende Zeiten. Frei, bis zu meiner Wiederkehr".

Und er wird wiederkehren. Niemals reichte aus, was ich ihm gab, niemals sättigte es ihn. Er wird wiederkehren und das Ewiggleiche wiederholen, seine Kälte in meine Ohren träufeln, wie er es immer tat. Bis ich ihn füttere. Mit mir selbst füttere.

"Nein."
Meine Stimme brach. Er sah mich an. Fragend. Überrascht. Kannte das Ritual. Das ich verletzte.
"Nein.", wiederhole ich, lauter diesmal. Ruhig nach außen hin. Doch zitternd im Inneren.

Jede Begegung mit ihm raubte mir einen Teil meiner Selbst, raubte mir Licht, raubte mir Kraft. Irgendwann schießlich würde ich erlöschen, verwelken, ausgelaugt auf Erden wandeln, mich seinen Befehlen beugend, seine Wege begehend. Willenlos. Stumm. Ohne Leben.

Doch noch lebte ich. Kaum brachte ich die Kraft auf, ihm zu widersprechen, das Ritual zu brechen, ihm das Gewünschte, Geforderte, zu verweigern. Vielleicht war die heutige Begenung die letzte ihrer Art, die letzte vor dem Unterschreiten der Schwelle, die letzte vor dem endgültigen Verlust meiner selbst.

"Nein.", sagte ich ein drittes Mal. Meine Stimme hatte wieder an Stärke verloren, doch er hatte mich längst gehört.
"Was willst du tun?", fragte er. Das höhnische Grinsen, das kurz geflackert hatte, strahlte schon wieder in altem Glanz.
"Willst du fliehen? Fliehen, wie tausend vergebliche Male zuvor?"
Ich schüttelte den Kopf, zu Worten nicht mehr fähig.
"Willst du dich selbst vernichten, dir dein lächerliches Leben nehmen, um nicht nur mir, sondern allem zu entkommen?"
Er lachte.
"Willst Schutz suchen, bei Freunde, Liebenden, Sorgenden, dort, wo ich dich dennoch fassen, ergreifen, kann?"
"Oder willst du dich stellen, gegen mich kämpfen?"
Er lachte erneut, lauter diesmal.
"Lächerlich", schnaubte er und wandte sich ab.

"Ich stelle mich.", flüsterte ich ihm hinterher. Er drehte sich nicht um.
"Ich stelle mich.", wiederholte ich.
Ich wußte, daß er grinste, verächtlich, als wäre ich keines Blickes, keiner Mühen wert.
"Du weißt, daß du mich nicht vernichten kannst?", fragte er, ohne mich anzusehen.
"Du weißt, daß ich nicht sterben kann, nicht, solange du lebst? Du weißt, daß ich immer wiederkehren werden, daß du nicht nur ein einziges Mal kämpfen, nicht nur eine Schlacht zu schlagen brauchst, sondern zahllose, wieder und wieder, täglich, stündlich?
Ich habe tausend Gesichter, tausend Namen, finde dich immer, egal wo du bist. Und jedesmal wirst dich stellen müssen, jedesmal kämpfen. Und niemals wirst du gewinnen."

Sein Mantel rauschte bedrohlich, als er sich schwungvoll zu mir umdrehte. Er schien gewachsen zu sein. Schatten tanzten finster auf seinem kantigen Gesicht. Sein Grinsen war verschwunden, hinterließ eine Fratze der Bosheit.
"Gib mir dein Licht!", dröhnte er, "Gib mir dein Licht, und ich werde vorerst schweigen. Verweigere dich, und du wirst jedes Glück aus deinem Dasein tilgen!"

Ich hob den Kopf. Zitterte. Jeder Atemzug fiel mir schwer. Doch ich war mir sicher. Zum ersten Mal seit Jahren.
"Ich stelle mich.", rief ich zu dritten Mal, versuchte, meine letzten Kräfte in diese Worte zu legen. Alles in mir schrie nach Flucht, wollte weichen, nicht länger seinem Anblick, seiner Gegenwart ausgesetzt sein. Doch ich blieb.

Er musterte mich. Neugierig. Wütend. Belustigt.
"Na gut.", sagte er und ging.

Ich sah ihm nach. Der Wind ließ seinen Mantel tanzen. Gelassenen Schrittens überquerte er die Gleise.Eine Zigarette glomm wie ein drittes Auge zwischen seinen Mundwinkeln, als er hinter parkenden Autos verschwand.

Ich blieb stehen, bis meine Knie aufgehört hatten zu zittern. Reisende befüllten allmählich den Bahnsteig, beachteten mich nicht. Als ich das Bahnhofsgebäude hinter mir gelassen hatte, atmete ich auf.
'Es war zu einfach', dachte ich und wußte, daß er irgendwo stand, mich beobachtete und höhnisch grinste. Wir kannten einander, waren untrennbar verbunden. Er war ich, ein Teil von mir. Er war meine Angst. Er war meine Furcht.

'Die nächste Begegnung mit ihm wird die schwerste', überlegte ich und lächelte trotzdem.
'So war es immer.'

Sonntag, 11. Februar 2007

Parkplatzprobleme

Sitzen Beifahrende neben mir, während ich Lenkrad und anderes Gerät bediene, äußere ich, sobald ich einer Parklücke gewahr werde, die zu befüllen ich bezwecke, stets denselben Satz in ihre Richtung: "Ich hasse Einparken!"

Wenngleich Haß nicht unbedingt exakt dem Gefühl entspricht, das ich mit dem Versuch assoziiere, ein Fahrzeug an einen dafür vorgesehenen, oft räumlich beschränkten, Stellplatz zu manövrieren, so ist doch der Kern der Aussage ein wahrer: Mir mißfällt es, zentimetergenau einschätzen zu müssen, wie die äußeren Maße des derzeit benutzten Gefährtes beschaffen sind und ob eine soundsoviel Grad umfassende Lenkrad-Kurbelei bei gleichzeitigem Minimalgasgeben mich in die optimale Position für Konterkurbelei, Richtungswechsel und schlußendlich erfolgreich absolvierten Einparkvorgang bringen wird.

Wenn ich jedoch in abendlichen Stunden nach erfülltem Tagewerk heimkehre, bleibt mir seltenst anderes übrig, als meine Abneigung zu überwinden und zu versuchen, mein Gefährt in eine einigermaßen legale Parkposition zu schaufeln. Kein leichtes Unterfangen, da Lücken rar gesät sind und mit Minimalgrößen wenig vertrauenserweckend wirken. Und so drehe ich immer wieder meine Runden, bis ich eines Platzes gewahr werde, der das Auto über Nacht beheimaten könnte. Grimmig blicke ich dann auf die keineswegs üppigen Platzverhältnisse, versuche die hinter mir drängelnden Frontscheinwerfer zu ignorieren und kurble, so gut ich vermag.

Sicherlich, einst, in Fahrschulzeiten, lernte ich, ab welchem Zeitpunkt ich wie zu lenken habe und verinnerlichte es derart, daß ich zuweilen glaubte, richtiges Parken fühlen zu können. Damals bestand ich die entsprechende Prüfung beim ersten Versuch, obgleich meine Parkunsicherheit sichtbares Erbleichen hervorgerufen haben mußte. Vielleicht erbleiche ich heutzutage immer noch, sehe ich mich mit engsten Platzverhältnissen konfrontiert. Vielleicht vernehme ich das höhnische Gekicher des fehlenden Raumes, bilde mir das kritische Beäugen potentieller Passanten ein, glaube von den nebenanstehenden Glanzlackfahrzeugen mit angstvollen Großaugen gemustert zu werden. Vielleicht.

Doch zuweilen beginne ich gerade zu formulieren, habe eben das übliche "Ich hasse Einparken!" über die Lippen gebracht, da stecke ich auch schon inmitten der Lücke, die sich nach dem Aussteigen als wesentlich enger erweist als vermutet, schmunzle stolz in mich hinein und glaube, es endlich gelernt, verinnerlicht zu haben. Aber schon beim nächsten Versuch wird mir bewiesen werden, wie wenig ich tatsächlich verinnerlicht habe, wird sich zeigen, wie begründet mein parklückenbedingtes Erbleichen ist.

Autos erwiesen sich in der Vergangenheit ohnehin als erstaunliche Unsympathen. VIel zu viel Arbeit fordern sie, zu viel in sie hineingestopftes Geld, zu viel Kümmern, zu viel Sorge. Jedoch ein autofahrereigenes Unbill, das morgendliche Grimmgesichter zu gebären imstande ist, berührt mich wenig: Mich stört es nicht, winterliches Eis von den Scheiben wegzukratzen. Ich rege mich nicht auf, wenn ich Plastikschaber zücken und mit permanenten Armbewegungen Sichtbefreiungsmaßnahmen vollziehen muß, sondern freue mich über jeden Streifen, den die Eisschicht zurückweicht. Einzig und allein das anschließende Losfahren mit dem Beschlagen der Scheiben und dem Warten auf die scheibenbefreiende Heizlüftung mißfällt mir.

Unlängst schmunzelte ich beim Anblick meines Gefährts, hatte ich doch noch am Vortag überlegt, ob es gerechtfertigs sei, die Frontscheibe mit billiger Abdeckfolie vor nächtlicher Vereisung zu schützen und mich - dem Beispiel der anderen folgend - fälschlicherweise dagegen entschieden. Und auch wenn ich keine Handschuhe trug und somit frierschmerzende Fingerkuppen zu befürchten hatte, zückte ich nun wohlgelaunt den Kratzer. Sobald ich jedoch angesetzt hatte, näherte sich ein Fahrzeug, das einparkbereit in unmittelbarer Nähe hielt. Eine junge Dame blickte mich fordernd an, und als ich entschuldigend lächelte und auf den Eiskratzer zeigte, lächelte auch sie. Mir waren einst Geschichten zugetragen worden, in denen in einer ähnliches Situation die junge Dame ausgestiegen wäre und mir helfend beiseite gestanden hätte; doch dergleichen geschah natürlich nicht. Ich kratzte, doch konnte das Drängen der Wartenden in meinem Rücken spüren. Schnell, schnell, hier noch ein wenig, dort noch ein bißchen. Zugleich hielt ich mich zurück. Niemand durfte es wagen, mich derart zur Eile anzustacheln - selbst wenn ich mir die Anstachelei nur einbildete. Außerdem mag ich es, sehen zu können - und befreie daher gerne Scheibengroßteile von Eis und Schnee, bevor ich in die Ferne düse.

Also kratzte ich - allein -, schnell und langsam zugleich, parkte rasch aus und fuhr los. Die Scheiben beschlugen, und ich sah nichts. Ich verdammte die umweltaktivisten, die mir einst eingeschärft hatten, während der Eisentfernung den Motor nicht laufen zu lassen und tastete mich im Schneckentempo zur nächsten Kreuzung voran. Nahezu blind stand ich dort und starrte vergnügt auf die vorbeihuschenden Schemen. "Mach schon.", herrschte ich das Warmgebläse an und schaute ungeduldig zu, wie sich die Line zwischen beschlagenem und nicht beschlagenem Scheibenteil allmählich nach oben bewegte. Ich dankte der Kreuzung, die mich zum Warten zwang, dankte dem Verkehr, der mich hier stehen ließ, dankte dem Lüfter, als die Scheibe endlich frei war und ich sehend zur Arbeit fahren konnte.

Jedoch geschieht es nicht selten, daß ich noch nicht einmal im Auto sitze, wenn sich ein Einparkwilliger nähert und die gleich freiwerdende Parkposition für sich beansprucht. "Dies ist mein Claim!", ruft der Autofahrer allen Mitbewerbern zu, stellt sich schrotflintenartig drohend in den Weg und harrt ungeduldig der wenigen Sekunden, die ich benötige um auszuparken [Denn das beherrsche ich erstaunlicherweise recht gut.]. Jeder Augenblick, den ich zögere, scheint in ihren Augen Ewigkeiten zu währen, und ich fühle mich, als würden die grimmig nach unten gezogenen, vor Ungeduld zuckenden Mundwinkel auf mich einpeitschen: "Los! Los! Los!"
Ich fahre, beachte nur den gleich Einparkenden, beachte nur die vor und hinter mir stehenden Autos, beachte nicht den Gegenverkehr auf der viel zu engen Straße, in den ich beinahe hineingeraten wäre. Ein Hupen folgt. Verdammte aufgezwungene, eingebildete Hektik!

Unlängst wanderte ich zu meinem Automobil - und in Anbetracht der schlechten Freiparkplatzsituation entspricht der Weg zum Gefährt oftmals einer kleinen Wanderung-, als ich Schreckliches entdecken mußte: Man hatte mich eingeparkt! Dergleichen war mir noch nie geschehen; fassungslos betrachtete ich die verbliebenen Lücken zu Vorder- und Hinterwagen und schatzte die Chancen ab, dort unbeschadet herauszukommen. Nullkommavier Prozent. Höchstens.
Ich erwog, zurückzugehen, im Internet nach Anbindungen mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu suchen und selbige zu nutzen. Doch wertvolle Zeit ginge dabei drauf, ebenso wie ein Teil meines Egos, der mit einer solchen Schmach nicht zu leben wünschte. Also schaute ich zunächst nach, ob bei Vorder- und Hintermann die Handbremse gezogen war. Vordermann: ja. Hintermann. Nein. Ich schob, stemmte mein gesamtes Gewicht gegen das fremde Auto, doch nichts rührte sich. Mist.

Aus dem benachbarten Hauseingang trat eine Frau. "Gehört eines der Autos Ihnen?", frate ich höflich, verzweifelt auf mein eigenes, eingeklemmtes Auto deutend ."Oder wissen sie, wem eines der Autos gehört?" Die Frau schüttelte mit dem kpf. Ich hatte nichts anderes erwartet. Wenn ich schon meilenweit zu meinem Parkplatz zu laufen hatte, brauchte ich nicht erwarten, daß andere neben ihrem Hauseingang zu parken imstande waren.
Ein Student schlenderte vorbei, jedenfalls hielt ich ihn für einen. "Hallo!", rief ich auf die andere Straßenseite "Könntest du mir mal kurz helfen?" Ich erklärte meine Situation, zeigte auf den ungebremsten Hinterwagen. Wir schoben. Mit vereinten Kräften. Erfolglos.
"Ist vermutlich ein Gang eigelegt.", meinte der Student. Ich nickte. Ja, Vermutlich.
"Das einzige, was ich dir nach anbieten kann, ist, dich beim Ausparken einzuweisen."
"In Ordnung.", antworte ich, obgleich ich zweifelte, daß das klappen würde. Schließlich waren vorne etwa zehn und hinten etwa sechs Zentimeter Platz zwischen den beiden kontrahierenden Stoßstangen.

Er wies mich ein. ich kurbelte, gab vorsichtig Gas, kurbelte wieder. Die ersten zwei Male stieß ich an. Einmal vorne. Einmal hinten. Mit nahezu Nullgeschwindigkeit. Dann hatte ich den Dreh raus. Auch der Student hatte schnell gelernt, zeigte mir mit seinen Handflächen, wieviel Platz noch zwischen mir und meinen Einparkern jeweils verblieb. Und allmählich schälte ich mich aus meiner blechernen Hülle heraus.
Als ich wußte, daß meiner Befreiung nichts mehr im Wege stehen würde, bedankte ich mich erleichtert und fuhr los. Dankbar. Und wütend zugleich.

"Ich hasse es.", grummelte ich. Und meinte diesmal nicht das Einparken.

Mittwoch, 24. Januar 2007

Der tägliche Fussel

Wenn ich mich in Richtung meiner Badewanne begebe und dabei sämtlicher Kleidungsstücke entledige, bemerke ich nahezu täglich einen kleinen schwarzen Fussel in der Vertiefung meines Bauchnabels. Es handelt sich dabei keineswegs um Dreck, wie man aufgrund der Farbe vermuten könnte, sondern wohl eher um Abrieb von meinen gleichfarbigen Kleidungsstücken, also keineswegs um widerlichen Ekelbäh.

Da ich nun fast täglich einen derartigen Fussel an mir entdecke, liegt der Gedanke nahe, eine Fusselsammlung - mit dazugehörigem Fusselalbum - anzulegen, um diese in Stunden der Langeweile verzückt und angewidert zugleich hervorzuholen, mit Freunden bei einer Tasse Kümmeltee zu beschauen und womöglich gar zinngußähnliche Formensuche zu betreiben, auf daß mein Schicksal für die nächsten anderthalb Äonen auf das Genaueste be-orakelt werde.

Möglich wäre auch, die Fusseln nicht mehr von mir zu entfernen und die Sammlung sozusagen in meinem Bauchnabel anzulegen. Irgendwann wird dieser schließlich keinen Platz mehr bieten, und die neu entstehenden Fusseln müßten sich einen anderen Platz suchen, an dem sie sich zu gemeinsamen Fusselausschweifungen treffen können. Allerdings bekomme ich ungern Besuch vom hygieneüberwachenden Ämtern, deren Vertreter mir mit paragraphischen Klauseln, Inhaftierungsdrohungen und nicht völlig gewaltlosen Zwangsreinigungen von Bauchnabelfusselsammlungen am eigenen Leibe abraten, und werde wohl daher eine andere Herangehensweise erwählen müssen.

Was wäre, frage ich mich, wenn beim Baden oder Duschen der tägliche Fussel aus meinem Nabel herausgespült und dem Abfluß übergeben würde, wenn der Fussel sich im Rohrsystem unter der Wanne irgendwo verfinge oder festkrallte, wenn täglich neue Gleichgesinnte eintreffen, sich anheften und ein Fusselgeschwür entstehen lassen würden? Dann würde der Abfluß alsbald verstopfen und mein Badezimmer sähe sich mit einer Überflutung konfrontiert, von der womöglich auch unter mir Wohnende unangenehm erfahren würden. Trotz rasch durchgeführter Feuchtigkeitsentferungsmaßnahmen verbliebe ein hämischer Wasserrest in den Wänden und begünstigte die Bildung eines großflächigen Schimmelpilzbewuchses, der sich alsbald auch auf benachbarte Wohnungen, Häuser und Städte ausweiten würde. Und dann stünde der Vertreter eines Hygiene überwachenden Amtes vor meiner ebenfalls schimmelnden Türe, um mich unter Anwendung berechtigter Gewalt abzuführen und in unterirdischen, blitzblank geputzten Verliesen zu foltern. Keine gewöhnliche Folter übrigens; allein der Gestank chemischer Reinigungsmittel und das grelle Glänzen des penetrant sauberen Bodens ließen permanente Kopfschmerzen in mir erblühen, die alsbald Blutgerinnsel und einen langsamen Tod mit sich bringen würden.

Auf derlei möchte ich gerne verzichten, weswegen ich plane, das abfließende Badewannenwasser filtern zu lassen. Ein Fusselsieb muß her, ein Bauchnabelfusselbadewannenabflußsieb, um genau zu sein. Doch woher ich ein solches bekommen soll, kann ich nicht erahnen.

Leichter wird es vermutlich sein, ein hübsches Album zu erwerben, für das ich den täglichen Bauchnabelfussel vor dem Ganzkörperbefeuchten von mir etnfernen und gesondert verwahren werde. Das erspart mir einen qualvollen Tod und schafft zugleich ein neues Hobby. Ich werde meine Fotokamera zücken und die tägliche Nabelfüllung ablichten. Dann stelle ich die Bilder ins Internetz - "Der tägliche Fussel" wird meine Seite heißen, und Staunende aus aller Welt werden die gesammelten Bilder betrachten wollen. Und wenn mir der wachsende Ruhm zu Kopfe steigt, dann werde ich allmählich beginnen, meine ewig schwarzen Kleidungsstücke durch farbigere ablösen zu lassen, auf daß gänzlich neuartige Bauchnabelfusselei entstehe. Überall werden Weblogs aus dem Boden sprießen, die meine Fusselsammlung imitieren, ja erweitern, die von den Fusseln zwischen Zehen und hinter Ohren berichten. Ein neuer Markt wird geschaffen, eine neue Generation geboren. Menschen werden aufhören sich zu waschen, um mehr und mehr Fussel zu kreieren - bis eines Tages ein Vertreter eines für Hygiene zuständiges Amtes vor meiner keineswegs schimmelnden Türe steht und mich höflich [allerdings nicht ohne die nötige Gewalt] darum ersucht, offiziell auf meine Vorbildfunktion zu verzichten und die zahlreichen Nachahmer, die mittlerweile ein Inferno der Unhygiene geschaffen haben werden, zu mehr Sauberkeit zu animieren. Ich werde zögern, doch schließlich zustimmen, als ich erblicke, was er mir als Bestechungsgeldersatz darbietet:
Ein Bauchnabelfusselbadewannenabflußsieb.

Donnerstag, 18. Januar 2007

Hier

... benutzen Straßenkehrer noch echte Reisigbesen - und ich frage mich jedesmal, wenn ich ihrer gewahr werde, ob diese hinsichtlich Preis und Funktionalität besser seien als heutzutage eigentlich übliche Besen oder ob jahrelange Besenforschung vergebens waren, weilte Besen doch besser kehren als neuartige...

... gibt mir ein Dönermann ungefragt Studentenrabatt [Sehe ich wirklich soo studentisch aus?], der den Dönerpreis exakt auf das Niveau senkt, das bei allen anderen Dönermännern [und -frauen!] üblich ist.

... verlangt man bei der außerortlichen Walddurchfahrt eine Höchstgeschwindigkeit von 40 km/h in unangenehmeren Kurven und begründet dies mittels eines Schilds mit der Beschriftung "Darum 40 km" [Die falsche phyiskalische Einheit berührt mich längst nicht mehr.], das jedoch am linken Straßenrand steht und wohl ein verunfalltes [brennendes?] Auto zeigt, welches jedoch schwer zu erkennen ist - insbesondere weil man, wenn man das Schild betrachtet, den Blick auf die scharfe Kurve auf gefährliche Weise vernachlässigt und alsbald in den Leitplanken zu enden droht.

... neigt man dazu, die Kunden bei Kartenzahlung nicht mehr darüber zu informieren, wie sie das Kartenzahlungsgerät ["Karte reinstecken. Warten. Pin eingeben. Einmal/Zweimal Bestätigen."] zu handhaben haben [Stottere ich?], was mich verwundert, weil doch verschiedene Geräte unterschiedlichst zu bedienen sind und mich zuweilen etwas unschlau aussehen läßt, zum anderen aber auch erfreut, weil den Kunden somit unterstellt wird, sie hätten die nötige Intelligenz, um dieses Gerät hilfsbefreit nutzen zu können.

... sind niemals ausreichend Saturn-Kassen besetzt.

... stellt man an Straßenränder einmetergroße Comickinder auf, die lachend in Begriff zu sein scheinen, auf die vielbefahrene Straße zu rennen. Ich überlege bei jeder Sichtung, ob ich mit ihnen [oder - ob des geringen Zeichenrealismus' - über sie] lachen soll - und somit verkehrsriskanter Unaufmerksamkeit fröne oder ob ich mich während meiner Geschwindigkeitsübercshreitung standesgemäß erschrecken, panisch auf die Bremse, das Auto schlingern und auf den Fußweg ausbrechen lassen soll, wo ich ein oder zwei spielende Kinder überrolle.
Daß nach einem solchen "Schild" ein Blumenladen mit einem in ähnlichem Stil gezeichnete, fast manngroßen Gärtner wirbt, der eine Tafel in der Hand hät ["Im Angebot: Grabgestecke"] verwirrt mich zusätzlich.

[wird evtl fortgesetzt]

Donnerstag, 4. Januar 2007

Ritzen

Als plötzlich lauthals um Hilfe gerufen wurde und Menschen herbeistürmten, um ihr Möglichstes zu tun, dachte ich, Katastrophales hätte sich ereignet. Selbst als sich die Hilfeschreie in Versuche verwandelten, den Hauptwasserzuleitungshahn zu finden und zuzudrehen, glaubte ich noch, daß eine mittelschwere Überflutung die Gänge befeuchtet hätte. Doch als ich aufstand und nachsah, entdeckte ich nichts. Nur aus der Herrentoilette hörte ich es fröhlich sprudeln. Einen kleineren Wasserrohrbruch erwartend schaute ich nach und entdeckte das Pissoir, das nicht aufhören wollte zu spülen. Unter ihm befand sich eine kleine Wasserlache, doch war sie gefahrlos und nicht bereit, plötzlich zu einer Flutwelle anzuschwellen. Das Pissoir rauschte fröhlich vor sich hin, und ich ging meiner Wege.

Später gab es Grund, die Herrentoilette erneut zu besuchen. Neugierig beschaute ich mir das defekte Pissoir. Man hatte ihm das Rauschen und Sprudeln mittlerweile ausgetrieben und es zu stillstem Schweigen verdonnert. Damit kein Geistesferner auf den Gedanken kam, es dennoch zu benutzen und das funktionsuntüchtige Keramikgefäß mit Nichtwegspülbarem zu füllen, hatte man mehrere Streifen gelb-schwarz-gestreiften Absperrbands über die Pissoiröffnung geklebt.

Nun neige ich ohnehin dazu, die Nutzung von Pissoirs zu vermeiden, so gut es geht. Doch als ich das notdürftig verklebte Gerät sah, überkam mich ein schelmisches Grinsen und der Drang, meiner Pissoir-Meide-Gewohnheit ausnahmsweise nicht nachzugehen. Überall zwischen den Absperrbandstreifen prangten Ritzen und führten mich in Versuchung, meinen Harndrang auszuleben, indem ich sorgfältig in jene Ritzen zielte. Ein uringelber Strahl würde zwischen den Absperrbandstreifen hindurchspritzen und das verklebte Pissoir füllen.
Die Ritzen lockten und grinsten mich an.

Ich widerstand und schloß die Toilettenkabinentür hinter mir. Doch jedesmal, wenn ich an dem gelb-schwarzen Pissoir vorbeilaufe, grinsen mir die Ritzen wieder zu. Und jedesmal halte ich kurz inne und grinse verstohlen zurück.

Mittwoch, 3. Januar 2007

Zwei Beobachtungen

Mein gestriger Tag wurde mit zwei Beobachtungen bestückt, die zwar keine Welten bewegen werden, mich jedoch hinreichend intensiv beeindruckten, daß sie an dieser Stelle Erwähnung finden sollen.

Derzeit in Hessen wohnhaft hatte ich längst festgestellt, daß insbesondere sich auf relativ niedrigen sozialen Schichten Bewegende Dialekten frönen, die mir einiges an innerer Übersetzungsarbeit abzuverlangen pflegen. Die auf meiner Arbeitsstelle beschäftigte Reinigungskraft beispielsweise, die im übrigen meinem erfahrungsbedingten Putzfrauenvorurteil genügt, benutzt nicht nur extrem laute, sondern auch extrem unverständliche Worte, die in meinem Schädel erst mühsam gefiltert werden müssen, bevor sie mit einiger Verzögerung den verstehenden Teil meines Hirns erreichen. Vor allem, wenn sie sich aufregt - und das geschieht erstaunlich häufig -, versuche ich oft vergeblich, Ähnlichkeiten zwischen ihrer und der deutschen Sprache zu entdecken.
Doch ich wäre bereit, derlei kommentarlos hinzunehmen, würde sich erwähnte Reinigungskraft nicht erdreisten, nahezu jede einzelne ihrer Tätigkeiten - und sei es der Weg zur nächsten Tätigkeit - mit einem dezibelintensiven "So." anzukündigen, das ihrem hessischen Dialekt genüge tut: Das "S" ist kein stimmhaftes, so wie es von meinen Lippen perlen würde, sondern ein hartes, stimmloses, fast zischendes. Und das "O" schwebt nicht gemächlich dahin, als langgezogener Laut, der mehr erwarten läßt, sondern peitscht kurz und kraftvoll auf das voranklingende "S" ein. "Só!" tönt es aus dem Mund der Reinigungskraft, wieder und wieder.
"Wer 'So' sagt, weiß nicht weiter.", lehrte man mich einst im Zuge einer Baustellennebentätigkeit. Doch trifft jene Weisheit, von der ich im übrigen wenig halte [Das hatte ich den den Bauarbeitern natürlich verschwiegen.], in diesem Fall keineswegs zu, wird gar mit ihrem Gegenteil konfrontiert.
Nicht anders erging es mir gestern an einer Tankstelle, die ich zuvor bereits mehrere Male besucht hatte. Dort arbeitet zuweilen nämlich eine blond gefärbte Frau mit erschreckend verbrauchtem Gesicht, die nach jeder Redepause ihren Worten ein "So!" voranstellt. Selbiges unterwirft sich zwar nicht in gleichen Maßen der hessischen Mundart wie das der Reinigungskraft; dennoch tönt es kurz und barsch in meinen Ohren. "So! Guten Tag.", "So! Haben Sie eine Payback-Karte?", "So! Das ist ihr Wechselgeld!", "So! Die Quittung!", "So! Auf Wiedersehen.", ... Stehe ich am Ende einer mehrpersonigen Warteschlange, so zerfetzt dieses andauernde "So!" mein eigentlich gut gefüttertes Nervenkostüm in Windeseile. Gestern hielt ich gar den Tankbetrag abgezählt bereit, um möglichst schnell und "So!"-arm entschwinden zu können. Dennoch wurde ich nicht verschont und überlegte, ob dieses unangenehme "So!" nur in dieser Gegend üblich sei oder nur mir zufälligerweise derart konzentriert über den Weg lief...

Die zweite Beobachtung betraf mich selbst. In einem Raum zu arbeiten, der mit anderen Menschen, mit Telefonen und piepsendem Gerät befüllt ist, erweist sich insbesondere dann, wenn denkintensivere Aufgaben zu bewältigen sind, als ungut und meiner Konzentration abträglich. Und wenn die mehrere Räume entfernt arbeitende Reinigungskraft ihr Tun möglichst geräuschintensiv auszuführen und durch zahllose "So!"s zu begleiten pflegt, sehe ich mich außerstande, klaren Gedanken nachzugehen, die mein Schaffen voranzutreiben vermögen. Also begann ich, meine Gedanken niederzuschreiben: Was ist mein Ziel? Welche Probleme tun sich auf? Wie sähe eine Lösung aus? Was ist an ihr falsch? Was ist gut daran? usw.
Es ist amüsant zu entdecken, daß diese Niederschrift eine Art Selbstgespräch darstellt, zuweilend fortsetzend mit "Noch ne Frage:", "Naja...", "Klingt nicht schlecht." oder "So weit, so gut." Umso mehr überrascht es mich, daß es mir auf diese Art und Weise wesentlich leichter fällt, mich zu konzentrieren - und auch mal ein paar Sekunden innezuhalten, um in Ruhe [in relativer Ruhe, natürlich; denn es lärmt hier mehr oder weniger überall] nachzudenken. Wichtig ist auch, daß es nahezu uninteressant ist, was ich niederschrieb. Ich benötige das Geschriebene nicht mehr. Denn habe ich es einmal zu Papier gebracht, ist es auch in mir. Die Lösung naht, und wenn ich sie umgesetzt habe, bedarf es meines alten Geschriebsels nicht mehr, weil neue Schwierigkeiten darauf warten, schriftlich festgehalten zu werden.
Dieses System, so antiquiert und verschwenderisch, so langsam und unnötig es zu sein scheint, funktioniert - und erweist sich als effektiver als jede blattlose Grübelei.

Dienstag, 12. Dezember 2006

Ich und mein Kühlschrank

In meinen vier Wänden, deren Anzahl allerdings zugegebenermaßen größer als vier ist, befindet sich innerhalb eines Küchenimitats ein technisches Gerät, das imstande ist, mir vorzugaukeln, es sei ein Kühlschrank. Die Gaukelei beschränkt sich jedoch auf Äußerlichkeit, denn sobald ich die Gerätetür öffne, bemerke ich, daß der nicht nur von mir als Kühlschrank klassifizierte Kasten kein solcher ist. Denn er kühlt nicht; er gefriert.

Das Zusammenleben mit dem gefrierenden Kühlschrank erwies sich als außerordentlich überraschungsintensiv. Es verging kein Tag, an dem ich mich nicht mit Fragen bestückte, wie denn meine Nahrungsaufnahme beschaffen sein könnte, wo doch bedeutende Teile meiner Vorräte Eisklumpenzustände annahmen und diese in den wenigen bis zum Aufbruch verbleibenden Minuten nicht zugunsten ihres Nahrungsmittelnormalzustandes aufgaben.

Der vereisende Kühlschrank erwies sich als perfektes Streßkompensationstraining. Da es wenig nützte, ihn mittel wüster Beschimpfungen zu kühlschrankiger Tätigkeit zu animieren, versuchte ich es mit Ruhe. Und mit Planung. Denn eines lernte ich recht schnell: Es empfiehlt sich, die kommenden Mahlzeiten genaustens zu planen - und nach Möglichkeit stets eine unfrostbare Reserve bereitzuhalten.

Der Versuch, den Eisschrank hin und wieder abzuschalten, um letztlich eine Art Kühlmittelwert zu erhalten, gebar weiteren Frust: Der entsprechende Stecker verbarg sich selbstverständlich hinter einer unverrückbaren Regalwand.

Die abschaltbare Sicherung wurde mein Freund, der jedoch alsbald verteufelt wurde, weil er mir auch die Küchenbeleuchtung raubte und mich vor die Entscheidung stellte, meine Nahrungsmittel gefrieren zu lassen oder diese im Dunkeln zuzubereiten. Zusätzlich erweiterte ich mein keimendes Planungstalent: Gefriergut, dessen Eiskaltzustand vorher dauerhaft beibehalten werden konnte, neigte nun durch die zeitweise Abschaltung dazu, geringeren Haltbarkeiten zuzustreben. Auch andere Nahrungsmittel wie Eier oder Milch vertrugen den Wechsel zwischen Frost und Frostpause weniger gut als erwartet, so daß ich beim Einkauf zusätzlich organisiert überdenken mußte, welche Nahrung sich ohne Kühlung wie lange halten würde und welche Speise somit an welchem Tag zu verzehren sei.

Dennoch verzichtete ich nicht auf die Vereisung. Den Versuch, eine manuelle Möglichkeit zu finden, den grauen Kasten zu kühlschrankähnlichem Verhalten zu bewegen, gab ich bald auf. Offensichtlich agierte mein gerätiger Mitbewohner nur binär: Frost oder kein Frost.
Ich beschloß, Technik mit Technik zu bekämpfen ["Fight fire with fire." wäre angesichts der Kühlsituation wohl kaum ein passender Spruch gewesen...] und erwarb eine Zeitschaltuhr. Selbige sollte mir helfen, nach ein paar Tagen Rumprobierens den richtigen Ein- und Ausschaltrhythmus auszuklügeln, der vonnöten war, um den Kühlschrank auch tatsächlich als einen solchen bezeichnen zu dürfen.

Der Umbau war kein leichter. Ich kippte das Küchenregal an, zerrte den Kühlschrankstecker hervor, ersetzte ihn durch eine Verlängerungsschnur, in welche ich die Zeitschaltuhr stopfte, die wiederum den Kühlschrankstecker beherbergen sollte. Mir wurde zugetragen, ein solches Zeitschaltuhrgeschalte würde den Kühlschrank zerstören. Ich lachte angesichts der Vorstellung, wie der Kasten den in kaputtem Zustand arbeiten würde. Würde er etwa meien Nahrungsmittelreerven gefrieren? Ich zitterte vor Angst. Vermutlich würde er einfach jedes Agieren beenden - was angesichts der aufgrund des nahenden Winters und der mangelhaft en Dämmung in meienr Wohnung herrschenden Temperaturen wenig bedeutsam wäre.

Drei Wochen lang fuhr ich nun fort mit meinem kühlschrankdestruierenden Tun, programmierte die Zeitschaltuhr, progammierte sie immer wieder um - doch kam zu keinem befriedigenden Ergebnis. Bis heute ist es mir nicht gelungen, dem Kühlschrank eine Funktion abzutrotzen, die seiner Art entspricht, bis heute kenne ich nur frostige oder warme Kühlschrankinnereien.

Und dann, heute morgen, kam mir ein Gedanke in den Sinn. Womöglich war nicht nur der Kühlschrank defekt. Womöglich funktionierte die zeitschaltuhr gar nicht, hatte es vielleicht nie getan. Vielleicht hatte sich der kühlschrankige Fehler gar auf die Zeitschaltuhr übertragen und drohte nun mein sämtliches technisches Gerät zu verseuchen. Ein Virus?
Wollen die Maschinen die Weltherrschaft übernehmen, nur noch ihrem eigenen Willen genügen?

Ich fühle mich bedroht. Kühlschrank und Zeitschaltuhr hecken einen Plan aus. Doch ich werde das zu verhindern wiss

Freitag, 1. Dezember 2006

Fakten

Falls die folgenden Zeilen den Eindruck erwecken, mit feuchter Aussprache geschrieben worden zu sein, dann liegt das ein einem der drei nun zu präsentierenden Fakten.

1. Mein TFT-Bildschirm ist imstande, einen Sturz aus der Höhe von ca einem Meter unbeschadet zu überleben.
Beim internetanschlußbedingten Verrücken meines Rechners gab ich dem Faulheitsgedanken nach, möglichst viele Bestandteile zur gleichen Zeit transportieren zu wollen, was darin mündete, daß der auf dem Rechnergehäuse deponierte Bildschirm kurz vor Erreichen des Zieles, kurz nach dem Ersinnen des "Das-wärs-ja-noch-daß-mir-der-Bildschirm-herunterfiele"-Gedankens, die ihm anvertraute Unterlage verließ und sich dem Boden entgegenwarf. Meine Reaktion existierte nicht, wenn man davon absah, daß ich den Bildschrim aufrichtete und versuchsweise, aber ohne große Hoffnung, an den Rechner anschloß. Doch ich durfte mich frundern [freuen und wundern zugleich], denn er funktionierte, als ob er jeden Tag durch die Gegend fiele - was ich nicht auszuprobieren gedenke.

2. Heute waren es nur 37, gestern jedoch 45 Mal.
Die tägliche Heimfahrt umfaßt geschätzte zehn bis fünfzehn Autofahrminuten und eine über ein mobiles Musikabspielgerät in das Autoradio geschleuste musikalische Untermalung höchster Güte. Gestern jedoch versagten die Batterien des Musikabspielgerätes, so daß ich beschloß, probeweise Radio zu hören. Zugleich beschloß ich, mitzuzählen, wie oft ich den Sender wechselte.
Heute wiederholte den Versuch, und heraus kamen obige Zahlen, die belegen, daß ich als radiohörender Autofahrer bzw autofahrender Radiohörer gemeingefährlich bin, weil ein Großteil meienr Aufmerksamkeitskapazitäten dem Wechseln des Senders zukommt. Es ist nicht nur erstaunlich, wie sehr mir die empfangenen Sender und Musiken mißfielen, sondern auch, daß jene Sender, bei denen ich zuweilen verweilte, auch nur unteres Mittelmaß von sich gaben.

3. Meine Tastatur ist anscheinend wasserdicht.
Soeben beschloß ich, ein paar cornflaksige Zerealien in mein Antlitz zu stopfen und gleichzeitig meine Emails nach Sinnvollem zu durchforsten. Prompt schüttete ich den Schüsselinhalt über die Tastatur. Erneut war meine Reaktion minimal. Gelassen stand ich auf, stellte die Schüssel in die Küche, holte einen Lappen, reinigte ein bißchen herum und schleppte dann die Tastatur ins Badezimmer.
Unlängst hatte ich beim zu Reinigungszwecken durchgeführten Tastaturauseinanderschrauben erfreut und erstaunt feststellen dürften, daß das Schlüsselbrett [=Keyboard] ziemlich wasserfest konzipiert worden war. Selbige Feststellung nahm ich nun zum Anlaß, diesmal nicht die Mühe des Auseinanderschraubens über mich ergehen lassen zu wollen, sondern das komplette Ding unter den sprudelnden Wasserhahn zu halten. Des Wasser floß und spülte alten und neuen Schmutz aus den Fugen, während ich mich über meine "Wird-schon-nichts-passieren"-Zuversicht freute.
Und tatsächlich, nach ein wenig Abtrocknerei schloß ich die Tastatur an - und konnte sie benutzen [wie man sieht]. Einzig das W klemmte manchmal, doch diese Unart werde ich ihm, so sie sich wiederholt, noch austreiben.
An dieser Stelle sollte ich vermutlich den Tastaturhersteller erwähnen und lobend preisen, auf daß er mir dankbar immense Geschenke machen möge, doch verzichte ich großzügigerweise darauf. Schließlich bin ich [nach Zahlung von 20 Euro] schon beschenkt worden: Mit einer wasserfesten Tastatur.

Dienstag, 26. September 2006

Der miese Dance-Remix eines noch mieseren Popsongs

Ich spürte förmlich, wie mir das Geld in die Tasche kullerte.

Ich saß im Buchgeschäft und las - und war dabei, 7 Euro 90 zu sparen, weil ich die wenigen Max-Goldt-Texte, die ich im Buch "Der Krapfen auf dem Sims" noch nicht kannte, nun konsumierte. Danach stellte ich das Werk ordnungsgemäß in das Regal zurück und ging, ohne irgendetwas gekauft zu haben. Noch nicht mal einen Automatenkakao hatte ich während meiner parasitären Ergötzung zu mir genommen.

"Wenn das jeder machen würde...!"
Macht aber nicht jeder. Oft genug schon war ich bereit, selbst nach längerem Probeschmökern, mein erwähltes Buch zur Kasse zu tragen - und mußte dort jedesmal warten, weil eben nicht jeder liest und kauflos geht.

Den Buchladen hinter mir lassend begegnete ich einem Bekleidungsgeschäft namens "ME" mit Argwohn - was ein durchaus schönes Wort für etwas eigentlich wenig Positives ist. Doch ich rang mich durch, den Laden zu betreten und lässig hindurchzuschlendern. Lässiges Schlendern ist wichtig, denn mir mißfällt es, von Verkäufern und stilistisch dem Ladeninneren folgenden Kunden als der Eigentlich-Nicht-Hier-Reingehörende erkannt zu werden, der ich bin.

Ich mag es, Kleidungsstücke auszuprobieren, doch fürchte mich davor, unbekannte Läden zu betreten, die ausgestellten Stoffwaren zu beschauen und mich völlig fremd und somit unwohl zu fühlen - inmitten soviel unnützer Häßlichkeit.

Als ich die Schwelle hinter mir gelassen hatte, hörte ich auf, diese Angst zu begreifen. Das lässige Schlendern klebte unverrückbar an mir fest und mein beiläufiges Interesse erregte keine Verkäufer-Herbeieil-Aufmerksamkeit. Das Gleiten des Blickes ließ mich keine Hose in gesuchter Art entdecken,dafür jedoch einen neuen Grund für meine Angst - als ich plötzlich mit mir völlig unbekannten Kleidungsgrößenangaben konfrontiert wurde: Größe 48!?!

"Eigentlich will ich es gar nichts wissen.", tröstete ich mich, als mein lässiges Schlendern zur kontrollierten Laden-Verlaß-Bewegung mutierte.
"Eigentlich sah die Hose ohnehin ungut aus.", beruhigte ich mich, während ich "ME" hinter mir ließ und nach Einkaufs-Neuland Ausschau hielt.
"Außerdem war die Musik schlecht.", erschauerte ich nachträglich, mich des miesen Dance-Remixes eines noch mieseren Popsongs entsinnend.

Widerliche Lautsprecherabsonderungen waren stets ein guter Grund gewesen, eine Lokalität zu verlassen, und ich bewundere die Präzison aller Läden, die darauf Wert legen, mit angeblich kaufanregender, Musik imitierender Akustikuntermalung meinen Geschmack exakt zu verfehlen.

Vor dem "Opus" hielt ich inne und fragte mich, ob es dort Damen- oder Herrenbekleidung zu erwerben gab. Seit jeher bin ich ein Verfechter deutlicher Trennungen zwischen den Geschlechtern - zumindest im Verkaufsbereich. Nicht nur, weil ich so imstande bin, anklagende Vortäge über die Unverhältnismäßigkeit der Dimensionen des dem weiblichen Geschlecht vorbehaltenen Einkaufbereichs im Vergleich zur Winzigkeit des für Männer reservierten zu halten. Nein, zusätzlich mißfällt mir die Vorstellung, an der Kasse darauf hingewiesen zu werden, daß die eigentlich perfekt passende Hose den Knopf auf der falschen Seite habe und demnach nicht für mich und meinesgleichen geeignet sei.

Ich lugte hinein und fand Damenbekleidung. Schon wollte ich mich empören, weil "opus" doch das lateinische Wort für "Werk, Arbeit" ist und lateinische Wörter auf "-us" im Allgemeinen maskulinen Geschlechts sind. [manus, Hand, bildet eine Ausnahme.] Als dementsprechend ungünstig erachtete ich es also, ein Damenbekleidungsfachgeschäft mit einem männlichen Namen zu belegen, der zudem auch noch der Bandname des Interpreten eines der bekanntesten Partylieder, nämlich "Live Is Life", war.

"Live Is Life" ist übrigens eines der Lieder, von denen es nur eine Live-Version [Wie passend! Zufall?] zu geben scheint, keine "echte". Marius Müller-Westernhagens "Freiheit" gehört in dieselbe Kategorie.

Doch zurück zu Frauenläden mit Männernamen: Ist "opus" wirklich männlich? Ich erinnerte mich undeutlich, daß dieses Wort eine Ausnahme darstellte, und beschloß, zu Hause entsprechende Nachforschungen anzustellen. Wenn mich nicht alles täuschte, war "opus" gar ein Neutrum - was ja nun wieder "voll okay" wäre.

Ich spürte das gesparte Geld förmlich in meine Taschen kullern, als ich die Wohnungstür aufschloß - denn ich hatte es letztlich weder für ein Buch noch für eine Hose ausgeben können.

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