Freitag, 13. Mai 2005

Rosa und die Stadtfestschläger

Auf einer der üblichen Bierzeltholzbänke sitzend, meine Begleiterin mit dem augenscheinlichen Genuß eines schokoladenüberzogenenen Weintraubenspießes quälend wunderte ich mich doch nicht wenig, als drei junge Menschen an uns herantraten. Sie waren allesamt ziemlich businessmäßig gekleidet und hätten seriös gewirkt - wäre da nicht dieses verdächtige Rosa gewesen.

Meine Begleiterin war gerade intensiv in das Verfassen einer Kurznachricht versunken, als eine der drei Personen, genauer: die einzige Frau, das Wort an uns richtete:

"Seid ihr bei D1?"
"T-D1, meinen Sie?"
"Ja, sicher."

Sie schaute mich entgeistert an, als gäbe es noch ein anderes D1.
Ihre beiden männlichen Begleiter grinsten, scheinen eher Bewacher als Vertreter zu sein. Vielleicht noch nicht einmal Bewacher im Sinne von "Beschützern", sondern im Sinne von "Überwachern" von der Telekom abkommandiert, um der jungen Dame zuzuschauen, wie sie versuchte, wildfremden Menschen Mobilfunkverträge aufzuhalsen.

Sie erledigte ihre Arbeit nicht unbedingt gut. Schließlich war sie sichtlich nervös und stotterte. Auch mußte sie sich zu uns herunterbeugen, damit wir sie in dem Akustikrummel um uns herum überhaupt verstehen konnten, wodurch der Wind ihre Locken ins Gesicht wehte.

"Nein, wir sind nicht bei T-Mobile.", sagte ich. "Allerdings auch nicht interessiert."

Ich wendete mich ab. Meine Begleiterin war noch immer mit ihrer Kurznachricht zugange.
Doch die junge Dame gab nicht auf. Vielleicht wollte sie aufgeben, wurde aber von versteckten Waffen unter den Jackets der beiden hinter ihr Stehenden genötigt, ihr albernes Gespräch weiterzuführen.

"Aber ihr bekommt von mir eine Karte. Kostenlos."

Ich ignorierte sie. Meine Begleiterin setzte schon wieder zu einer iher albernen Ausreden an. Doch die Telekom-Tante unterbrach sie.

"10 Euro. Ich schenke euch eine Karte mit 10 Euro Guthaben drauf."
"Nein, danke.", antwortete ich, ignorierte sie nun vollends.

Die beiden Bewacher wendeten sich ab. Das schien das Zeichen zu sein, daß sie genug gelitten hatte, denn jetzt wagte es auch die junge Frau, von uns abzulassen und den beiden zu folgen, die vermtulich schon das nächste Opfer aufgegabelt hatten.

Während die akustische Welt um uns herum in miesen Dancefloorohrwürmern, bassverdreckten Schlagerhits und lächerlichen Schlumpf-Coversongs versank, lauschte ich meinen Gedanken und versuchte eine Antwort auf die Fragen zu finden, wie armselig T-Mobile dran sein mußte, wenn sie junge Frauen dazu nötigte, auf Stadtfesten Mobilfunkverträge zu verticken, ob ich die Vertreterin von den vermutlich massiv bewaffneten Schlägern hinter ihr hätte befreien, erlösen sollen und ob meine Judokenntnisse aus der ersten und zweiten Klasse dazu ausgereicht hätten...

Das Wort des Tages 16

Das Wort des heutigen Tages sei Computersimulation.

Auf dem Magdeburger Stadtfest tummeln sich allerlei Stände und Gestalten. Dort findet man Riesenräder und Bierzelte, Süßkramläden und indianische Schmuckverkäufer, Hüpfburgen und Stadtbildverbesserer.

Stadtbildverbesserer?
Ja, tatsächlich. Auf dem Domplatz soll ein im Krieg zerstörtes Tor wieder aufgebaut werden, das Sterntor. Dazu bedarf es natürlich entsprechender Gelder. Mit ein paar wenigen Euro in Spendenform kann man sich glücklich schätzen, nicht nur etwas für die Stadt, sondern auch etwas für eigene Gewissen getan zu haben.

Meine Begleiterin, selber relativ spendenunwillig und haarsträubende Ausreden erfindend, interssierte sich dafür, fragte nach. Auf einer Karte wurde gezeigt, wo sich das Tor befunden hatte. Auch betrachteten wir mehrere qualitativ hochwertige Photographien des Tores aus jenen schönen Tagen, da das Tor noch stand und ein junger, dynamischer Schnauzbartträger das Sagen hatte...
[Ich schweife ab.]

Nachdem die Spendenaufruferin in meiner Begleiterin eine Zuhörerin gefunden hatte, begann sie zu berichten. In ihrem Monolog erwähnte sie mindestens drei Varianten, sich mit finanziellen Mitteln am Wiederaufbau des Sterntores zu beteiligen.

Die Ausreden meiner Begleiterin wurden immer fadenscheiniger - aber auch amüsanter. Underdessen war sie zu einem Aufsteller geführt worden, das den Domplatz zeigte.
Interessiert hörte ich der Spendensucherin zu:

"Und hier sehen Sie den Domplatz. Mittels einer Computersimulation [... applausheischende Pause ...] haben wir einmal nachgestellt, wie das Ganze aussehen wird..."

Moment mal! Computersimulation? Was wurde denn da "simuliert"?

Natürlich nichts!
Irgendjemand hatte eine der alten Photographien des Sterntores eingescant, in Photoshop oder Photopaint ausgeschnitten und auf eine neuere Photographie des Domplatzes geklatscht.
Und das noch nicht mal gut. Eigentlich sogar ziemlich schlecht.

Meine Begleiterin ließ sich einen Flyer geben, lehnte noch einmal das Spendengesuch ab und verabschiedete sich.
Ich schüttelte mit dem Kopf, als ich mir das Wort noch einmal auf der Zunge zergehen ließ. Computersimulation.

...

Fang mich, solange ich noch falle.

Der morgendliche Wurm im Ohr 22

Aufzuwachen bedeutet für mich eigentlich nichts Gutes. Ein neuer Tag beginnt, angefüllt mit Pflichten und dem Wissen, daß ich diesen Pflichten nur unzureichend nachzukommen imstande sein werde. Sich aus dem Bett zu begeben, bedeutet, einem Trott zu folgen, der schon die Tage zuvor ungenießbar machte.

Und doch erwachte ich in den Morgenstunden der letzten Tage in erstaunlich guter Stimmung. Nachdem ich den nervigen Wecker mit gebührender Ignoranz vedrängt und es mir noch ein paar Minuten unter den kuschligen Decken bequem gemacht hatte, stahl sich stets ein Lächeln auf meine Lippen, das jeglichen Verdruß wegschwemmte, mich dazu bewegte aufzstehen und mein Möglichstes zu geben, diesen Tag mit Angenehmem zu befüllen.

Von mir selbst erstaunt fand ich mich dann stets unter der Dusche wieder, das Lied in meinem Kopf, den morgendlichen Ohrwurm trällernd.

There is no you, there is only me
There is no fucking you, there is only me


Nine Inch Nails mit "Only".
'Kein schlechtes Werk.', stellte ich heute fest, als ich mir mein Frühstück zubereitete.

Essen wirkt bei mir, solange es schmackhaft ist, prinzipiell positiv. Selbst wenn ich mich dagegen wehre, krampfhaft meine schlechte Laune zu verteidigen wünsche, kann ich nicht verhindern, daß eine deliziöse Mahlzeit imstande ist, meine Laune zu heben. [Zuweilen ertappe ich mich sogar dabei, wie ich mich selbst veralbere, indem ich mir nur deswegen etwas Leckeres zubereite, damit ich meinem Verdruß entfliehe.]

Meine Mitbewohnerin war schon wach, frühstückte ebenfalls. Kräuterbutter tropfte von der getoasteten Brotscheibe auf ihr Oberteil. Sie fluchte, schimpfte, verzog sich in ihr Zimemr, um die Kleidung zu wechseln, gesellte zusätzlichen Unmut zu ihrer ohnehin vorhandenen Morgenmuffelei.

Ich ließ mich nicht stören. Zwei Brötchen und ein halber Liter kakaopulverüberflutete Milch warteten auf mich.

'Manchmal wäre es das Beste, man könnte seinen Finger ausstrecken, den anderen berühren und die eigene gute Laune übertragen.', dachte ich, als meine Mitbewohnerin zurückkehrte, mißmutige Miene zeigend.

Ich lächelte ihr zu und spürte, daß es auch ohne Berührung gelang, daß mit jedem Wort, das ich von mir gab, ihr Unmut zu verblassen und meine wohlige Stimmung sich auf sie zu übertragen schien.

'Ein schöner Tag.', freute ich mich.

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free erdem (Gast) - 6. Jun, 16:40
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morast - 1. Feb, 21:10

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