Wortwelten

Montag, 16. Januar 2006

Kalt

Ich muß gestehen, noch immer Gefallen an der Jahreszeit Winter finden zu können. Ich liebte die Nebelfelder, die vor wenigen Tagen die ganze Stadt verhüllten, liebe den eisigen Wind, die Klarheit der Luft. Ich liebe gefrorenen Boden, vereiste Flächen. Und natürlich liebe ich Schnee über alles. Ich mag es, die Dampfwolken zu beobachten, die meinem Mund entweichen, mag es, mich tiefer in meine Kleidung zu kuscheln, um der Kälte den Eintritt zu verwehren, mag es fröstelnd von Tee und einem heißen Bad wiederbelebt zu werden.

Warum ich all das schreibe?
Weil ich gerade feststellte, daß in meinem Zimmer - trotz laufendem Rechner und menschlichem Wärmespender nur 12,5 Grad Celsius vorzufinden sind - und ich trotzdem guter Dinge bin.

Freitag, 13. Januar 2006

Erinnerungen

Wie es sich anfühlt, verliebt zu sein? Ich weiß es nicht mehr.
Schau nicht so traurig, ich rede wirr. Wirres Zeug.
Irgendwie weiß ich es noch. Zuweilen blitzt da ein Funke auf, wie ein Lächeln, das aus dem Innersten kommt. Und dann ist alles wieder leer. Ich bin leer, verstehst du.

Ich kann mich erinnern. Stundenlang kann ich vor mich hinträumen und mich an dich erinnern. Aber das Gefühl fehlt. Das Gefühl, wie es war, verliebt zu sein.

Es war irgendwie ... voller Hoffnung, voller Gewißheit. Alles würde gut werden, solange wir zwei... Soll ich aufhören? Schmerzt es dich. Ist das eine Träne? Ich soll weitermachen? Na gut.

Verliebt sein ist einfach. Für mich war es die Hingabe, totale Hingabe. Als würde mein Ich für einen Moment mit dem Wir verschmelzen. Nein, das ist Quatsch. Kitschiger, alberner Quatsch. Ich weiß, Liebe ist nun einmal voller Kitsch und Klischees.
Doch ich verlor mich nicht. Es war eher, als hätte ich gewonnen, einen neuen Teil zu meinem eigenen Selbst hinzu gewonnen, eine neue Seite an mir, am Leben entdeckt, die ich vorher noch nicht einmal erahnt hatte. Und ich wollte mehr davon, alles wollte ich wissen. Die fremde Quelle war so reichhaltig, so bezaubernd schön, so fesselnd, so ... unerschöpflich. Jeder Moment mit dir brachte neue wundersame Dinge zutage, die ich erfahren, erleben wollte. Jede Antwort barg weitere Fragen, und ich war wie berauscht von dir und deiner Intensität.

Nein, nicht jeder Moment war angefüllt mit süßesten Absonderlichkeiten, kostbaren Schätzen gleich. Nur zu gut erinnere ich mich des Bangens, all der kleinen Unsicherheiten, der mikroskopischen Mißverständnisse, die trotzdem Schatten zu werfen fähig waren, bis hin zu endlosen unbeantworteten, vielleicht unbeantwortbaren Fragen, die zu stellen ich nicht wagte, befürchtend, meine Unsicherheit und damit meine Schwäche preiszugeben. Wie gern spielte mein Geist mir Streiche, gaukelte mit Situationen und Möglichkeiten vor, die mich grämen, verzweifeln, sehen ließen. O ja, sehnen.
Sehnsucht war eine starke Feder, die mich vorwärts trieb, immer wieder zu dir. Ich wollte mich deiner vergewissern, deiner Liebe, deiner Nähe, deines Lächelns, deiner Zustimmung, deiner Quelle unerschöpflicher Wunder.

Welch dreischneidiges Schwert, das anzufassen ich wagte. Ersuchte ich dich, so bestand die Gefahr, abgewiesen zu werden. Selbst wenn mit Berechtigung, aus Liebe, aus sicheren Gründen, so doch zumeist schmerzhaft, winzige Wunden schlagend, die in einsamen Nächten zu bluten begannen. Erhörtest du mich jedoch, teiltest meine Gedanken, atmetest meine Worte, meine Liebe, so glaubte ich zu stören, dich zu bedrücken, dich mit meiner Liebe, meinem Ich, zu erdrücken. Und blieb ich zurück, enthielt ich mich meiner Sucht nach dir, war mir Pein gewiß.

Ob das immer so ist, bei jedem Liebenden? Ich weiß es nicht, hoffe es nicht - für alle, die lieben, die lieben wollen, hoffe gar, daß ich der einzige bin, der sich in solchen Abstrusitäten verlor, hoffe auch, daß es möglich sei, mir ausreichend Bestätigung zu geben, um marternde Fragenmeere zu vermeiden.

Was alles übertönte, war der Rausch, das Lächeln, das aus den innersten Tiefen strömte, das Nicht-Begreifen-Können, jemanden gefunden zu haben, der voll war von Interesse für die eigene Person, für jenes skurrile Wesen, das ich selbst war und bin. Dieser Gedanke erschien mir unbegreiflich, unfaßbar, zu groß für meinen Schädel. Nie konnte ich die Mundwinkel weit genug nach oben ziehen, dir meinen innersten Dank zu treffenden Worten formen, um der Einmaligkeit des Gefühls zu entsprechen, geliebt zu werden, von dir geliebt zu werden.

Geh nicht weg. Bitte. Ich höre schon auf. Doch glaube mir eines: Zu spüren, daß Blick und Herz, Herz und Geist in diesem Moment mir allein, meiner Liebe, meinem Denken, meinem Sein galten, war mehr, als ich mir vom Leben zu erhoffen wagte. Und ist es noch immer.

Und doch erinnere ich mich nicht. Nur Fetzen von Gefühlen durchzucken meinen Leib; sporadisch tauchen vergangene Gedanken und Situationen in meinen Erinnerungen auf, wie Träume, dunkler und heller Natur, die sich erfüllten oder nie wahr wurden. Nur Schemen von mir, ein Teil, der ich vielleicht schon längst nicht mehr bin, schon längst verlor.

Er ist noch da? Meinst du wirklich? Dein trauriges Lächeln scheint die Wahrheit zu sprechen...

Vermißt du mich? Manchmal?
Ich weiß, ich soll das nicht fragen, aber ...

Dreh dich nicht weg. Sieh mich an. Bitte. Ich kenne deine Tränen. Längst. Wollte stets sie mit meinen Küssen tilgen, dir stets jeden Grund für Trauer aus dem Herzen rauben, dich mit meinem Lächeln erwärmen. Sieh mich an, schenk mir deinen Blick. Bitte. Deine verschmierten Augen vermögen nicht, deine Schönheit zu verbergen, vermögen nicht, dich vor mir zu verstecken. Ich kenne dich längst zu gut, als daß ich nicht wüßte ...

Ich habe Angst, weißt du. Angst, nicht mehr zu solchen Empfindungen fähig zu sein, Angst nicht mehr lieben, mich nicht mehr loslassen, fallen, gehen lassen zu können, Angst, auf ewig an Erinnerungen zu hängen, deren Wirklichkeit ich schon heute in Frage stelle, an Träume, die uneinholbar in fernen Vergangenheiten liegen. Ich habe Angst, in dem Moment, als ich stehenblieb, als sich die Welt weiterdrehte, mein drittes Leben, vielleicht mein wahres, verloren zu haben. Ich habe Angst, dich zu tief in meinem Herzen zu bergen, um jemals anders lieben zu können. Ich habe Angst, dich trotz allem aufzugeben, Angst, dich nicht wiederfinden zu können, wenn du letztendlich nach mir suchst. Ich habe Angst, daß du niemals zurückblicken, niemals zurückkehren wirst, daß ich fernab jeglicher berechtigter Hoffnung durch Hirngespinste und Traumgebilde taumle, dich vor meine Augen male, um zu vergessen, daß ich dich längst gehen ließ. Ich habe Angst, daß ich dir selbst im Schlafe nacheile und alles zurücklasse, was einmal ich werden könnte. Ich habe Angst, zu einem abstrusen Abbild meiner selbst zu werden, zu einem Wesen, das kraftlos auf allen seinen Wegen stehenblieb.

Nein. Spar dir deine Widerworte. Längst begriff ich, daß du nicht hier verweilst. Längst begriff ich, daß ich - noch immer - nur träume. Durch Träume zu wandeln fällt leicht, geht man am Gewicht des Wirklichen zugrunde.
Ich weiß selbst, daß nicht alle Hoffnung verloren ist, daß ich eine Sammlung positiver Attribute mein Eigen nennen kann, die irgendwen irgendwo interessieren, faszinieren könnte. Ich weiß es. Und doch ...

Es ist schwer, nicht an dich zu denken, mich nicht nach dir zu sehnen, nicht deinen Namen zu flüstern, wenn ich des Trosts bedarf, wenn ich mich lächelnd fühle, wenn ich die Welt mit jemandem zu teilen begehre. Es ist schwer, dich zu vergessen, dich nicht zu lieben, dich nicht noch immer zu lieben ...

Du fragtest mich, wie es sich anfühlt, verliebt zu sein. Ich weiß es nicht, erinnere mich nur in Teilen, unzureichend. Doch ich trage den Keim in mir, harrend seiner Entfaltung, irgendwo verborgen in den Tiefen wirrer Träume, absurder Möglichkeiten.

Du schüttelst mit dem Kopf, als müßtest du dich meiner erwehren. Doch ich weiß, weiß es längst. Fliehe nicht, verweile noch, erzähle mir von dir, stell mir Fragen, entlocke mir das Selbst, das ich noch immer verberge, schenk mir meine Tränen, die mich leise in den Schlaf singen.
Schließ mir die Augen und schenk mir einen Moment mit dir.
Nur im Traum, ich weiß.
Und doch ...

Samstag, 7. Januar 2006

Vielleicht

Ob ich dich vermisse, fragst du. Mein Blick hängt starr in der Luft, klebt in deinen Augen.

Natürlich, wisperst du, meine niemals ertönenden Worte vorwegnehmend, natürlich vermisse ich dich. Immer und ewig.

Du weißt es, brauchst mich bloß anzusehen, meine Starre mit deinen Gedanken zu durchbrechen, die Hülle wegzuwerfen und vom Boden aufzulesen, was in der Asche noch von mir auffindbar ist. Ich vermißte dich bereits, bevor ich begriffen hatte, daß du weg warst.

Vielleicht, führe ich diese alberne Phrase fort, begriff ich bis heute nicht, und werde es nie. Vielleicht, ergänze ich lautlos murmelnd, vermisse dich gar mehr als mich, mehr als den Teil meiner selbst, den du mit dir nahmst. Vielleicht aber, flüstere ich, vermißte ich dich nie, niemals dich, nur das Bild von dir in meinem Kopf.

Du lächelst. Ich rede wirr, meinst du und siehst aus dem Fenster. Unberührtes Weiß breitet sich vor deinen Blicken aus. Ich kann die Träne fühlen, die ich nicht sehe, die deine abgewandte Wange hinunterperlt, die Träne, die mir zeigen würde, daß du verstehst, vielleicht mehr, als ich je begreifen kann.

Warum?, hauchst du auf das Glas. Die Scheibe beschlägt, hüllt das unberührte Weiß außerhalb dieser Wände in undurchdringlichen Nebel. Warum?

Ich brauche nicht zu antworten. Wie versteinert liegt die Zunge mir im Mund. Müde klettert ein Mundwinkel nach oben. Du drehst dich nicht um und bemerkst mein Lächeln doch.

Weil du mich liebst, klaubst du mir erneut die Worte von den Lippen, weil du mich noch immer liebst. Mein Lächeln wächst, formt sich zu einem inneren Teil meiner selbst, das ich nach außen zu tragen wage.

Ich bin längst weg, hauchst du. Vielleicht existiere wirklich nur noch irgendwo in deinen Träumen. Als ich entfloh, bliebst du stehen. Als die Welt sich weiterdrehte, bliebst du stehen. Als du dich endgültig verlorst, bliebst du stehen. Um mich zu betrachten. Mich, in deinen Tränen. Mich, in deinen Träumen.

Vielleicht existiere ich gar nicht länger. Nur als Teil von dir schwebe ich durch den Äther und gebäre immer neue Worte, um das Alte zu umschreiben, das längst verwelkte. Vielleicht existiere ich nur noch, um dir immer wieder den alten Schmerz emporzuheben, ihn dir ins Gesicht, ins Gedächnis zu schmieren wie einen alten Freund, wie alte Wunden, die du lecken und mit Selbstmitleid bedecken kannst.

Träge schüttle ich mit dem Kopf. Das Haupt ist mir schwer geworden, will zu Boden gleiten. Kraftlos halte ich mich aufrecht.

Nein, es geht dir nicht um Schmerz, begreifst du, nicht um Selbstmitleid. Du tust es für mich, der vermeintlichen Schönheit wegen, der vergeblichen Hoffnung wegen. Der Schmerz ist dir egal; das Licht ist es, was du suchst. Das Licht.

Ich blicke auf das Nebelweiß vor deinem Mund. Schweige.

Ich bin längst gegangen, flüsterst du. Vermiß mich nicht, weinst du.

Ich vermisse dich; meine Worte finden ihre Sprache wieder. Träge bewegt sich der Zungenwurm in seinem Bett. Ich vermisse dich mit jedem Wort, das du nicht sagst, mit jedem Windhauch, der deine Gestalt nicht findest, mit jedem Gedanken, der unausgesprochen in mir verbleiben muß. Ich vermisse dich. Nicht, weil ich dich verlor. Nicht weil du gingst. Nein, weil nach all den Jahren, den Äonen, nach all den Wegen, den Gedanken, das Vergessen mich noch immer nicht fand, dich noch immer nicht aus mir tilgte, die Liebe zu dir nicht raubte nicht schmälerte.

Mein Weg ist nicht der Tod, nicht das Dunkel. Ich bin süchtig nach dem Leben, atme es ein und verharre jauchzend in seligsten Momenten. Und doch ...

Dich zu finden, hieß, dich niemals verlieren zu können.

Du drehst dich um. Tränen weben feine Muster auf deine Haut.
Ich bin längst gegangen, flüsterst du. Längst.

Ich weiß, antworte ich, ich weiß es längst. Doch nicht das Begreifen fehlt.

Ich bin längst gegangen, flüsterst du ein drittes Mal. Deine Liebe schwebt hinter mir her wie der Schleier einer Braut, die in die Arme des anderen gleitet. Ich renne. Ohne es zu wollen, renne ich. Die Erde rotiert, und mit ihr ich. Nur du verharrst, sehnst dich zurück, sehnst dich in die falsche Richtung nach vorn.

Vielleicht, und deine Stimme stockt einen Seufzer lang, vielleicht verweile ich nicht hier, niemals hier. Vielleicht bin ich auch jetzt, in diesem Moment, in diesem Raum, nur ein Teil deiner Träume.

Vielleicht, antworte ich, und sehe dir nach, als du verblaßt.

Freitag, 6. Januar 2006

Ein Moment

Ach ja. Es hätte ein Moment werden können. Einer von jenen, wenn du verstehst.

Du verstehst nicht. Hörst nicht zu. Einer von jenen, sagte ich. Einer von jenen Momenten, die sich in den Verstand, ins Herz, ins Auge brennen, die in einsamen Sehnsuchtsnächten und schwermutsschwangeren Stunden selbstreanimierend aus dem Untergrund auftauchen und mich verzehren. Nichtigkeit wecken aus dämmerndem Schlaf der Geduld. Der Geduld mir selbst gegenüber.

Es hätte einer dieser Momente werden können. Wärest du geblieben. Hättest du innegehalten, mich festgehalten, ich dich, nicht gehen gelassen, niemals gehen gelassen. Auch damals nicht, bevor alles zu spät wurde.

Es hätte einer dieser Momente werden können, die alle Träume begründen, die glimmen, glühen, verzehren, deren Schmerz unerreichbare Schönheiten annimmt.

Was ich meine? Welchen Tag? Welche Stunde? Es spielt keine Rolle. Es war nur eine Sekunde, ein Bruchteil eines Neins, der genügte, um Scherben zu gebären. Es hätte jede Stunde, jeder Tag sein können. Jeder Moment.

Vielleicht hättest du dein Haupt in meine Kissen, in meine Arme, in meine Seele gebettet, vielleicht dich in mir, mich in dir, uns im Jetzt gefunden, vielleicht den Moment dein Eigen, unser Eigen, stillen Reigen, nennen können. Vielleicht.

Vielleicht wären deine Lider darniedergestürzt, schmetterlingsflatternd, den Augenglanz hüllend, als dürfte ich nicht ahnen, was ich längst wußte, was mein suchender Mund dir aus jeder Pore saugte.

Vielleicht hättest du geflüstert, wortlos, tonlos, atemlos, und doch voller Klang, voller Regen. Ich hätte dem Rauschen gelauscht und gewußt, ohne zu wissen, gespürt, ohne das Verlorensein verloren zu haben, hätte mich fortspülen lassen von deinem Tränenfluß, von ungesagtem Nichtwort, irgendwohin, wo ich längst auf dich wartete.

Es hätte ein Moment werden können. Einer von jenen, die alles bedeuten.

Du begreifst nicht, erfaßt mich nicht, erinnerst dich deiner Gedanken, deines messerdünnen Neins, deiner längst belegten Hände, deiner fremdmundwarmen Lippen, flüchtig nur, als wäre alles ohne jegliche Bedeutung, ein Vorübergleiten durch das Heute mit mir als Randfigur ohne Namen.

Wie du mich ansiehst. Alles wäre ich allem Denken, allem Weltlichen entrückt, als breitete ich einen schillernden Teppich zu deinen nackten Füßen aus, dessen Geistesfäden traumgeknüpft einem fremden Übersein entsprangen.

Als hieße ich nicht länger ich, sondern Feind, Trugbild, Falschvergangenheit.

Keine Sorge, ich berühr dich nicht. Jeder Millimeter zwischen uns birgt Meilensteine unmenschlicher Überwindungen für mich. Ich halte mich fern, obgleich meine Worte anderes verkünden.

Es ist nicht wahr. Hab keine Angst. Ich halte still. Fliehe nur, ich werde nicht folgen.

Du vertraust mir. Noch immer. Nicht bis in die Ewigkeit meines Wahns, doch jetzt und hier. Ich atme. Du bleibst. Nicht lange mehr, ich weiß es. Doch jetzt und hier.

Der Moment zerbrach, weißt du. Bevor er begann. Bevor ich begann, ihn zu erfassen. Bevor die Farben in meinem Schädel ihn umfaßt, ergriffen hatten. Du brauchtest nur ein einziges Wort, um eine Welt zu tilgen, nur eine Silbe, um alle Farben verblassen zu lassen.

Warum ich trotzdem lächelte, willst du wissen. Warum ich trotzdem wartete, verblieb, Worte in den Äther warf und dich mit ihnen umgarnte? Warum ich nicht rannte, nicht weinte, nicht starb, willst du wissen.

Weil ich dich liebe. Weil du es weißt. Längst weißt.

Schau mich nicht so an. Schau nicht nach außen, schau in dich. Tiefer. Du weißt es. Dein trauriges Lächeln verrät dich.

Ich rannte nicht. Wohin auch? Es gibt keinen Ort der Welt für mich, der ohne mich ist, der dich in mir fehlen läßt. Für mich bedurfte es nur eines Lidschlags, und jeder Traum wäre wahr geworden, nur eines Zeichens, einer Berührung, um mich jede Flucht, jedes Augenmeer vergessen zu lassen.

Es hätte einer dieser Momente werden können. Er lag nahe, berührte bereits den rissigen Rand der Wirklichkeiten. Er lag nahe, doch ein einziger unbedachter Atemzug genügte, um ihn zu klirrendem Eis werden, das Eis in Milliarden Splitter bersten zu lassen.

Wann?, willst du wissen. Immer!, antworte ich, nun selbst traurig lächelnd. Wann?, wiederholst du und deutest auf die zwischen uns liegenden Vergangenheiten. Immer!, seufze ich und streichle ein Stück Gestern.

Deine Welt ist voll anderer Blicke, weißt du. Deine Augen glauben fremd zu sein, fremde Gestalten am Rande meines Kreisels. Es fällt ihnen schwer, mich zu finden.

Ich kann es verstehen. Ich lebe nur in meinem Kopf. Nur hier, wo der Moment geboren ward, der nie begann. Der Moment, der alles hätte werden können. Einer von jenen.

Geh nicht! Ich kenne deine Tränen. Jede einzelne. Verbirg sie nicht. Verbirg dich nicht.

Doch du eilst hinaus. Zitternde Hände bedeckten glimmende Augen. Deine nackten Füße finden blind ihren Weg durch die Scherben.

Es klirrt leise, als auch dieser Moment zerbricht. Doch deine Sinne flohen längst.

Ich atme aus.
Es hätte ein Moment werden können.
Einer von jenen.

[Im Hintergrund: VAST - "Visual Audio Sensory Theatre"]

Mittwoch, 4. Januar 2006

Amüsant

Opera als Browser zu nutzen, bietet viele Vorteile. Einer davon ist, daß man in die Adreßzeile auch ab und an Buchstaben wie a, e oder g schreiben kann. Setzt man nämlich dahinter ein Leerzeichen und hinter diesem einen Suchbegriff, so gelangt man zu zur Suchergebnisseite von amazon.de, ebay.de oder google.de, ohne die Worte amazon, ebay oder google überhaupt eingegeben zu haben. Das Ganze ist individuell erweiterbar und und erleichtert mir beispielsweise das Aufrufen von dict.leo.org oder wikipedia.

Doch ich schweife ab, wollte ich doch nur auf ein einziges Ereignis heraus, daß mich im wahrsten Sinne des Wortes amüsierte, doch eigentlich keine derart lange Einleitung nötig hat.

Soeben beschloß ich nämlich, das amazon,de-Angebot nach Werken der Band Muse zu durchsuchen. Ich zückte also meinen Browser [der laut Computerbild in Wirklichkeit ein "Internetverbindungsprogramm" ist] und gab meine Suchanfrage ein:

a muse

Als wäre es ein Befehl, amüsierte ich mich tatsächlich und beschloß, mir diese Zeile öfter einmal ins Bewußtsein zu rufen...

[Im Hintergrund: Muse - "Showbiz"]

Mittwoch, 21. Dezember 2005

Nichtraucher

Ich rauche nicht, rauchte noch nie. Ich zog in meinem gesamten Leben noch nie an einer Zigarette, werde wohl irgendwann sterben, ohne daß dergleichen geschehen sein wird. Ich freue mich schon darauf, die Gesichter meiner Kinder und Enkel zu sehen, wenn ich schon wieder mit der alten Leier anfange: "Ich habe noch nie..."

Dieses Verhalten konnte ich nur manchmal bedauern. Zum Beispiel in irgendeinem Traum, in dem ich dazu durchrang, doch zu rauchen und plötzlich verstand, warum das im Allgemeinen unter Jugendlichen als toll erachtet wird. Oder wenn ich mit unbefüllten Händen irgendwo herumstand und nicht wußte, was zu tun, was zu sagen sei. Eine Zigarette hilft weiter; an ihr kann man sich festklammern, sich hinter den Saug- und Blasvorgängen, hinter Qualm und aufgesetzter Lässigkeit verstecken. Mit einer Zigarette kann es gelingen, wildfremde Leute kennenzulernen, einfach nur, weil man um Feuer, um Rauchzeug oder um Unterhaltung in der Raucherecke bittet.

Doch ich rauche nicht. Mein diesbezügliches Bedürfnis ist minimal, fast Null. Und bisher erachtete ich das Dasein als Nichtraucher stets für die richtige Wahl. Nur ein einziges Ereignis in meinem Leben bescherte mir die ernsthaft gestellte Frage, ob ich nicht doch zu den Rauchern wechseln sollte.

Es war längst dunkel, längst nach Mitternacht. Meine Anwesenheit auf der Party war nicht länger vonnöten, und ich beschloß, nach Hause zu fahren. Schließlich hatte ich noch zwanzig Minuten Radfahrt vor mir, und wollte nicht unterwegs meiner Müdigkeit zum Opfer fallen.
Ich entkettete also mein Rad, schwang mich auf den Sattel und radelte in die Dunkelheit. Mein Dynamo war vor zahllosen Tagen abgefallen, lag irgendwo unbenutzt zu Hause, meine beiden Fahrradlampen als unnütz deklarierend.

Ich bemerkte die Stufe erst, als ich schon über den Lenker flog. Sie tauchte plötzlich aus dem Nachtschwarz auf. Mit rasender Geschwindigkeit steuerte ich darauf zu, unfähig, noch rechtzeitig zu bremsen, knallte mit dem Vorderrad dagegen, ruckelte die Kante hinauf, vernahm den Aufprall des Hinterrads auf die Stufe - und fand mich auf schmutzigem Beton wieder. Meine Knie und Ellenbogen waren aufgeschürft, bluteten leicht. Ich stand auf, humpelte. Doch es schien nichts gebrochen, nichts ernsthaft beschädigt zu sein.

Selbst mein Fahrrad hatte nur geringfügig Schaden genommen. Die Vorderlampe, ohnehin unbedeutend, war beim Aufprall zersplittert, hatte ihre Plastikstückchen in graudunkler Nacht verteilt. Wortlos, ohne Fluch auf den Lippen oder Tränen in den Augen, hob ich mein Rad auf und beschloß, es erst einmal ein wenig zu schieben, bis ich mich soweit wieder gefaßt haben würde, um meine restliche Heimreise radelnd vollziehen können.

Ich war keine Hundert Meter weit gehumpelt, als mir ein hübsches Mädchen entgegentrat, mich ansprach. Ich war dergleichen nicht gewohnt und insbesondere aufgrund meines zerschürften, lädierten Äußeren ein wenig verwundert, als sie Worte an mich richtete.

Sie stand vor einem Zigarettenautomaten und deutete darauf. Er sei kaputt, erklärte sie mir, mit Münzgeld klimpernd. Ob ich nicht wüßte, wo der nächste Automat zu finden wäre.

Ich dachte nach. Durch meinen Kopf wirbelten Bilder der Möglichkeiten. Wie leicht war es, ihr mitzuteilen, wo sich der nächste Automat befand, ihr eine mangelhafte Beschreibung zu geben, sich anzubieten, sie zu begleiten, mit ihr ins Gespräch zu kommen, sie kennenzulernen...

Ich rauche nicht. Zigarettenautomatenpositionen gehören nicht zu den Dingen, auf die ich zu achten pflege. Tatsächlich war der einzige Zigarettenautomat, der mir in den Sinn kam, derjenige, vor dem wir standen. Ich sah sie an und schüttelte mit dem Kopf. Nein, tut mir leid... Gern hätte ich mehr gesagt, doch jedes weitere Wort war entschwunden.

Ich sah ihr nach, wie sie sich schulterzuckend von mir entfernte. Sie wirkte nett, nein, mehr als nett. Es würde sich lohnen, sie kennenzulernen, dachte ich. Doch ich stand still, zu Bewegungslosigkeit, Wortlosigkeit, verdammt, krallte mich am Fahrradlenker fest.

Hätte, dröhnte es mir durch die Sinne, hätte ich geraucht, so wüßte ich, wo der nächste Automat stünde, hätte sie dorthin begleiten, mit ihr plaudern können. Hätte.

Für einen Augenblick fühlte ich mich gestraft. Von einer höheren Macht, von Gott, vom Leben, von jedem. Gestraft dafür, meine Leben lang Nichtraucher gewesen zu sein, mein Interesse nicht Zigarettenautomatenstandorten zugewandt zu haben. Das Nachteilige am Nichtraucherdasein kroch durch meine Sinne, verhöhnte mich, trieb mein gesamtes Sein und Wollen für einen Augenblick in die Lächerlichkeit.

Unwillig schwang ich mich aufs Rad, innere und äußere Schmerzen ignorierend, und radelte nach Hause.

Keine Prinzessin

Ich bin keine Prinzessin.

Diese Feststellung setzte sich neulich in meinem Schädel fest und beschloß, mich nicht mehr loszulassen. Glücklicherweise hatte ich mich aufgrund meines maskulinen Geschlechtes und somit ohnehin wenig prinzessinhaften Aussehens und aufgrund der mir nicht bekannten und daher vermutlich inexistenten genetischen Verbindungen zu höhergestellten Blaublutfamilien längst damit abgefunden, keine Prinzessin zu sein, und ersparte mir so Kummerberge und Tränenmeere zuhauf.

Trotzdem hämmerte sich die Erkenntnis fehlender Prinzessinnenhaftigkeit unlängst in mein Bewußtsein, als läge mir etwas daran, von großherzigen Mägden mein güldenes Haar täglich tausendfach gebürstet zu bekommen, in überhohen Türmen auf Rettung zu warten, mich an Spindeln zu stechen oder in vergiftete Äpfel zu beißen.

Ein Indiz für Prinzessinnenhaftigkeit [Gibt es dafür kein besseres Wort?] ist einem Märchen zufolge die Fähigkeit, schlafstörende Kleinstgegenstände auch unter unzähligen Matratzen entdecken zu können, ohne bewußt nach ihnen gesucht zu haben. Eine Erbse scheint gerade klein genug, um sie mit flauschig weißen Decken und Matratzen zu verhüllen und die potentielle Prinzessin auf ihnen zur Ruhe kommen zu lassen. Wälzt sie sich im Schlafe, traumlos, von Unbequemheit in stetig neue Schlafpositionen gedrängt, die ganze Nacht durchwachend und mit rotgeränderten Augen am nächsten Morgen um Kaffee oder ein anderes Bett bettelnd, so handelt es sich bei ihr um eine wahre Prinzessin [oder um jemanden, der auf zu vielen Matratzen wegen Überweichheit des Untergrunds keinen Schlaf zu finden vermag].
Es gibt wohl keine bessere Art, eine Prinzessin auszumachen, als diese Variante. Schließlich ist blaues Blut in Wirklichkeit rot.

Als ich unlängst erwachte und mich von meiner Schlafstelle erhob, vernahm ich ein leises Plastikklacken. Ich schlug die Bettdecke zurück und wurde mehrerer schwarzer Fineliner gewahr, die mit mir die Nacht verbracht hatten. Am Abend zuvor schien ich sie wohl gedankenverloren auf dem bett positioniert und anschließend vergessen zu haben. Doch ich schlief gut. Obgleich die Stifte zweifelsohne unter meinem Leib verweilten, bemerkte ich davon nichts und träumte süß.

Es bedurfte noch nicht einmal der Winzigkeit einer Erbse, geschweige denn unzähliger über ihr gestapelter Matratzen, um meine fehlende Prinzessinnenhaftigkeit aufzudecken. Eine Handvoll Fineliner war genug.

Ich entsinne mich, daß ich schon immer einen guten Schlaf mein eigen nennen konnte, einen Schlaf, der durch nichts zu stören war. Nicht nur, daß ich mich einst rühmte, überall, auch in Diskotheken oder auf dem Rücksitz laut brummender Autos, einschlafen zu können, nein auch im Schlafe selbst vermochte ich durch nichts gestört zu werden.

Nach dem Abitur betätigte ich mich für anderthalb Wochen als Ferienlagerbetreuer für 8- bis 14-Jährige Jungen. Da ich der einzige männliche Betreuer war, stand mir ein eigenes Zimmer zu, das ich nachts zu verschließen pflegte. Denn die Zimmertür zeigte in Richtung des nahen Waldes und war die erste am Orte, so daß potentielle Brandschatzräubermörder mich zwar zuerst aufsuchen würden, aber vor verschlossener Türe stehen und sich unverrichteter Dingen fluchenderweise zurückziehen würden.

Eigentlich weiß ich bis heute nicht, warum ich die Tür verschloß, doch ich tat es. Eines Nachts dann klopfte es wie wild an eben jene Tür. Einer meiner Achtjährigen hatte - wie auch immer - etwas ins Auge bekommen und suchte nun verzweifelt hilfreiche Hände, die ihm das störende Teilchen liebevoll aus dem Auge entfernen und somit ein junges Leben retten würden. Dreimal probierte er es, mit aller Intensität an meine Pforte zu hämmern, dann begab er sich zum Fenster und klopfte erneut viele Male. Erfolglos.

Letztendlich gab er auf und verschied suchte ein anderes Zimmer, eines, in dem die weiblichen Betreuer schliefen. Dort klopfend wurde ihm sogleich Hilfe zuteil, während ich noch immer in seligen Träumen verweilte.
Tatsächlich wurden mir diese Ereignisse erst am nächsten Morgen zugetragen, nicht ohne die unterschwellige Behauptung, ich hätte das hilfesuchende Klopfen bewußt und mit heimtückischer Absicht ignoriert.

Das hatte ich nicht. Ich war und bin nun mal keine Prinzessin, die bei jedem kleinen oder panischen Klopfen oder Erbschen aufschreckt. Mein Schlaf ist fester Natur, und es bedarf weit mehr als dieser Winzigkeiten, um mich zu erwecken. Eines Kusses beispielsweise. Allerdings nicht von einem Prinzen.

Dienstag, 20. Dezember 2005

Dreisilbig

Soeben dachte ich darüber nach, ob es eigentlich dreisilibige Zahlen gibt. Nein, keine dreistelligen, sondern tatsächlich dreisilbige.

Die Zahl Eins hat eine Silbe, wenn man sie ausspricht; Zwei, Drei, Vier, Fünf und Sechs ebenso. Die Sieben hat dagegen schon zwei. Acht bis Zwölf verfügen wiederum nur über eine Silbe. Danach gehts mit zweisilbigen Zahlen: Dreizehn, Vierzehn, Fünfzehn und so weiter. Bis Zwanzig.

Ab Einundzwanzig jedoch folgen keine dreisilibigen, sondern gleich viersilbige Zahlen. Dreißig, Vierzig, usw sind zwar zweisilbige, aber alles, was dazwischen liegt, besitzt vier Silben. Oder mehr. Siebenundvierzig beispielsweise.

Wo sind die Dreisilber hin?

Selbst die Hundert hat nur dann drei Silben, wenn man sie überkorrekt ausspricht: Einhundert..
Bleibt man bei der Überkorrektheit [Heißt das so?], gehen die folgenden Zahlen allerdings nicht als echte Dreisilber durch: Hunderteins, Hundertzwei, Hundertdrei usw heißen ja eigentlich Einhunderteins, Einhundertzwei, Einhundertdrei, ... oder noch pingeliger: Einhundertundeins, Einhundertundzwei, Einhundertunddrei...

Das überzeugte mich nicht. Es mußte doch Zahlen geben, die ohne jeden Zweifel dreisilbig sind!

Nach einer Weile dann würde ich endlich fündig:
Eintausend, Zweitausend ... bis Zwölftausend - alle diese Zahlen sind tatsächlich dreisilibig.

Ich atmete auf. Na bitte.

Mittwoch, 14. Dezember 2005

Plötzlich berühmt

Wenn ich nichts zu tun, die entsprechenden Geld- und Zeitreserven im Gepäck und ausreichend viele Verbindungen ["connections"] hätte, würde ich gerne etwas total Verrücktes tun, etwas, mit dem mein Antlitz plötzlich in allen verfügbaren Medien vertreten und mein Name bei google die Sucherergebnisllisten unzähliger Wörter anführen würde.

Das jedoch ist wahrlich nicht einfach. Irgendwo in den Vereinigten Staaten bastelt ein Mann 25.000 Glühbirnen zusammen, kombiniert sie mit weihnachtlicher Musik, die er mit einem UKW-Sender auf vorbeifahrende Autos strahlt, und sorgt mit seinem überfestlich beleuchteten, im Takt blinkenden Haus für mediale Begeisterung und abstrus hohe Downloadraten seiner Heim-Videos.

Das nachzumachen ist mir allerdings viel zu aufwendig, muß ich gestehen. Am einfachsten wäre es wohl, Unmengen von Geld zu besitzen und für einen Tag einen beliebten Radiosender zu kaufen. Dort würde ich dann Ende November zwei Tage lang nichts weiter spielen als Wham mit "Last Christmas" in Dauerrotation, immer wieder unterbrochen durch Sprüche wie "Ich liiiiiiiebe diesen Song!", "Der Weihnachtsklassiker schlechthin.", "Fröhliche Weihnachten. Hohoho!" oder "Es ist erstaunlich, daß ein Lied, das mit Weihnachten absolut nichts zu tun hat - wenn man davon absieht, daß der Herzensbruch ausgerechnet an diesem Datum erfolgte - jedes Jahr erneut rauf und runter gespielt wird." Vielleicht würde ich aber auch die Sprüche weglassen. Die stören schließlich die schöne Musik.
Nach ein paar Tagen würde ich dann den Radiosender wieder verkaufen und mir von dem Geld einen der Sender einheimsen, zu dem mittlerweile alle Radiohörenden geflüchtet sind. "Last Christmas" in Dauerrotation hielt ich an dieser Stelle für eine akzeptable Programmverschönerung.

Problematisch dabei ist nicht nur, daß die Leute mich nicht hassen werden, weil sie mich gar nicht kennen. Sie werden nur in den nächsten Jahren, wenn wieder einmal "Last Christmas" aus den Radioboxen dudelt, sich erinnern:
"Weißt du noch, als 2005 nichts anderes kam als Wham?"
"Ja, seitdem liiiiiiiiebe ich diesen Song."
Doch das Medium Radio hat den Nachteil, daß das eigene Gesicht nicht auftaucht. Und wie sollen mich die Leute auf der Straße ansprechen und nach Autogrammen oder Wham-CDs fragen [oder mit alten Autoradios auf mich werfen], wenn sie gar nicht wissen, wer ich bin?

Fernsehen bietet demnach mehr Möglichkeiten; allerdings nur Sendungen mit Millionenpublikum. "Wetten dass..." wäre eine gute Möglichkeit, sich selbst berühmt und unvergeßlich zu machen, Leider sind Herrn Gottschalks Gäste oft bereits bekannt genug, um sich zum einen bei ihm anbiedern zu müssen, weil ja das eigene Image nicht beschädigt werden darf, und um zum andern darauf verzichten zu können, mit irgendwelchen Albernheiten Millionen Blicke auf sich zu ziehen [was nicht heißt, daß sie nicht trotzdem sinnlosen Albrnheiten vor der Kamera frönen würden].

Trotzdem wäre es nett, wäre ich beispielsweise als Gast eingeladen, die Antwort auf jede aus Herrn Gottschalks unaufhörlich plapperndem Mund entrinnende Frage mit den Worten einzuleiten: "Ich verachte ihre Sendung zwar, aber...". Allerdings haftet dieser Aktion etwas Weltverbesserndes an, eine Maßnahme gegen die medialen Selbstbeweihräucherungslobhudeleien oder so. Besser wäre etwas absolut Dummes, Nutzloses.

Beispielsweise könnte ich mich mit einer Wette in die Sendung einschleichen, daß ich imstande sei, die oben liegenden, zufällig erwürfelten Augenzahlen von zehn Würfeln ohne Tasten oder Raten und mit verbundenen Augen zu erkennen. Im Augenblick des Wettbeginns würde ein guter Freund im Publikum einen epileptischen Anfall vortäuschen, Herrn Gottschaltk und einen Teil des Publikums ablenken, während ich, ohne auf die zahlreichen, auf mich gerichteten Kameras zu achten, mit absolut übertriebener Unauffälligkeit [unschuldiges Pfeifen ist dabei nicht unwichtig] entweder die blickdichte Brille abnehme und mir die Augenzahlen merke oder einfach präparierte Würfel mit mir bekannten Augenzahlen aus meiner Tasche ziehe und die anderen in selbiger verschwinden lasse.
Wenn dann jemand empört "Der betrügt ja!" schreit, werde ich bis zuletzt alles abstreiten und eloquent mit einem "Neeeeiiiin, ihr seid alle doof." kontern.

Ich gebe zu, der Plan muß noch einmal überarrbeitet werden, ist noch nicht extrem genug. Aber ein guter Ansatz, denke ich.

Ein Millionenpublikum ist schwer zu erreichen. Denn entweder muß man in irgendetwas überirdisch gut sein oder etwas Überdämliches machen, beispielsweise vor laufender Kamera seinen Schniedelwutz mit Benzin übergießen und anzünden. Oder man braucht irgendwelche Deppen, die einen hochpushen, obgleich man selbst nichts vermag. Ich weiß nicht, ob ich in irgendetwas überirdisch gut bin, bezweifle es aber. Mich mit brachialer Dummheit zu befassen, mag ich allerdings auch nicht, insbesondere, wenn es schmerzt. Und leider gibt es auch schon viel zu viele hochgepushte Nichtskönner in den Medien, sp daß ich, würde ich ähnlich an die Oberfläche medialer Aufmerksamkeit gelangen, gar nicht auffiele, sondern nur einer von unzähligen Tokio Hotels wäre.

Es ist nicht einfach, plötzlich berühmt zu werden, stelle ich fest. Und irgendwie will ich es auch nicht mehr.

[Im Hintergrund: Graveworm - "Fear Of The Dark"]

Dienstag, 13. Dezember 2005

Das Fenster

Ich weiß, es ist nur in meinem Kopf. Und doch sehe ich dich, wenn ich aufblicke, drei Etagen über mir, am Fenster stehen, verbotenerweise rauchen und mir zuwinken, als wüßtest du, daß ich in wenigen Schritten neben dir verweilen, das Dasein aus deiner Perspektive betrachten, die Worte aus deinem Munde aufnehmen und mit einem Lächeln, einem Kuß, beantworten würde.

Das Gebäude wirkt leer ohne dich, alt und verlassen, ein wartendes Wesen, das nur noch Hülle ist. Wenn ich innehalte, um in die Vergangenheit hinaufzublicken, wispert es wehmütig dein Fehlen in mein Ohr, als träumte es - wie ich - von deiner Rückkehr, als habe es nur für dich existiert. Das befensterte Gemäuer ergibt keinen Sinn ohne dich. In meinem Schädel fehlen die Wirklichkeiten, die notwendig wären, sich das Gebäude, sich dieses Fenster ohne dich, winkend, lachend, vorzustellen.

Immer wenn ich hier vorbeigehe, bleibe ich stehen und denke an dich. Manchmal glaube ich eine Bewegung wahrgenommen zu haben, einen Schatten, der deiner Silhouette gleicht, fast so, als wärest du nicht längst diesem Gebäude und der mit ihm verbundenen Kleinwelt entkommen, als wärest du nicht in ein anderes Leben entwichen, irgendwohin, wo du erlaubterweise an eigenem Fenster stehen und rauchend auf die in der Tiefe Vorbeigehenden blicken kannst.
Doch unter ihnen, vielleicht spürst du es, fehle ich.

[Im Hintergrund: Swallow The Sun - "The Morning Never Came"]

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