Wortwelten
Heute hatte ich Grund, mich über mehrere meiner Eigenarten zu wundern und sie mitleidig-geringschätzend-erstaunt zu belächeln. Und obwohl ich eigentlich lernaktiv in der Universitätsbibliothek saß, schweiften meine Gedanken immer wieder hinüber zu den Dingen, die ich für befremdlich und gleichzeitig normal halte, die deswegen einer Niederschrift durchaus würdig sind, aber vermutlich nur einen Auszug aus der Gesamtheit ihrer selbst darstellen:
- Wenn ich schlechte Laune habe - und das geschah beispielsweise am heutigen Vormittag -, ärgere ich mich darüber. Soweit nichts Ungewöhnliches.
Doch wird mir mein Ärger bewußt, steigert sich meine ohnehin schlechte Laune noch. Ein Teufelskreis.
- Ich kann mich selbst verarschen. Das klappt sogar, wenn ich es bewußt darauf anlege: Bei schlechter Laune hilft Essen. Danach geht es mir besser. Immer. Egal, ob ich beabsichtige, meine Laune zu verbessern oder nicht.
- An verschiedenen öffentlichen Orten besuche ich immer dieselbe Toilettenkabine [Pissoirs meide ich stets]. Es fällt mir leicht, aus dem Gedächnis aufzuzählen, wo ich mich wohin wenden werde, sobald ich das dringende Bedürfnis habe, Stoffwechselendprodukte abzugeben:
» "100Wasser" in Halle: die linke Kabine
» Cinemaxx Halle: die erste Kabine auf der rechten Seite
» Universitätsbiblitothek Magdeburg: die dritte Kabine
» ehemalige Unibibo Magdeburg: die erste von rechts
» Gebäude 16, Campus, MD: ganz links
» Allee-Center MD: erste von links
» ...
- In der Universitätsbibliothek Magdeburg stellte ich heute mal wieder fest, daß ich auf Zahlen versteift bin. Ich belege, obwohl es sich um einen vergleichsweise kleinen Spind handelt, immer den mit der Nummer 23.
Ist er besetzt, kehre ich zuweilen durchaus unverrichteter Dinge wieder heim. Oder ich suche - wie heute - verzweifelt einen Ersatz, irre durch die Gänge, bis mir eine freie Spindnummer behagt.
Heute erwählte ich die 55. Eine schöne Zahl.
[Erstaunlicherweise ist das die Nummer des Spinds, den ich in der Magdeburger Stadtbibliothek bevorzuge.]
- Sehe ich einer schönen Frau in die Augen und schaut sie zurück, versuche ich natürlich, den Blick nicht zu senken oder abzuwenden. Statt dessen verkrampfe ich meine Zehen, rolle sie im Schuh zusammen.
Das befriedigt meine Zurückhaltung/Schüchternheit, doch bleibt glücklicherweise unbemerkt.
- Wenn ich ein gutes Lied [über Kopfhörer, aber auch auf "normalem" Wege] vernehme, kann ich mich oft nicht beherrschen und muß mitsingen, mich mitbewegen, egal wie lächerlich das klingt oder aussieht.
- Ich hasse Tabletten. Wenn ich Kopfschmerzen bekomme, zwänge ich mir lieber literweise Wasser rein [Trinken hilft tatsächlich.] und gehe zeitiger zu Bett oder ertrage das nervige pochen im Schädel, als mir eine Kopfschmerztablette zu erlauben.
[... wird evtl fortgesetzt ...]
morast - 27. Jul, 20:16 - Rubrik:
Wortwelten
Ich würde gerne schreiben. Oder zeichnen.
Ich fühle es, fühle es in mir. Ich muß schreiben. Mir fällt nichts ein. Ich muß zeichnnen. Alles, was das Papier hergibt, ist Altbekanntes, seelenloses Hingekritzel.
Gut, dann doch Wörter. Ich könnte die eine Kurzgeschichte zu Ende schreiben. "Donnerstag" heißt sie. Ihr fehlen nur noch zwei Kaptitel. Oder die vom Herrn Konjunktiv. Sie besteht bisher nur aus einem einzigen Kapitel. Dieses ist aber ziemlich gelungen. Oder jene Sci-Fi-Fantasy-Geschichte, für die ich bisher nur drei Vorworte und eine riesige, überdimensionale, in Stichpunkten zusammengetragene Vor-Handlung verfaßte. Oder die von dem Jungen, der mit seinem dreizehnten Geburtstag eine besondere Gabe geschenkt bekommt, die sowohl Fluch als auch Segen darstellt. Oder ich beende eine der anderen, unzähligen Geschichtchen, die ich begann und dann liegenließ.
Doch ich kann nicht. Will nicht.
Schleßlich muß ich studieren. Ich müßte lernen, an meiner Studienarbeit schreiben, müßte mich kümmern, bemühen, nicht sinnlos Wörter aneinanderreihen, sondern mich auseinandersetzen, mich befassen, das Leben wichtig nehmen.
Vielleicht ist es das: Mein Dasein ist mir nicht wichtig genug. Ich lasse mich in ihm treiben und weiß, daß ich irgendwo ankommen werde. Es ist nicht schwer, zufrieden zu sein mit dem, was man hat. Das stellte ich längst fest.
Vermutlich köntne ich sogar meine Studienarbeit weiterschreiben. Ich fühle es. Doch mir fehlt der Stoff, die Information, der Input. Und wenn ich mich an meine unzähligen, ergebnislosen Versuche in der Vergangenheit erinnere, das Benötigte zu beschaffen, verzweifle ich, halte inne, verharre im Moment - und lasse mich treiben.
Einen Tritt in den Hintern, das ist es, was ich brauche. Irgendwer, vermutlich ich selbst, muß mir ins Ohr schreien:
"Los, du Kasper! Willst du ewig auf derselben Stelle stehenbleiben, während um dich herum alles fließt, alles weitergeht? Willst du ewig der Nichtigkeit frönen, wo doch die Zukunft so nahe liegt? Willst du wirklich dir selbst zusehen, wie du Tag für Tag lebst, als wäre es unbedeutend, ob "heute" heute, morgen oder gestern darstellt? Willst du wirklich nichts sein?"
Ich möchte schreiben, möchte zeichnen, möchte kreativ sein. Doch das Wissen, der Durck, etwas anderes machen zu müssen, etwas vermeintlich Sinnvolles, Nützliches, etwas, das mich weiterbringen, vorantreiben soll, lähmt mich, mein Denken.
"Du kannst auch danach noch kreativ sein." Haha. Es gibt kein "danach". Gab es nie. Zum einen, weil immer neue dringende Dinge darauf warten, endlich erledigt zu werden. Zum anderen, weil die wirren Gedanken, das kribbelnde Gefühl des Könnens, der Möglichkeiten, nicht planbar, nicht in eienn Terminkalender einsortierbar ist, weil es mich überfällt, mich unterbricht, sich an mich schmiegen und im nächsten Moment für endlose Tage verlassen kann.
Ich besitze keinen Terminkalender.
Das ist falsch. Ich besitze mehrere Terminkalender. Doch ich nutze keinen. Früher dachte ich, daß jeder Termin, den ich mir nicht merken kann, nicht wichtig genug wäre. Das ist natürlich albern. Stumpfsinn, sozusagen. Nun schreibe ich mir Zettel, verteile sie möglichst sichtbar in meinem unaufgeräumten Zimmer, oder kreiere kleine Textdateien auf dem Desktop, die mich erinnern, falls etwas wirklich wichtig ist.
Doch erstaunlich wenige Dinge sind tatsächlich wirklich wichtig, Das meiste läßt sich verschieben, ignorieren, zumindest vorübergehend. Abwarten und Tee trinken. Oder ein Brötchen essen. Mit Nuß-Nougat-Creme. Das werde ich jetzt tun.
Vielleicht bin ich ja dann bereit, mich dem eigentlich Bedeutsamen, dem ewig Drängenden, Unerreichbaren zu widmen.
Ich bin guter Dinge.
morast - 27. Jul, 12:40 - Rubrik:
Wortwelten
Im Kaufland kann man die verschiedensten Brotsorten erwerben.
Die Firma PEMA allein bietet ein umfangreiches Sortiment an, das in einem entsprechenden Regal ordentlich nebeneinander angeordnet wird:
Reis-Brot, Dinkel-Brot, Roggen-Brot, Barbara-Rütting-Brot, ...
Bitte was? Ja, richtig gelesen: Barbara-Rütting-Brot.
Wenn also in Reis-Brot Reis, in Dinkel-Brot Dinkel und in Roggen-Brot Roggen enthalten ist, will ich nicht wissen, welche Zutat Barbara-Rütting-Brot so außergewöhnlich macht.
morast - 23. Jul, 18:29 - Rubrik:
Wortwelten
O ja, liebes Fernsehen, genau das brauche ich!
Ich besitze keinen Fernseher, schlauche mich diesbezüglich immer wieder gerne bei meinen Mitbewohnerinnen durch, für die ich im Gegenzug Hausarbeiten ausdrucke und technische Probleme behebe. Doch darum geht es nicht.
Warum dann? Ganz klar: Es geht um "Pimp My Ride", um "West Coast Customs", um "Pimp My Fahrrad", "ElbCoastPsycles", um Fahrradrocker und Sommertrends.
Ich fang am besten von vorne an.
Mittlerweile dürfte MTV Deutschland die aus den Vereinigten Staaten importierte, notdürftig mit deutschen Untertexten versehene Sendung so oft wiederholt haben, daß ich mit keinem Wort mehr erwähnen muß, was "Pimp My Ride" ist und was die eloquente, überbelichtete Raplegende Xzibit in dieser Sendung treibt:
Vermeintliche Schrottkisten US-amerikanischer Jugendlicher, die wegen ihrer qualitativ minderwertigen Autos von Freunden und Fremden geächtet werden und in ihrem jämmerlichen Dasein keinen Sinn mehr sehen, werden durch die WestCoastCustoms-Beautycar-Therapie mittels Pappmaché, Lackfarbe und überdimensionalen Flachbildschirmen in glitzernde Pornoprollmobile verwandelt - selbstverständlich, ohne die schwächliche Motorleistung des batteriefressenden Zuhältervehikels auch nur ansatzweise zu verbessern - und führen die vorher Automobilwrackgeplagten dadurch in ein besseres Leben voller Freunde, Liebe und Sonnenschein.
Die Idee schien den deutschen MTV-Machern so genial, daß es nichts Wichtigeres gab, als einen billig-schlechten deutschen Abklatsch zu erschaffen, der zugleich eine innovatives Trendimage verkörpert, mit dem wiederum irgendeine überdimensionale Geldmaschinerie in Gang gesetzt werden konnte:
"Pimp My Fahrrad" - ein selbstironischer Pseudotitel, der dem letzten Dummbatzen den Spagat zwischen den unübersehbaren Parallelen zum amerikanischen Vorbild und der Illusion, etwas völlig Eigenes, Neues, Deutsches geschaffen zu haben, in den fernsehtumben Hohlschädel stopft.
Anstelle von Xzibit gibt es nun Oliver Korittke, einen jugendlich-hippen Schauspieler, dessen "roots" ihn natürlich zu den achsotollen Zweiradcruisern führen, bei denen es sich allerdings nicht - wie zu erwarten war - um abgehalfterte Baumarktfahrräder aus dritter oder vierter Hand dreht, die schon originalverpackt wegwerftauglich gewesen waren, sondern um übergeile, antik-moderne Markenraritäten aus den siebziger Jahren, mit denen sich die heutige Jugend allerdings kaum oder gar nicht mehr identifizieren kann, liegen doch die Ursprünge dieser Trendfahrräder nicht nur in ferner Vergangenheit, sondern beschränken sich auch nur auf jahrzehntelang marktwirtschaftlich geprägte Teile Deutschlands.
Doch dagegen kann man etwas tun. Irgendwie müssen die Kinder ja vor den Fernseher [und in die Geschäfte] gelockt werden. Das gelingt nicht mit einer - sicherlich durchaus nützlichen, aber reichlich unspannenden - "Wir-Reparieren-Dir-Dein-Klappriges-Standard-Billigrad"-Sendung, sondern natürlich nur mit Dingen, die in den Augen kaufbereiter Zuschauer als "in" angesehen werden.
Also kreiert man einen Trend.
Plötzlich mutieren Cruiser, Stretchcruiser und Chopper vom lächerlichen Mackerfahrrad verwöhnter Diplomatenkinder mit Aufmerksamkeitsdefiziten zum ultimativen, angesehenen Optimaltrend. Die Superfahrräder geistern durch die Medien, sammeln sich in Jugendzeitschriften, in niveaufernen Fernsehmagazinen, avancieren zu Testobjekten für die abgefahrenste [You get it?] Fortbewegungsart des Jahres, gelten als innovativ und begehrenswert.
Mit diesem Cruiser oder Chopper unter dem eigenen sofaverwöhnten Schwabbelhintern verwandelt man sich vom kartoffelchipabsorbierenden TV-Belagerer zum umweltbewußen Straßenrocker, zum beneideteten Blickfang, zum Zielobjekt für alle willigen Girlies und paarungsbereiten Boys, zum besten Freund für jedes Erdenwesen.
Denn jeder einzelne von uns kann anders, eigen, individuell, sein, kann seiner Kreativität, seiner Besonderheit, Ausdruck verleihen. Mit diesen Fahrradimitaten kann wirklich jeder langweilige Normalospießer, jeder modeblinde Nichtsblicker, als kraß-genialer Trendsurfer, als heißer Oberchecker, durchgehen.
Fahrradfahren ist nicht länger von Skatern und Inlinern müde belächelter Omasport, sondern ein Trend, auch abseits von Armstrong & Co. Farradfahren heißt auch nicht länger so, sondern "cruisen".
Das klingt smooth und amerikanisch, lässig, aber auch noch immer nach Aufmerksamkeitsmittelpunkt, nach Trend.
Grund genug also, jede zweite Fernsehsendung mit diesen Rädern vollzustopfen, sie zu bewerben, gutzuheißen, zu empfehlen.
Grund genug also, das Vorjahresfahrrad dem Schrotthändler zu vermachen und in den nächsten Zweiradladen zu rennen.
Grund genug also, sich gleichzeitig alternativ-independend-trashy und ultimativ-maintream-trendy fühlen zu wollen.
Grund genug also, um Mami und Papi um ein zusätzliches Taschengeld anzubetteln.
Es dient schließlich einem guten Zweck: No more sinnlose TV-Glotzerei. Es lebe das City-Cruisen.
Mami und Papi werden allerdings staunen ob der wenig einladenden Kosten, die ein solcher Cruiser, ein solcher Chopper, verursacht - vergessen jedoch, daß der zusätzliche Bullshit-Schnickschnack, mit dem man sein Bike noch indiviueller, noch einmaliger, noch genialer, aussehen lassen kann, in der preisintensiven Investition noch nicht inbegriffen ist:
500 Euro für ein Fahrrad, dem maximal Dreigangschaltung innewohnt, für ein Fahrrad, bei dem Farbe und überflüssige, mit Minimalmalaufwand entwendbare Würfelventilkappen höhere Priorität als für den normalen Straßenverkehr vorteilhafte Technik besitzen, für ein Fahrrad, das alt, "used", abgewrackt und billig aussieht, aber doch neu und überteuert in den Spezialläden herumsteht, für ein Fahrrad, mit dem man gerade mal nur so durch die Gegend "cruisen", lässig den Sommerwind genießen, keineswegs aber Spitzengeschwindigkeiten oder optimalen Dauerfahrkomfort erwarten kann, für ein Fahrrad, das einfach nur "aussieht", aber trotz allem nichts "ist"...
Ich besitze keinen Fernseher, doch werde trotzdem belästigt: Mit hochgepuschten "Trends", mit einer zunehmenden Anzahl an Oberflächlichkeiten, deren hintergründige Bedeutung inexistent ist, aber durch werbestrategisches optimiertes Buntweltgeseirte verschleiert wird, mit der Darbietung preisintensiver Nonsens-Selbstfindungsmöglichkeiten, mit dem kommerzialisierten Ausverkauf der eigenen Individualität - beschränkt auf mit Markennamen beklebte, leicht durchschaubare Trugbilder.
Laßt euch durch Medienpropaganda in Trendrichtungen zwängen!
Begeistert euch nur für Dinge, die offiziell als begeisternswert deklariert wurden!
Frönt dem marktwirtschaftlich-korrektem Konsum!
Kauft euch euer Leben!
morast - 23. Jul, 13:15 - Rubrik:
Wortwelten
Als ich erwache, regnet es.
Mich stört der Regen nicht.
Mich stört das Erwachen.
morast - 21. Jul, 09:12 - Rubrik:
Wortwelten
Als nicht unbedingt produktiv erachte ich es, innerhalb von ohnehin wenig realitätsbezogenen Filmen unlogische Einzelheiten zu entdecken, die beim ersten Betrachten gar nicht auffallen.
In dem 1989er Streifen "Otto - Der Außerfriesische" versucht Otto seinen Bruder Benno in Amerika zu finden, weil nur mit dessen Hilfe der Leuchtturm/Ostfriesland/wasauchimemr gerettet werden kann. Auf den Straßen New Yorks[?] findet Otto ein Bündel Geldscheine.
Erfreut hebt er es auf, betrachtet es, sagt "Toll. So einen Gummi kann ich gut gebrauchen.", behält den Gummi und wirft das Geld wieder weg. Lustig.
Mir jedoch kamen Zweifel an der Wirklichkeitsnähe dieser Situation. Nicht, weil er das Geld wegwirft, sondern weil ich nicht glaube, daß irgendwer - auch im fernen Amerika, wo ja bekanntlich alles möglich ist - Geldscheine mit einem Gummiband bündelt.
Wer genug Geldscheine zum Bündeln hat, wird sich doch ein Portemonaie oder zumindest eine Geldklammer leisten können. Ich gebe zu, daß mit dieser Investition das Geldbündel anschließend umfangsreduziert wäre und womöglich keinen Gummi [oder dessen ästhetischeres Äuivalent] mehr bräuchte.
Trotzdem wage ich zu behaupten, daß ein gewöhnlicher Haushaltsgummi bei Geldbündelbesitzern nicht unbedingt hoch angesehen ist und auch auf fremde, neidvolle Geldbündelbetrachter wenig Eindruck macht.
morast - 20. Jul, 11:29 - Rubrik:
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Es bedarf nicht vieler Dinge, um kreativ zu sein.
Gestern Abend lag ich bereits im Bett, bereit, mich einem erholsamen Schlaf hinzugeben, als mir Zeilen einfielen, die vielleicht ein lyrisches Werk werden könnten. Kaum war ich aufgestanden, um sie niederzuschreiben, drohten sie bereits zu entweichen. Ich eilte, krakelte auf einen alten Notizblock, in der Hoffnung am nächsten Tag noch lesen zu können, was ich verfaßte, legte mich wieder hin.
Und wieder: Einige Wörte schwirrten durch meinen Schädel, klangen gut, wollten mehr werden, wollten wachsen. Doch ich war zu müde, um mich konzentrieren, schon zu fern, um noch Gegenwärtiges thematisieren, ausformuliern zu können. Trotzdem stand ich auf, erneut, schrieb nieder, was mich beschäftigte, was mir keine Ruhe ließ, nahm den Notizblock mit ans Bett - und schlief endgültig ein.
Nun bin ich wach, abgelenkt durch Tausend Kleinigkeiten, Wirklichkeiten, die Ideen aus meinem Kopf saugen, Einfälle vernichten. Ich konzentriere mich zu sehr auf das Jetzt, beschäftige mich zu sehr mit dem, was ist, um für einen Moment loszulassen udn meinem Inneren zu lauschen.
Ich hörte oder las von einem Künstler, der nichts weiter in seinem Arbeitsraum zu stehen hatte als einen Stuhl und sein Künstlerutensiliar, lächelte über diese Eigenheit, doch zögere jetzt. Vielleicht findet er dort, was er sucht: sich selbst.
Zwei Orte kenne ich noch, an denen Stille herrscht, an denen die Welt für wenige Augenblicke schweigt, an denen die Funken meiner Gedanken sich zu Silben, zu Wörtern, zu Bildern formen können: die Toilette und die Dusche.
Die Abgeschiedenheit vom Jetzt wird mir gut tun. Ich denke, ich gehe jetzt duschen.
morast - 20. Jul, 10:54 - Rubrik:
Wortwelten
Wenn ich mich an ihn erinnere, so empfinde ich ihn als angenehmen, ja schönen Abend. Warum verwundert, ja erschreckt, es mich dann, daß ich auf allen Fotos lache...?
morast - 18. Jul, 19:02 - Rubrik:
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Meine Mitbewohnerin zieht aus. In wenigen Tagen ist es soweit. Sie trauert ein wenig, doch freut sich zugleich auf ihren Auslandsaufenthalt.
Demenstprechend schwankt ihre Stimmung immer wieder hin und her. Vorhin hat sie mich, während ich Wäsche aufing, einfach so umarmt. Weil sie ja bald weg sei.
Ich selbst bin nicht traurig. Nicht, weil ich ein kaltherziger, emotionsloser Mensch wäre, nicht, weil ich mich über ihren Auszug freue, nicht, weil ich sie nicht leiden kann.
Nein, ich neige nur nicht dazu, vorher zu trauern. Ich weiß, daß ich ihr Fehlen früh genug bemerken, bedauern werde, weiß, daß es genug Momente geben wird, in denen ich wünschte, sie verweilte noch immer im Zimmer nebenan.
Präventives Grämen.
So nannte ich es, was sie, meine Mitbewohnerin momentan zuweilen betreibt, erfreute mich heimlich am Klang der beiden Äs.
Ich denke nicht an morgen. Dafür ist morgen noch genug Zeit. Auch für Trauer.
morast - 18. Jul, 00:29 - Rubrik:
Wortwelten
Vielleicht sprach es für unbewußten Selbstschutz, vielleicht einfach nur für ein gereiftes, gesundes Eigenzufriedenheit, möglicherweise aber auch für nahezu narzißtische Egozentrik, daß ich gestern Nacht innerhalb einer Diskothek feststellte, daß nicht ich zu alt für diese Lokalität war, sondern die anderen viel zu jung...
morast - 16. Jul, 12:44 - Rubrik:
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