Wortwelten
Es ist lange her, seit ich das letzte Mal an sie dachte.
Gern würde ich darüber berichten, wie ich sie kennenlernte. Doch ich lernte sie nie kennen. Und sie mich erst recht nicht.
Wenn ich sie sah, blieb ich stehen, schaute ihr nach, träumte sie heimlich in meine Nähe. Wenn sie an mir vorüberging, lächelte ich, doch nicht zu ihr, nur in mich hinein, tauchte für einen Augenblick in ihren Duft.
Sie war bezaubernd, wunderschön. Das wußte nicht nur ich. Sie bildete den steten Mittelpunkt, die Attraktion jedes Raumes. Ihr Haar leuchtete wie Sonnenschein, und wenn sie lachte, hielt ein jeder den Atem an, um daran Anteil nehmen zu können.
Ihre Ferne, mein Schweigen, zerriß mir bei jeder Begegnung die Brust. Sie sah mich nicht, sah mich nicht an, obgleich ich ihre Augen suchte, obgleich ich in solchen Momenten nur für sie zu existieren glaubte.
Ich kannte keinen Namen, den ich nachts sehnsüchtig mit den Fingern auf mein Kopfkissen schreiben, den ich in trüben Momenten leuchtend vor mich halten konnte, nur ihr Bild, ihre Augen, ihr Lächeln, ihr Haar.
In meinem Kopf entdeckte ich Möglichkeiten, Welten, in denen ich ihr begegnete, Grund hatte, sie anzusprechen, ihren Blick auf mich zu ziehen, mit freudigem Funkeln zu füllen, erfand Begebenheiten, die ihr mich zeigten, die sie begreifen machten, was ich war, wer ich war, was ich fühlte.
Eines Tages rief jemand ihren Namen.
Manja.
Wie Morgentau perlte er durch meine Sinne, erfrischte, liebkoste mich. Ich lächelte, als wäre ein Traum wahr geworden, als wäre sie erwacht und hätte mich gefunden, meiner Stille entrissen.
Ich hörte ihren Namen und verbarg ihn tief in meinem Inneren.
Näher kam ich ihr nie.
morast - 16. Aug, 12:20 - Rubrik:
Wortwelten
In den Jahren meiner Grundschule gehörte ich zu den sogenannten Hortkindern, blieb also, nachdem Schulstunden und Mittagessen vorbei waren unter Aufsicht irgendwelcher Erzieher auf dem Schulgelände, um dort herumzutoben und mit meinen Freunden allerhand Unsinn anzustellen.
Ich erinnere mich an eine Begebenheit aus der zweiten Klasse, die mich noch heute angenehm berührt:
Es begann im Sandkasten, dort, wo die beiden Klettergerüste standen, auf denen wir herumzutollen pflegten.
"Wer traut sich, von ganz oben herunterzuspringen?"
"Ich!", rief ich, kletterte hinauf und sprang ohne Zögern von der höchsten Stelle des Klettergerüsts in den weichen Sand.
Eines Tages spielte ich in selbigem Sand, wühlte, grub, baggerte, schaufelte, baute Burgen, formte Straßen, war in meine kleine Sandwelt vertieft. Doch dann sah ich das Glitzern. Sekundebruchteile später hatte ich es vom Sand befreit, ausgegraben, hielt stolz eine silbern glänzende Münze in der Hand: Eine Mark!
So viel Geld! Was man damit alles machen konnte. Beglückt schloß ich die Augen und träumte vor mich hin.
16 Uhr durfte ich vom Hort nach Hause gehen; schließlich war ich ein Schlüsselkind und durfte schon - trotz Abwesenheit meiner Eltern - die heimische Wohnung mit eigenem Schlüssel aufschließen und betreten.
"Verlier deinen Schlüssel nicht!", hatte mein Vati mich oft ermahnt - doch es hatte nichts genützt, war ich doch ein geborener Schlüsselverlierer.
Diesmal jedoch hatte ich keinen Schlüssel verloren, nein, ich hatte sogar etwas gefunden. Stolz und voller Vorfreude eilte ich nach Hause, warf meinen Schulranzen in die Ecke, kramte die Mark aus der Hosentasche hervor und flitzte die Treppen hinunter in die Kaufhalle, die sich direkt vor unserem Eingang befand.
Mit großen Augen sah ich mich um. Die Auswahl war enorm, riesig. Es würde schwer werden, mich zu entscheiden. Minutenlang stöberte ich durch die Regale, hielt ständig inne, weil ich neue Produkte entdeckte, die mich faszinierten. Beim Gebäck blieb ich stehen. Ein Brötchen vielleicht? Oder Süßigkeiten? Schokolade wäre eine gute Idee.
Doch das war nicht, was ich wollte. Der Sinn stand mir nach anderem.
Mittlerweile war ich zu den Getränken gelangt. Begeistert musterte ich die verschiedenen Sorten Brause. Und dann entdeckte ich die Cola. Das war es! Die sollte es sein!
Ich kann mich heute nicht mehr an die Sorte erinnern, ob es tatsächlich eine Flasche Vita Cola war, die ich ergriff und zur Kasse beförderte. Doch ich weiß, daß Cola für mich etwas Besonderes darstellte, etwas Ungewöhnliches, das ich normalerweise nicht zu trinken pflegte, das meine Eltern nicht kauften. Gut, ich vermißte es nicht, Cola zu trinken, gab es doch genügend schmackhafte Alternativen.
Doch heute war ein besonderer Tag. Heute würde ich Cola trinken. Eine ganze Flasche. Allein.
95 Pfennige sollte das Wundergetränk kosten, verschlang also einen Großteil meiner Finanzen. Das konnte ich akzeptieren.
Mit strahlendem Gesicht und 0,7 Litern Cola im Arm stolzierte ich aus der Kaufhalle hinaus, plazierte mich auf den Stufen meines Hauseingangs. Behutsam öffnete ich den Schraubverschluß. Wie wundervoll es zischte.
Das schwarze Getränk im Inneren des Glasgefäßes schäumte kurz auf. Dann setzte ich die Flasche an die Lippen. Ich hatte Durst; die ersten Schlucke waren wunderbar, köstlich, erfrischend.
"Ahhhh...", gab ich von mir und spürte die Kohlensäure in meiner Kehle prickeln.
Ich setzte ab, schaute mich um.
"Seht mich an.", wollte ich rufen, "Ich trinke aus meiner eigenen Cola-Flasche."
Die Leute gingen uninteressiert vorbei, während ich Schluck für Schluck des süßen Sprudelwassers in mich hineinschüttete.
Allmählich verlor ich den Geschmack. Das Getränk war warm, und siebenhundert Milliliter waren eindeutig zuviel für mich.
Doch ich blieb tapfer, gab nicht auf, bis ich die Flasche vollständig geleert, mir jeden einzelnen Tropfen Cola einverleibt hatte.
Zufrieden stand ich auf, die leere Colaflasche in der leeren Hand haltend. Fünf Pfennig hatte ich noch. Und in meiner Hand befand ich Pfand im Wert von dreißig Pfennigen.
Ein zweites Mal lief ich in die Kaufhalle, brachte die Flasche zurück. 'Was kann man mit 35 Pfennigen kaufen?', fragte ich mich. Diesmal überlegte ich nicht lang, ging ohne zu Zögern zu den Brötchen.
"35 durch fünf ist sieben.', stellte ich fest und nahm die übergroße Brötchenzange in die Hand. Es war schwer, damit zu hantieren, doch nach kurzer Zeit hatte ich sieben Brötchen in eine Tüte verfrachtet. Ich ging zur Kasse, bezahlte, ließ mich wieder auf den Stufen meines Hauseingangs nieder.
Das Geld war alle, doch nun hatte ich sieben Brötchen.
'Damit läßt sich einiges anfangen.', grinste ich in mich hinein, schnappte mir das erste Brötchen und biß beherzt hinein. Nach der Cola war das Brötchen eine willkommene Abwechslung.
Doch die Begeisterung hielt nicht lange. Beim zweiten Brötchen merkte ich schon, daß ich keinen Appetit mehr verspürte. Schließlich waren die Gebäckstückchen ohne Belag viel zu trocken. Und der letzte Schluck Cola verweilte längst in meinem Bauch.
Ich zuckte mit den Schultern und quälte mir tapfer die letzten Reste des zweiten Brötchens hinein. Fünf waren noch übrig. Fünf Brötchen, die mir nicht mehr nützten.
Was sollte ich tun? Sollte ich sie wegwerfen? Dagegen verwehrte ich mich, hatte man mir doch längst von hungernden Kindern in anderen Teilen der Welt berichtet.
Sollte ich sie verschenken? An wen? An Vorbeigehende? Würden diese mich nicht mit fragenden Blicken bedecken und abwehrend davoneilen?
Sollte ich die Brötchen einfach nach Hause mitnehmen, sie meiner Mami übereignen? Doch dann müßte ich erklären, woher ich das Geld hatte, müßte gestehen, heimlich eine ganze Flasche Cola getrunken zu haben.
Das wollte ich nicht, wußte ich doch nicht, ob dieses Geständnis nicht womöglich einigen Ärger in sich barg. Noch immer auf den Stufen sitzend grübelte ich vor mich hin.
Ein Nachbarsjunge kam vorbei, sprach mich an. Ohne Zögern schenkte ich ihm ein Brötchen. Er freute sich - und auch ich freute mich, hatte ich doch eine Lösung für mein Problem gefunden.
Ich ging hinauf und deponierte die restlichen vier Brötchen auf dem Küchentisch. Als meine Mami heimkehrte, wunderte sie sich, kam in mein Zimmer und fragte mich:
"Woher sind denn die Brötchen in der Küche?"
Sogleich begann ich, meine Geschichte zu erzählen: Ich hatte Sandkasten ein Geldstück gefunden und war mit diesem einkaufen gegangen. Da ich nicht wußte, was ich kaufen sollte, hatte ich kurzerhand vier Brötchen gekauft.
Meine Mami lächelte und war zufrieden. Auch ich lächelte, hatte ich doch nahezu die Wahrheit erzählt.
Daß ich kein 20-Pfennig-Stück, sondern eine Mark gefunden und mir den Bauch mit Cola und zwei Brötchen vollgestopft hatte, brauchte ja nicht unbedingt erwähnt zu werden.
morast - 12. Aug, 09:53 - Rubrik:
Wortwelten
Sicherlich gehört es zu den typischen Klischees, die man einer Frau anlastet, daß sie in Zeiten des Frust, fehlender Wärme und unverrückbarer Selbstunzufriedenheit ihr Glück auf anderem Wege zu beschaffen versucht, eine Art Ausgleichsglück zu erwirken wünscht.
Dafür gibt es - dem Klischee folgend - [mindestens] zwei Varianten:
1. Einkaufen
Das Stadtzentrum wird zur Zone potentiell erwerbarer Objekte, der eigene Körper zur Ankleidepuppe. Schuhe, Kleider, Make-Up. Was gefällt oder preiswert ist, wird in die Umkleidekabine genommen und anprobiert oder gleich vor Ort einer genaueren Betrachtung unterzogen.
Und stellt man vor heimischem Spiegel - oder auch schon vor dem im Geschäft - fest, wie gut man doch mit dem neuerworbenen Equipment aussieht, vermag der neugefundene Seelenfrieden einen Teil des alten Ärgers zu bedecken.
[Die Möglichkeit, sich selbst als zu unförmig, zu fett, zu betrachten oder sich auf andere Art und Weise in keinem der gewählten Kleider oder Accessoires wohlzufühlen, ignoriere ich trotz ihrer nicht geringwahrscheinlichen Existenz.]
2. Essen
Amerikanische Fernsehserien machen es zur Genüge vor: Gefrustete Frauen stopfen tonnenweise Eis und Schokolade in sich hinein, kennen sich selbst, ihrer eigenen Figur, gegenüber kein Erbarmen.
Und tatsächlich: Gegen Wut, Angst, Unzufriedenheit und allerlei andere Seelennöte hilft Süßes, hilft Schokolade, hilft Essen, vielleicht nicht übermäßig viel, doch zumindest genug, um einem wohligen Genuß zu frönen, der einen weiteren Teil des alten Ärgeres verbirgt.
Eine Kombination von Einkaufsorgie mit einem Besuch beim Lieblingseisitaliener könnte demnach Wunder bewirken - glaubt man den gängigen Klischees [die möglicherweise einen wahren Kern in sich verbergen].
Ich bin keine Frau, fühle mich auch nicht sonderlich weiblich.
Und doch kam ich gerade beglückt aus der Innenstadt zurück, in die ich ursprünglich zu Mensabesuchszwecken geflüchtet war.
Schließlich hatte man mir nach einem - aus meiner Sicht äußerst angenehmen - Praktikumsvorstellungsgespräch eine Absage erteilt. Hätte mich irgendwer beobachtet, so hätte er/sie äußerlich keine emotionale Regung an mir wahrnehmen können. Doch irgendwo in der Tiefe meines Schädel lauerte die unterdrückte Frage nach dem Warum, begehrte zu erfahren, was besser hätte laufen sollen, was an mir, an meinem Auftreten, unzureichend gewesen sein könnte.
Offensichtlich bohrte die Frage doch drängender in mir, als es mir bewußt, als es von mir gewünscht war, kam ich doch soeben nach Hause und bekam Gelegenheit, mich selbst und meien Mitbringsel zu betrachten:
Anstelle von Kleidern, Schuhen oder Kosmetikprodukten hatte ich mir nicht nur eine neue CD, sondern auch ein Taschenbuch gegönnt - für mich ausreichende Ersatzprodukte, die tatsächlich mich friedvoll zu stimmen, ja sogar freudig zu begeistern vermögen.
Doch auch das Essen war nicht zu kurz gekommen, verspeiste ich doch soeben die letzten Reste des ersten von zwei leckeren Kuchenstückchen, die ich mir geleistet hatte in dem Wissen, daß sie nicht nur wohlschmeckend, sodnern auch besänftigend sein würden.
Als logische Konsequenz bleibt die Frage, ob ich vielleicht doch weiblicher bin als ich dachte.
Für wahrscheinlicher erachte ich es allerdings, daß auch männliche Wesen in bestimmten Dingen Entzückung finden können und diese zum vorübergehenden Bedecken des eigenen Ärgers zu nutzen vermögen.
Allerdings wage ich zu bezweifeln, daß der Durchschnitts-[Klischee-]-Mann die gleiche Freude über Bücher und CDs zu empfinden vermag, wie ich es tue, weswegen also für jenen diese beiden Optionen zur Rückeroberung des Seelenfriedens verhältnismäßig ungeeignet sind.
Was aber wäre geeignet? Ein neues Handy? Ein Hantelbank? Oder aber, um ein weiteres Klischee zu bedienen: Sportfernsehen und Bier?
Ich weiß es nicht.
morast - 11. Aug, 16:36 - Rubrik:
Wortwelten
Auch wenn es inhaltlich kaum zum Rest paßt, sei doch hiermit etwas erwähnt, das allen Kommentierwilligen eine Freude bereiten könnte:
Soeben [und ich bemerke, daß ich reichlich spät reagiere] stellte ich fest, daß es fortan möglich ist, bei twoday-Weblogs anonym zu kommentieren, so der Weblog-Besitzer diese Möglichkeit anbiete.
Schon höre ich ein vielstimmiges "Hähhh???" aus dem lesenden Publikum und erkläre mich näher:
Wer hier, bei mir, kommentieren will, kann das ab sofort tun, ohne sich vorher irgendwo anmelden zu müssen.
Das hat natürlich Riesenvorteile, weil es das Kommentieren unendlich erleichtert.
Andererseits, damit nicht jeder Depp kiloweise Spam in twoday-Blogs einschleust, muß man als Nicht-Angemeldeter eine verzerrte Buchstabenreihe abtippen - was mich persönlich auf Dauer nerven würde.
[Es sei daher noch schnell auf
Sorua verwiesen, wo man sich mit nur einer Registrierung gleich bei mehreren Weblog-Anbietern einloggen kann.]
Drum gilt an alle diejenigen, die hier ihre sinnvollen und - in gewissem Rahmen - sinnbefreiten Kommentare hinterlassen wollen, die Einladung, das jederzeit zu tun.
morast - 11. Aug, 12:18 - Rubrik:
Wortwelten
Allmählich äußert sich das Drängen, auf das ich längst wartete, dsa schlechte Gewissen, das Wissen um mein Nichtwissen. Ich lächle in mich hinein, träume seltsame Träume und genieße den Moment, lenke mich ab.
Für einen Augenblick erkenne ich mich selbst, ziehe mich in mich zurück, räume auf, kremple um, was längst in mir verstaubte. Bleib noch ein wenig, Lächeln, verharre, stiller Moment.
Plastikbeutel voller Müll zeugen von dem Wunsch nach einer Ordnung, die ich niemals finden werde, nicht finden will, und ich grinse noch immer und weiß, daß ich beginnen werde, um wieder aufzuhören, daß ich nach wenigen Minuten aufgebe, um an anderes zu denken, an dich vielleicht, um Buch und Hefter beiseite zu schieben, natürlich nicht ohne das gute Gefühl, es wenigstens versucht zu haben.
Was ist wichtig?, frage ich mich und beobachte meine Mundwinkel im Spiegel.
Was wollen die dort oben?, frage ich mich.
morast - 8. Aug, 21:37 - Rubrik:
Wortwelten
Vermutlich seitdem ich irgendwann in letzter Zeit den Computer nicht ordnungsgemäß herunterfahren konnte, sondern wegen eines "seltenen Ausnahmefehlers" während der Abschaltprozedur manuell von der Stromzufuhr löste, meldet sich bei jedem Neustart des Rechners das Windows-Universalsuperheilmittel Scandisk, um meine nun sicherlich vollkommen zerstörten Festplatten einer genaueren Untersuchung zu unterziehen und wie mit Magie alles wieder zu reparieren, was Windows einst selbst zerstörte.
Das stellt soweit nichts Ungewöhnliches dar, doch ging die automatische Scandisk-Inbetriebnahme in den letzten drei Tagen dazu über, mich mit einer Abfrage zu konfrontieren, die ausdrücklich darauf hinwies, daß ein oder mehrere Laufwerke meines Rechners vermutlich defekt seien und daß nur das Wi-Wa-Wundermittel Scandisk dagegen helfen könne. Mir wurde eine beeindruckende Auswahlmöglichkeit geliefert:
"Drücken Sie ein beliebige Taste, um Scandisk zu starten."
Vermutlich gibt es nur ein oder zwei Tasten an meinem Rechner, die das verhindern könnten - dann wäre er aber aus und nutzlos. Also drücke ich jedesmal eine beliebige Taste und erfreue mich des blauen Scandisk-Bildschirms.
'Jetzt wird alles gut.', weiß ich und versuche automatisch, Scandisk zu beenden. Das funktioniert problemlos - allerdings nicht ohne eine weitere, noch drastischere Warnung:
"Weil sie so unerhört frech waren, Scandisk abzubrechen, ist es nahezu unwahrscheinlich geworden, daß auf ihrem Rechner überhaupt noch etwas funktioniert."
Na klar. Weil ich Scandisk - ein Programm, dessen Nützlichkeit sich mir gegenüber noch nie bewiesen hat - abbrach, ist mit einem Mal alles noch schlimmer als zuvor - wenn das überhaupt noch geht.
Allerdings würde ich es Windows und seinen Machern durchaus zutrauen, daß sie dafür sorgen, daß jeder mutwillige, gemeine Scandisk-Abbrecher für sein ungebührliches Verhalten bestraft wird:
Durch Freisetzen diverser Festplattenzerstörungsalghorithmen, die - wenn überhaupt - nur von Scandisk aufgehalten werden können.
P.S: Mein Rechner läuft, nachdem er komplett hochfuhr, übrigens tadellos. Ohne Scandisk-Intervention.
morast - 7. Aug, 10:40 - Rubrik:
Wortwelten
Langsam fällt es auf, so sehr, daß ich mich nicht unweigerlich frage, ob ich alt werde. Im übrigen führt selbige Frage zu einer weiteren: Glauben alle älteren Menschen, daß früher alles besser war, beziehungsweise - um es ein wenig zu konkretisieren - daß die Musik früher besser war, beziehungsweise - um es auf den Punkt zu bringen - daß die früheren Alben einzelner Bands besser waren als die aktuellen? Glauben das alle?
Ich glaube es, zumindest derzeit. Jeden Monat gab ich viel zu viel Geld für Original-Alben verschiedener in meinen Augen [oder Ohren] erwähnenswerter Musikgruppen aus [Was für ein bescheuerter Satz. Es ist spät....] und bereute es nicht. Meistens jedenfalls.
Ich gebe zu, in dieser Beziehung etwas eigen, nahezu konservativ, zu sein, es zu mögen, ein Album in den Handen halten, das Booklet und dessen Artwork betrachten, bewundern oder zumindest bewerten zu können, es gar zu lieben, mich spontan anhand des Covers für oder gegen ein Musikwerk zu entscheiden.
Doch die letzten Werke, die mich mittels ihres Covers oder auch nur ihres mir bekannten Interpreten lockten, vermochten allesamt nicht, mich wirklich zu überzeugen. Das hielt mich oft nicht von einem Kauf ab, doch läßt mich nachträglich die Frage formulieren, ob ich denn tatsächlich alt werde.
Erst vor wenigen Monaten fand ich zu den Musikern mit dem amüsanten Namen Grabnelfürsten, kaufte deren damals aktuelles Klangkunstwerk. Und als ich erfuhr, daß ein neueres auf dem Markt zu finden sei, stürmte ich in die Läden, um vorfreudig hineinzuhören - und enttäuscht mir selbst vom Erwerb abzuraten.
Das neue Album von Vanitas kaufte ich - weil ich die anderen beiden - ungekauft - wirklich gut fand. Doch beeindruckt es mich wenig, außer mit der Feststellung, wie sehr es mir leid täte, mir den Aufwand machen zu müssen, es zurückzusenden.
Das aktuelle Album von A Perfect Circle hielt auch nicht, was es versprach, konnte an die Vorgänger nicht anknüfen. Oder My Dying Bride, die nur ein BestOf herausbrachten, auf dem zwar nichts Schlechtes, aber wahrlich auch nichts Neues zu finden ist. Demons & Wizards veröffentlichten eine neue CD, doch vermag ich mich nur den ersten Lieder darauf hinzugeben. Auch das aktuelle Werk von Asp erachte ich nicht für sonderlich wertvoll.
Bei amazon erfahre ich, daß ich auch "Zinoba" von Zinoba, der Selig-Nachfolgeband zu den unlängst erworbenen Werken zählen kann - übrigens ohne vorher ein Stück gehört zu haben, nur auf den Ruf der Bandmitglieder vertrauend - , und muß beichten, daß Selig für Zinoba unerfüllbar hohe Maßstäbe gesetzt hatte.
Selbst wenn ich ein Stückchen weiter zurückblicke und die letzten beiden Alben von Samsas Traum erwähne [u.a. ein BestOf], fällt mir auf, daß die früheren Werke mich mehr, länger, intensiver, berührten.
Früher.
Aus meinem Mund, in meinem Schädel, klingt dieses Wort albern, lächerlich, falsch. Ich bin, fühle mich, zu jung, um dieses Wort gebrauchen zu dürfen, um zu der Ansicht zu gelangen, daß früher nicht alles, aber so manches besser war.
Und so verteibe ich mir die Zeit mit Rückblicken, höre das 1998er Album von Creed, das mich einst monatelang fesselte, lausche den Alben "Time To Move" [1994] und "Discover My Soul" [1996] der H-Blockx, die vielleicht Mitschuld trugen, daß ich in von Elektrogitarren dominierte Musikrichtungen meine Vorlieben zu finden begann.
Ja, ich kehre gar noch weiter zurück, zu "Forever Young" von Alphaville, zu den früheren Depeche Mode, zu Pink Floyd, den Doors und Creedence Clearwater Revival. Sicherlich lag das zumeist vor meiner Zeit, doch beschert mir dieser Rückblick mehr Freude als ein Blick auf die musikalische Gegenwart.
Lausche ich einfach nur die falschen Klängen? Entging mir, daß die zahlreichen, nicht erwähnten Morast-Gutfindbands nicht minder zahlreiche Alben herausbrachten, deren Qualität die ihrer früheren Werke nicht nur übersteigt, sondern mich in euphorisches Entzücken versetzen werden, sobald ich ihrer einmal [an]hörig geworden sein werde? Oder werde ich tatsächlich alt, so alt, daß ich mich nach Zeiten zurücksehen, in denen die Musik noch gut war?
Doch ich sehne mich nicht nur zurück, freue mich auch auf Neues, wünsche mir, daß das Neues das Alte um Längen schlägt oder zumindest ihm ebenbürtig ist, wünsche mir, daß ich freudig erregt durch die Musikdatenträgerverkaufsläden spaziere und mich nach stundenlangem Reinhören gar nicht entscheiden kann, welches der vielen wahrlich genialen Werke ich denn zuerst erwerben sollte.
Und tatsächlich erlaube ich mir nicht, mir meine Zuversicht rauben zu lassen, harre geduldig des 17. Oktobers, an dem wohl das neue Werk von A Perfect Circle erscheinen soll. Und auch dem 14. November darf ich hoffend entgegenfiebern, weil dann voraussichtlich ein neues Dornenreich-Album veröffentlicht sein wird.
Ich hoffe also noch immer, obgleich die Zweifel bezüglich der Gegenwart und die Tatsache meiner derzeitigen Nahezu-Rückwärtsorientierung nicht vollends beseitigt werden können.
Ich gebe mir alle Mühe, doch vielleicht, möglicherweise, werde ich tatsächlich alt.
[Falls ich irgendwann nur noch von früheren Zeiten schreibe, nur noch darüber, was heute schlecht ist und damals - natürlich - besser war, möge jemand die Gnade haben, mich unmißverständlich - also auch unter Einsatz körperlicher und seelischer Gewaltanwendungen - darauf hinzuweisen.]
morast - 7. Aug, 01:58 - Rubrik:
Wortwelten
Ich bin mir unsicher darüber, ob ich mir tatsächlich Gesichter besonders gut merken kann, ob ich innerhalb einer Gruppe meine Umgebung besonders intensiv betrachte, Einzelheiten bemerke, die niemandem sonst auffallen.
Doch oft geschieht es, daß mir auf der Straße, auf dem Campus, irgendwo, Personen begegnen, die ich zuvor nur ein- oder zweimal sah, zumeist zusammen mit andern. Schnell fallen mir dann die Umstände und Zusammenhänge ein, und in den meisten Fällen blicke ich der Beinahe-Bekanntschaft erwartend in die Augen, eine freundliche Begrüßung auf den Lippen bereithaltend.
Doch immer wieder geschieht es, daß die Personen mich an sehen und nicht wiedererkennen oder mich ignorieren, daß also ihre Haltung mir gegenüber nicht die gleiche offene, erfreute ["Schön, dich wiederzusehen."] ist wie meine Haltung ihnen gegenüber. Das erstaunt, ja bestürzt, mich.
Bin ich eventuell zu unauffällig, so daß ein Wiedererkennen nicht möglich ist?
Oder hinterlasse ich prinzipiell einen so negativen [oder eifnach nur unbedeutenden] Eindruck, daß ich gemieden werden kann/sollte?
Ich weiß es nicht.
morast - 5. Aug, 11:28 - Rubrik:
Wortwelten
Ich neige zu Unpünktlichkeit. Zumeist ist dieses Verhalten nicht beabsichtigt. Oft fahre oder gehe ich einfach nur erst auf den letzten Drücker los, so daß ich trotz aller Eile es nicht nicht schaffe, zum verabredeten oder gewünschten Zeitpunkt einzutreffen.
Gestern blickte ich auf die Uhr und stellte fest, daß ich in diesem Augenblick längst mein Fahrrad aus dem Keller holen sollte. Hasig packte ich meine Sachen zusammen und begab mich zur Tür.
Es klingelte. Der Paketdienst. Verdammt.
Ich rannte nach unten, nahm das Päckchen für meinen Mitbewohner in Empfang, rannte wieder hoch, entledigte mich des Päckchens, suchte meinen restlichn Kram, zog die Schuhe an und stürmte erneut die Treppen hinab, holte das Fahrrad aus dem
Keller.
Ich war bereits zu spät.
Wie ein Besengter trat ich in die Pedale, nahm alle erdenlichen Schleichwege, Abkürzungen, fuhr risikoreich und schnell. 13 Uhr. Mensa. Das war nicht zu schaffen. Aber vielleicht konnte ich die Verzögerung minimieren, vielleicht hatte ich nur wenige Minuten Verspätung. Wenn ich nur noch schneller fahren könnte.
Rote Ampeln gab es nicht. Nicht für meine Augen. Ich wich Autos, Fußgängern aus, raste Straßen, Wege entlang. Schneller, schneller.
Von irgendeinem Fußweg fuhr vorsichtig ein Smart hinunter auf die Straße. An derselben Stelle wollte ich von der Straße auf den Fußweg hinauf. Wir waren einander im Weg, das sah ich sofort, lenkte, radelte ein paar Meter weiter, fuhr in Höchstgeschwindigkeit die Bordsteinkante hoch.
Und dann wurde ich langsamer. Irgend etwas stimmte nicht. Am Hinterrad schleifte etwas...
Der Schlauch war geplatzt. Mist!
Ohne Zögern schloß ich das Rad an den nächsten Fahrradständer, hastete zur Straßenbahnhaltestelle. Wenn gleich die Bahn käme, wäre das alles nicht so schlimm....
Die Bahn kam nicht. Ich wartete minutenlang.
Dann endlich sah ich sie, fuhr drei Haltestellen, stieg aus, hastete zur Mensa. Niemand wartete. Ich war zu spät.
Ich rannte die Stufen hinauf, in die Mensa hinein, sah niemanden.
Ich war zu früh.
Mist.
Nach einigermaßen sättigender Speise nahm ich erneut die Bahn und begab mich zu meinem Rad. Es stand noch immer da. Wie traurig, trostlos, ein platter Reifen wirken kann.
Ich hatte keine Lust, das Fahrrad bis nach Hause zu schieben oder mich von den Straßenbahnkontrolleuren wegen des fehlenden Fahrrad-Tickets für das Gefährt ausmeckern zu lassen. Kurzentschlossen begab ich mich zu Karstadt, kaufte einen neuen Schlauch, kaufte eine Luftpumpe und geeignetes Werkzeug.
Ich befreite mein Rad, drehte es um und wechselte den Schlauch.
Die argwöhnische Blicke der Passanten musterten mich. Doch niemand sprach mich an. Vermutlich hätte ich einem fremden Rad das Vorderrad ausbauen und selbiges stehlen können, ohne daß irgendwer angemerkt hätte, daß das nicht in Ordnung sei. Mir war es recht.
Direkt vor Karstadt, inmitten des Magdeburger Zentrums, umgeben von unzähligen Vorbeigehenden wechselte ich den Schlauch, ruhig, ohne Hast, im Schatten verweilend, innerhalb weniger Minuten, ohne irgendwelche Komplikationen, fast schon professionell.
Mit der neuerworbenen Pumpe befüllte ich den Reifen noch mit Luft, bevor ich mir in dem Brunnen, der sich direkt neben mir befand, ausgiebig meine Hände wusch. Ein perfekter Platz zum Reifenwechsel.
Ich lächelte. Nun konnte es weitergehen.
morast - 29. Jul, 10:35 - Rubrik:
Wortwelten
Es ist kurz nach vier, als ich erwache. Ich weiß davon nichts, vernehme nur das laute Klopfen der Regentropfen an meine Fensterscheibe, direkt neben mir. Plötzlich wird das Zimmer hell erleuchtet, verdunkelt sich wieder. Ein Grummeln folgt nur Sekunden später.
'Gewitter.', denke ich und freue mich.
Vergnügt lausche ich dem Klang des Regens, der immer intensiver zu werden scheint. Ich fühle mich geborgen, gemütlich, liege lächelnd in meinem Bett und starre an die Dekce
Die Blitze kommen näher, doch das kümmert mich nicht.
Durch das angekippte Fenster dringen ein paar kalte Tropfen in mein Zimmer, benetzen mein Gesicht. 'Regen ist schön.', stelle ich vergnügt fest und überlege, ob ich mich anziehen, rausgehen sollte, im Regen spazieren.
Ich entscheide mich dagegen, gebe mich meiner Müdigkeit hin, schließe die Augen und will wieder schlafen.
Mein Fahrrad fällt mir ein, das ungeschützt im Hof herumsteht und dem Regen ausgeliefert ist. Der Lenker ist leicht angerostet und auch einzelne Schrauben korrodieren bereits. Auch mein Schloß weigert sich in letzter Zeit zuweilen, ordnungesnäß zu funktionieren.
'Noch mehr Regen tut ihm bestimmt nicht gut.', stelle ich fest und überlege, ob ich das Rad in den Keller bringen sollte.
Ich bleibe liegen, doch finde keinen Schlaf. Das Bild des rostenden Fahrrads läßt mich nicht los, sitzt in meinem Schädel und bedrängt mich. Ich gebe mich nicht geschlagen, schließe die Augen noch fester, versuche, an anderes zu denken. Vergeblich.
'Ich werde keine Ruhe finden, bis ich das Fahrrad in den Keller gebracht habe.', mutmaße ich. Doch ich will nicht.
Nach einer geraumen Weile gebe ich auf, erhebe mich, werfe mir einige Klamotten über, suche meinen Schlüssel, schleiche durch die Wohnung, ohne das Licht anzuschalten.
Das Treppenhaus ist ruhig und dunkel. Meine Schritte schallen überlaut durch den Gang. Ich brauche kein Licht, nehme langsam Stufe für Stufe.
'Wie irreal.', stelle ich fest. Nachts um vier durch das Treppenhaus zu schleichen, erscheint mir unwirklich. Die ganze Situation wirkt auf mich, als wäre sie einer fremden Welt entsprungen. Fast kann ich mich selbst beobachten, wie ich die Treppen hinuntergehe, als sähe ich nur einen Film, läse nur ein Buch, dessen Protagonist zufälligerweise Ähnlichkeiten zu mir aufweist.
Ich betrete den Hof. Das stille Treppenhaus hat mich den Regen fast vergessen lassen. Doch hier höre ich ihn, rieche ihn, er ist allgegenwärtig. Das Donnergrummeln dröhnt aus weiter Ferne, die Tropfen klatschen wild auf meinen Körper.
Ich gehe langsam, träge, genieße die Nacht, das Naß. An die Mauer gelehmnt erwartet mich mein Farrad, mit Tropfen übersät, fast ungeduldig.
"Ich bin ja da.", murmle ich - wie zu einem traurigen Kind und trage es vorsichtig in den Keller.
Die Stufen nach oben nehme ich gar nicht mehr wahr. Ich schließe auf, ziehe die Schuhe aus, gehe ins Bad. 4.22 Uhr. 'Zeit zu schlafen', denke ich müde und lege mich wieder hin, mit gutem Gewissen.
Sofort schlafe ich ein.
morast - 28. Jul, 08:59 - Rubrik:
Wortwelten