Mittwoch, 11. Juni 2008

Über die Schwierigkeiten des Musikmögens

Musik zu hören, ist nicht einfach. Selbst wenn man es geschafft hat, über Jahre hinweg, geprägt von Eigenneugier, Freundesrat, Medienmeinung und Zufall so etwas wie einen Geschmack zu entwickeln, wenn man ungefähre Aussagen darüber treffen kann, welche Musikformationen und Stilrichtung man bevorzugt, stößt man immer wieder auf Zweifel fördernde Hindernisse.

Ich beispielsweise bin bekennender Bevorzuger unheller Metallmusik und neige auch dazu, entsprechenden Konzerten und Tanzveranstaltungen Besuche abzustatten. Doch selbst die nicht eben populärste Musikgattung des Metals ist so sehr angehäuft mit eigenen Stilrichtungen und Unterstilrichtungen, dass ein Überblick undenkbar erscheint. Sicherlich, da gibt es die Großen, deren Namen jeder einigermaßen Eingeweihte kennt, deren Klangkonstrukte man leicht zuordnen kann, die zuweilen Kultstatus schufen und Nachahmer fanden. Doch nicht alles, was Erfolg hat, ist gut, und wenn man sich einmal für Musik entschieden hat, die nur selten in Verkaufscharts Erwähnung findet, wird man seiner Halbignoranz gegenüber Massentauglichem nicht ausgerechnet hier ein Ende setzen, hier, wo ohnehin jeder landet, der etwas mit Metal zu tun hat. Cannibal Corpse und Metallica zu erwähnen, vermag jeder. Und niemand will wie jeder sein.

Also gilt es, sich zu spezialisieren. Das geschieht glücklicherweise größtenteils automatisch, kann man doch mit angenehmer Sicherheit darüber urteilen, was einem zusagt und was nicht. Und allein die immer leichter werdenden Möglichkeiten, Musik zu entdecken sorgen für ein unüberschaubar großes Angebot potentieller Gutfindklänge. Hinzu kommen die Bands, die man kennt und mag, die hin und wieder neue Werke herausbringen, die ihren Stil ändern, mit ähnlichen Klingenden auf Tour sind und so neue Eindrücke erwirken. Hinzu kommen Bekannte und Szeneseiten, die allesamt andere Erfahrungen machen und diese teilen wollen, die Begeisterung erfahren und zu vermitteln versuchen, die von Neuem und Altem berichten und dafür sorgen, dass der eigene Geschmack einer steten Veränderung und Erweiterung unterzogen wird.

Inmitten aller potentiellen Lieblingsmusiken diejenigen zu entdecken, die es tatsächlich werden, ist aufwändig, nicht zuletzt auch, weil diverse Werke erst einige Beschäftigungszeit brauchen, ehe sie sich dem eigenen Wohlempfinden öffnen. Und als fairer Musikmöger sollte man diese Zeit tatsächlich investieren und nicht prinzipiell nach 30-sekündiger Saturn-Standardreinhörzeit darüber urteilen, ob die gehörte Band für alle Zeit der Verdammnis zuzuführen sei. Im Metallmusikbereich sind schließlich Liedlängen von über fünf oder gar über zehn Minuten keine Seltenheit und lassen ein kurzes Reinhören zur Lächerlichkeit mutieren.

Verständlich ist es jedoch, wenn man nicht gewillt ist, diesen Aufwand zu betreiben, wenn man sich einfach das zu Gemüte führt, was andere ohnehin hören, weil sich das ja schließlich schon bewährt hat. Dass die Grenzen für Gutmusik jedoch selbst bei prinzipieller Übereinstimmung stark differieren können, wird dabei vernachlässigt.

Ich selbst versuche, Mittelwege zu gehen, versuche, Beliebtes zu vernehmen und die Begeisterung dafür nachzuempfinden, selbst wenn ich im ersten Moment der Ansicht bin, dass ich nie und nimmer mit diesen Klängen Freund werden möchte. Je ausgeprägter jemandes Begeisterung für eine Musik ist, desto eher bin ich bereit, meine Vorurteile zu ignorieren und der Quelle der Euphorie nachzuspüren.

Zugleich bemühe ich mich aber auch, eigene Nachforschungen anzustellen, Bands zu finden, die musikalisch ähnliches Schaffen erwirken wie jene, die ich bisher mochte, oder auch anderen, die aus irgendeinem Grund meine Aufmerksamkeit erregen, mein Gehör zu schenken. Die Ausbeute ist dabei vergleichsweise gering, und nicht selten erschüttert es mich, wie häufig sich die Geschmackswahrnehmungen unterscheiden. Es ist wohl unmöglich, jemanden zu finden, dessen Musikbevorzugung mit der eigenen identisch ist. Doch das sollte wohl auch nicht das Ziel sein.

Mein Ziel ist es, Musik zu finden, die mir gefällt, die mich bewegt. Und selbst wenn ich es nicht immer verwirklichen kann, versuche ich doch auch zu Musikgruppen, die eigentlich als peinlich gelten, zu stehen, wenn sie mir gefallen. Denn der eigene Geschmack sollte einem eigentlich nicht peinlich sein.

Das jedoch fällt schwer, sobald ich mich auf einer Musik- und Tanzveranstaltung inmitten von Menschen befinde, die ebenfalls "Metal" auf ihre "Ich-hab-dich-lieb"-Liste schrieben. Denn schnell wird deutlich, dass die Anzahl der Überschneidungen gering ist im Vergleich zur Anzahl der Unterschiede. Hurra, denke ich, nicht nur ich mag es, zu Iced Earth mein Haupthaar zu schütteln, doch schon beim nächsten Lied, wenn alle außer mir auf der Tanzfläche bleiben, wird offensichtlich: Nicht nur der Geschmack unterscheidet sich, auch der Wissensstand. Es existieren selbst in spezialisiertesten Stilrichtungen so viele, oft gut anhörbare Musiken, dass es eher in Zufälle ausartet, kennt man tatsächlich dieselbe Band wie der Nebenmann. Oder es handelt sich eben um eine jener Bands wie Iced Earth, die bereits Erfolge feierte, zahlreiche Alben herausgaben, mehrfach die Bandbesetzung wechselten und sich einen Status erwarben, den abzusprechen es schwer fallen wird. Wer Iced Earth nicht kennt, verweilt noch nicht lange genug in der Metalszene.

Der erste gemeinsame Nenner ist also der Mainstream. Selbst wenn man bei vielen Bands, die außerhalb der Zottelhaarszene kaum jemand kennt, nicht unbedingt von solchem spricht, ist die Anzahl verkaufter Platten für den DJ doch ein gewisser Garant dafür, dass die Tanz- und Bangfläche nicht unbesetzt bleibt.

Ein weiterer Garant ist - natürlich - der DJ selbst, der dazu neigt, bestimmte Titel jedesmal zu spielen, sobald er die Musikauswahl treffen darf. Mit der Zeit neigt das Stammpublikum dann dazu, diese vielleicht unbekannten Klänge zu erfragen, sich an sie zu gewöhnen und sie schließlich in ihr Herz aufzuethmen. Sie werden Anlass, sich auszutoben, obwohl sie nur einen Vorteil gegenüber anderen, ähnlichen Musiken erwirkten, weil der Auswähler sich für die Wiederholung entschied.

Der dritte gemeinsame Nenner ist überall findbar: der Klassiker. Ich vermeide bewusst das Wort "Kult", weil ich es verachte, doch dürfte klar sein, was ich meine: Musik, die alt genug ist, dass wirklich jeder sie einigermaßen zuzuordnen und mitzusummen vermag; Musik, die nur eines ausreichend gefallenen Hemmungsniveaus bedarf, um ausgelassen zu ihr in Bewegung zu fallen. Schließlich kennt man sie längst, und es dürfte nicht das erste Mal sein, dass man feststellt, dass es sich eigentlich um ein wirklich gutes Lied handelt - selbst wenn sich das bei niedrigerem Euphorielevel als fragwürdig erweist.

Es existiert noch eine weitere Option, die garantiert, dass sich zumindest ein Kunde freut: der Wunschtitel. Nur zu leicht scheint es zu sein, an das erhöhte Pult heranzutreten und - aufgrund der Hintergrundlärmerei schreiend - auf den einen oder anderen Titel zu verweisen, der in heimatlichen Gefilden das eigene Wohlwollen fand. Doch leider scheint es der Regelfall zu sein, dass DJs ihre Auswahlhoheit nicht angegriffen wissen wollen, dass sie also meinen, der Titel würde im Augenblick nicht in den Ablauf passen und den Wünschenden auf ein - möglicherweise nicht existierendes - Später vertrösten. Beschwert man sich beim nächsten Diskothekenbesuch, so findet der Abspielverweigerer eine einfache Entschuldigung: Er habe den Titel doch gespielt, nur man selbst sei wohl nicht mehr anwesend gewesen.

In Anbetracht des umfangreichen Musikfeldes, das das vereinigte Titelwissen der Tanzveranstaltungsbesucher bildet, ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass mir bereits häufiger vom DJ mitgeteilt wurde, dass mein Wunschtitel nicht in seiner Sammlung verfügbar sei. Zugleich ernte ich einen Blick, der mir sagte, dass es nicht empfehlenswert sei, die Allmacht des Musikabspielers in Frage zu stellen - und dass das, was ich mag, für jeden echten Metaller einfach nur peinlich ist.

Und so sitze ich dann mitten in der Nacht in einer Metallmusikdiskothek und warte auf irgendetwas mir Gefallendes, zu dem ich meiner Zuneigung durch Bewegung Ausdruck verleihen kann. Wenn ich später nach Hause fahre, stelle ich fest, dass die Stunden vergingen, ohne dass der DJ meinem Geschmack ansatzweise gerecht wurde. Und dennoch habe ich mich amüsiert. Ja, ich habe die Klassiker gemieden, aber empfand sie trotzdem als angenehm. Und bis auf ein paar Ausnahmen habe ich auch darauf verzichtet, zu Klängen zu headbangen, die der DJ jedes Mal spielt - schließlich bin ich kein Teil des Stammpublikums und kenne die Interna nur ansatzweise. Die bekannteren Titel hingegen habe ich allesamt mitgenommen, sobald sie meinen Musikvostellungen ungefähr entsprachen. Und während ich mich offensichtlich darüber freute, gute Musik zu vernehmen und dabei nicht reglos in den zerfetzten Ledermöbeln zu sitzen, schämte ich mich ein wenig, weil ich doch nur Teil der Masse war, die das gut fand, was alle mochten.

Es ist längst hell, als ich endlich ins Bett gehe. Meine Ohren fiepen, und meine Haare stinken. Und als ich den Abend Revue passieren lasse, bemerke ich, dass er mich - wie immer - zugleich enttäuschte und erfreute.

Dienstag, 10. Juni 2008

Blaue Flecken

Es war richtig gewesen, nach Hause zu fahren, sagte ich mir und trat in die Pedalen. Ich hatte die bibliothekischen Öffnungszeiten bis zum Maximum ausgereizt und anschließend den nächsten Biergarten aufgesucht, um dem niederländisch-italienischen Vorrundenspiel meine Aufmerksamkeit zu schenken. Ich hatte die zwei Tore gegen Italien gesehen und bejubelt und nun, in Anbetracht fehlender Sonneneinstrahlung und wachsender Radelunlust, beschlossen, den Heimweg anzutreten. Vermutlich würde ich aufgrund Fernsehermangels die zweite Halbzeit verpassen, doch das spielte - nicht nur wegen des fast sicheren neiderländischen Zweitorvorsprungs - kaum eine Rolle.

Spontan beschloss ich, den Bestand der Automatenvideothek zu beschauen. Vielleicht fand sich ja irgendetwas, mit dem ich meine Gedanken vor dem Schlafengehen beschäftigen konnte. Doch so weit sollte es nicht kommen.

Als ich von der Straße auf den Fußweg wechselte, stellten sich mir zwei betrunkene Punks in den Weg. Ich wich aus, bremste und hielt an, um nicht versehentlich in den herumstreunenden Hund zu fahren. Ob ich nicht mal eine Zigarette hätte, wurde ich gefragt. Ich verneinte bedauernd. Als Nichtraucher neigt man nicht dazu, Zigaretten mit sich herumzuschleppen. Ob ich nicht noch einmal nachschauen könne. Ich schmunzelte: "Ich rauche nicht." und wollte weiterfahren. Doch ich konnte nicht. Der Punk stand direkt vor mir und war nicht gewillt, mich vorbeizulassen.
Sein alkoholgeschwängerter Atem drang mir in die Nase, doch ich verzog keine Miene. Ob ich nicht etwas Kleingeld hätte. Ich seufte, gab nach, kramte ich meinen Hosentaschen und reichte ihm ein paar Cents. Kein Dank, kein Beiseiterücken, nichts.

Sein Kumpel war unterdessen weitergegangen, interessierte sich nicht für mich, sondern nur für die anderen Punks, die bereits an der Haltestelle auf ihn warteten. Mein Punk jedoch bekundete Interesse: "Hey, es ist Sommer!", lallte er, "Hol die Titten raus.!" Und zielsicher kniff er mir in die linke Brustwarze. Ich war verblüfft. "Es ist Sommer!", wiederholte er, als wäre das eine Erklärung für sein schmerzhaftes Tun und streckte erneut den Arm aus, um mich zu kneifen. "Lass das.", meinte ich und schob seine Hand weg. Er gab nicht nach. "Hier, kannst auch bei mir mal." Er streckte mir seine, von einem grauen, fleckigen Shirt verhüllte Brust entgegen, doch ich weigerte mich.

"Mann, es ist Sommer. Los!" Erneut versuchte er, mich zu kneifen. Mehrmals wehrte ich ihn ab, ohne Kraft allerdings, weil ich nicht riskieren wollte, ihn unnötig zu provozieren. Denn noch lächelte er.

Ich versuchte, mich an ihm vorbeizuschieben, und er nutzte die Gelegenheit, mir in die erneut Brust zu kneifen und die gegriffene Haut zu verdrehen. Es schmerzte. "Titten raus!", meinte er. "Aber ich bin doch keine Frau!", empörte ich mich und schob mich weiter voran. Er hielt mein Fahrrad fest. "Das Fahrrad bleibt aber hier." Noch immer grinste er, doch ich konnte nicht einschätzen, wie ernst er es wirklich meinte.

Wollte er wirklich mein Fahrrad klauen? Jetzt? Hier? Eigentlich sprach nichts dagegen. Die wenigen Leute auf der Straße ignorierten meine Belange und wären sicherlich nicht bereit gewesen, sich mit einer Horde Punks zu prügeln, bloß wegen eines rostigen Fahrrads. Ich hielt es fest, schob es von ihm weg. "Ich muss jetzt weiter.", meinte ich, doch er wollte nicht nachgeben. "Noch einmal.", bat er und versuchte erneut, mich zu kneifen. "Nein, das tut weh."

"Aber das soll es doch.", grinste er, und ich fragte mich, wo ich da schon wieder hineingeraten war. "Ich muss jetzt los.", wiederholte ich. "Du kannst auch mal bei mir.", bot er mir an, doch ich schob mein Rad nach vorn. Er hielt es nicht mehr fest, und ich war bereits an ihm vorbei, doch nachgeben wollte er auch nichr. Er griff nach mir, kniff mir in den Arm, dann in den Rücken, drehte die Haut auf schmerzhafte Weise, ohne auch nur für einen Moment mit dem Grinsen aufzuhören. Ich reagierte nicht, schob mein Fahrrad nur weiter, bis ich genug Platz hatte, um aufzusteigen und mich seiner Hand zu entreißen, fuhr, weiter, um die Ecke, atmete auf. Keinen Film ausleihen, nur nach Hause.

Zu Hause entdeckte ich, dass mein Fernsehmangel mich nicht von EM ausschloß und schaltete den Livestream ein, nur wenige Augenblicke, bevor das dritte Tor fiel. Als ich zu Bett ging, entdeckte ich mehrere blaue Flecke an meinem Körper. Was hat der Typ nur von mir gewollt?, fragte ich mich. Und: Warum hat er nicht einfach Fußball geschaut wie alle anderen auch?

Montag, 9. Juni 2008

Defekt IV

Es ist durchaus erschreckend: Ich bin es mittlerweile gewöhnt und erachte es für wenig außergewöhnlich, an Telefonhotlines mit einem sich nur undeutlich artikulierenden Gesprächspartner verbunden zu werden. Ich bin es gewöhnt, unfreundlich behandelt, abgefertigt, zu werden und zurückzubleiben mit dem Gefühl, an meiner Misere selbst Schuld gewesen zu sein. Ich bin es gewöhnt, nach unsummigen Telefonaten aufzulegen und festzustellen, dass diese rein gar nichts erwirkt haben.

Umso mehr überraschte es mich heute morgen, als ich bei meiner Hallenser Sparkassenfilile anrief und nach angenehmer Coldplay-"Clocks"-Wartschleifenmusik erstaunlich rasch eine nicht nur gut verständliche, sondern auch zuvorkommende und hilfreiche Mitarbeiterin vernahm, die mich sogleich an einen Mitarbeiter weiterleitete, der imstande wäre, meinen Fall zu bearbeiten. Erneut kamen in mir Zweifel an der Telefonverbindung, als die Wartschleifenmusik durch Warteschleifenstille ersetzt wurde, doch dann knackte es leise, und eine männliche Stimme nahm sich meiner Sorgen an: Ich hatte unlängst meine EC-Karte sperren müssen, weil diese in einem Fahrkartenautomaten hängengeblieben war. Doch nun, nach ein paar Mühen hatte ich die Karte zurückerhalten und wünschte nun, dass sie wieder entsperrt werde. Leider würde sich das als schwierig erweisen, weil ich - im Gegensatz zum Konto - nicht in Halle sei.

Und nun begann die Fragerei. In rascher Abfolge nannte ich dem Sparkassenmitarbeiter allerhand persönliche Daten, darunter Konto- und Personalausweisnummer, die nicht zuletzt dafür gedacht waren, mein Ichsein zu bestätigen. Und kaum hatte ich die letzte Information gegeben, wurde mir schon ein Erfolg gemeldet. Die Karte sei nun entsperrt, vernahm ich, und ich war verblüfft. So einfach kann es manchmal gehen, dachte ich, freute mich wie ein norwegisches Stachelkänguruh, bedankte mich und legte auf. Dann erst wunderte ich mich:

Sicherlich, meine EC-Karte war nicht gestohlen worden; nur ein funktionsverweigernder Automat hatte sie verschluckt. Sicherlich, ich hielt die Karte in meinen Händen, und sie konnte kaum mehr missbraucht werden. Sicherlich, ich hatte allen Grund zur Freude. Doch war die Entsperrung nicht zu einfach gewesen? Denn was, fragte ich mich, wäre denn geschehen, wenn ich nicht ich, sondern ein heimtückischer, höhnisch grinsender Dieb gewesen wäre und zuvor ein Portemonaie mitsamt zahlreicher ausweisiger Inhalte geraubt hätte? Wenn ich nun versuchen würde, die Karte zu entsperren, indem ich eine Lügengeschichte auftischte und diese mit der in den Geldbörse gefundenen persönlichen Daten untermalte? Welche Informationen, die der Sparkassenmitarbeiter von mir wünschte, wären denn nicht aus meinen Ausweisen erfahrbar gewesen?

Rasch beschloss ich, diesen unangenehmen Gedanken zu verdrängen und den Hilfreichtum und die Freundlichkeit Hallenser Sparkassenfilialangestellter und meine erneut funktionstüchtige EC-Karte zu lobpreisen und anschließend eine weitere Mail an die Deutsche Bahn zu verfassen, um höflich, aber bestimmt darauf hinzuweisen, dass ich meine umfangreichen und unfreiwilllig angehäuften Störstellentelefonkosten noch immer ersetzt zu werden wünschen.

Die ganze Geschichte: Teil I, Teil II, Teil III, Teil V

Samstag, 7. Juni 2008

Irre, Piraten und Schatten

In der letzten Zeit erwarb ich ein paar Comics, die an dieser Stelle einigermaßen kurz rezensiert werden sollen.

Marc Hempel - "Gregory 1: Ich Gregory!"

GregoryJa, es gibt mindestens einen weiteren Band. Nein, Herr Hempel ist kein Deutscher. Und das ist ungut, weil ich nämlich die deutsche Version des Comics las. Marc Hempel neigt jedoch dazu, mit Worten zu spielen und diese - beispielsweise in den Überschriften der einzelnen Geschichten - mit unterschiedlichsten Schriftarten zu dekorieren, und ich bin geneigt zu befürchten, dass ein Teil davon bei der Übersetzung verlorengeht. Dennoch hat man sich beim Lettering viel Mühe gegeben, so dass ich eigentlich außer der erwähnten Befürchtung nichts zu meckern habe.

Gregory ist ein kleiner Junge, der in deiner Nervenheilanstalt wohnt und eine Zwangsjacke trägt. Er ist kaum imstande, sich zu artikulieren, aber ist stets vergnügt und aufgeweckt, liebt seine kleine Zelle und beschaut aus seiner eingeschränkten Perspektive heraus die echte Welt, mit der er hin und wieder in Berührung tritt. Und dort gibt es Grund sich zu wundern.
Neben Gregory, dessen Erlebnisse durchaus amüsant sind, sorgen die ständig sterbende Ratte Herman Vermin und die käseknabbernde Maus Wendell für Abwechslung und zusätzlichen Wahnsinn.

Der Comic ist - auf skurrile Art - niedlich, und der Humor nicht unbedingt für jeden geeignet. Die Schwarz-Weiß-Zeichnungen wirken trotz starker Abstraktion [Die Augen von Herrmann sieht man beispielsweise nie.] stets äußerst lebendig und unterstützen zusammen mit der zuweilen chaotischen Panelanordnung die allgemeine Ausgeflipptheit [Darf man dieses Wort noch benutzen oder ist das schon zu antiquiert?].

Auch wenn es anfangs nicht leicht fiel, sich an die Art des Comics zu gewöhnen, mochte ich ihn sehr. Allerdings sind 20 Euro dann doch ein bißchen zu viel, weil zum einen Hardcover nicht nötig wäre, zum anderen die letzten Seiten wirken, als hätte man sie nur zur Streckung benutzt. Denn dort geht es nur um die erwähnte Ratte, so dass ich schon bald Gregory vermisste, der ja die iegntliche Hauptfigut bildet. Und abschließend gibt es noch ein Interview mit Marc Hempel, das man sich hätte sparen können.

Also: Vorher unbedingt reinlesen und bei Gefallen kaufen und genießen.


Christophe Blain - "Isaak der Pirat 1: Amerika"

Isaak der PiratIch liebe Christophe Blains Stil. Gesichter, gestalten und Gegenstände, Städte und Schiffe wirken zugleich wackelig-schräg und präzise-detailliert. Zugleich sind alle Figuren liebevoll in Szene gesetzt, und jede Umgebung entwickelt rasch ihr eigenes Flair.

Dieser Comic ist eine Piratengeschichte, jedoch keine der üblichen Art. Isaak ist ein Maler im Paris des 18.Jahrhunderts, der aus Geldnot einen Auftrag auf einem Schiff annimmt. Er muss rasch feststellen, dass er sich unter Piraten befindet - und dass seine Reise wesentlich länger dauert als er erwartete. Sein Auftrag ist es, natürlich, zu zeichnen und zu malen, denn der höfliche, aber bestimmte Käptn plant, Neuland zu entdecken und möchte dies dokumentiert wissen. Doch während an Bord ihn ein aufregendes Leben erwartet, sehnt er sich zugleich zu seiner Verlobten, die ihn Paris ihre eigenen Abenteuer bestreitet...

Mit lockerem, unverwechselbarem Strich gelingt es Blain mühelos, einen Abenteuer-Comic entstehen zu lassen, der mich in den Bann zog und begeisterte. Nur allzu gern bin ich bereit, in nächster Zeit auch die restlichen der bisher erschienenen fünf Bände [jeweils 12 Euro] zu erwerben.


Cyril Pedrosa - "Drei Schatten"

Drei SchattenWieder Schwarz-Weiß, wieder ein unverwechselbarer Stil. Pedrosas Graphic Novel sorgt derzeit für allgemeine Begeisterung, die auch vor mir nicht Halt macht.

Joachim lebt zusammen mit seinen Eltern Lise und Louis in einfachen, aber glücklichen Verhältnissen irgendwo an einem abgeschiedenen Ort. Ihre Welt ist unberührt und rein, bis Joachim eines Nachts in der Ferne drei Reiter ausmacht, die sich fortan häufiger zeigen und das Leben der kleinen Familie verdunkeln. Die Reiter sind gekommen, um Joachim zu holen, doch Louis und Joachim versuchen zu fliehen...

Die Zeichnungen Pedrosas sind herzzerreißend schön und dynamisch. Mit beeindruckender Liebe für Details werden nicht nur das Leben auf dem Hof, sondern auch das Umland, die Wälder, die Stadt, das Schiff usw dargestellt, Stimmungen umgesetzt, optisch Spannungsbögen aufgebaut und märchenhafte Elemente mit wirklichen verknüpft. Und obgleich man bereits beim Auftauchen der Schatten ahnt, wer diese sein könnte, steckt die Geschichte voller überraschender Wenundgen und großartiger Bilder.

"Drei Schatten" ist mit über 260 Seiten [20 Euro] nicht nur eine liebevoll erzählte Geschichte, sondern ein Augenschmaus, der mich zu Tränen rührte. Unbedingt kaufen!

Freitag, 6. Juni 2008

Monsterkrakelei

Donnerstag, 5. Juni 2008

Defekt III

Auf die Idee, die Wahlwiederholungsfunktion meines Mobiltelefons zu benutzen, um die Fahrkartenautomatenstörstellentelefonnummer herauszubekommen, war ich natürlich nicht gekommen. Derartiger Eigeniditiotie sollte eigentlich zumindest eine in ein Klatschgeräusch mündende Hand-zu-Stirn-Bewegung innewohnen, doch bin ich zufrieden genug, um das zu unterlassen. Schließlich habe ich meine EC-Karte wieder.

Am gestrigen Vormittag erhielt ich einen Anruf. Erstaunlicherweise aus Halle und nicht aus Magdeburg, wo ich meine Karte "verloren" hatte. Ein Mann teilte mir mit, dass die EC-Karte gesichert sei und dass er sie per Post schicken, aber - wenn es mir keine Umstände mache - auch direkt im Magdeburger Hauptbahnhof abgeben könne. Am selben Tag.

Begeistert willigte ich ein und erfuhr, dass die Karte gegen 18 Uhr an einem bestimmten Schalter ausliegen würde. Gegen 18.05 Uhr erhielt ich einen weiteren Anruf, diesmal aus Magdeburg. Meine EC-Karte wäre eingetroffen, und wenn ich sie noch heute abholen wolle, müsste ich mich bis 19.30 Uhr an demunddem Schalter [ein anderer als der von dem Hallenser Anrufer erwähnte] einfinden.

Ich fand. Kurz nach 19 Uhr steltte ich mich frohen Mutes in die Reihe der an den Schaltern Wartenden. Ich hatte zunächst überlegt, einfach zum richtigen Schalter zu gehen und meine Karte einzufordern, doch sobald ich die ersten Schritte in Schalterrichtung getan hatte, erntete ich böse Blicke vom Kopf der Menschenschlange. Ich wolle mich wohl vordrängeln, sagten diese Blicke, ich möge mich gefälligst hinten anstellen wie alle anderen auch.

Ich stellte, und als ich an der Reihe war, zu einem Schalter vorgelassen zu werden, gab ich sogar den hinter mir Wartenden Vorrang. Schließlich war mein Schalter noch besetzt.

Die Aushändigung der Karte erfolgte umstandslos. Ich unterschrieb einen kopierten Zettel, auf dem unter anderem vermerkt worden war, dass ich am Vortag bezüglich des EC-Karten-Verbleibs nachgefragt hatte und dass ich die Karte nun erhalten hatte, bedankte mich und wurde entlassen.

"Eine Frage habe ich noch.", meinte ich rasch. Die Bahnbeamte schaute mich an, als erwartete sie Schlimmstes. "Das Telefonat mit der Automatenstörstelle hat mich knapp 10 Euro gekostet. Kann ich das Geld irgendwo wieder einfordern?" Die Schalterfrau war ratlos, und offensichtlich wollte sie auch Feierabend machen.
"Sie werden verstehen:", ergänzte ich. "Wenn ich da jetzt nochmal anrufe, kostet es mich wiederum haufenweise Geld."
Sie kramte kurz und gab mir dann eine Visitenkarte. Eine Nummer für Beschwerden und dergleichen. 14 Cent pro Minute. Super.

Ich rief die Nummer nicht an. Statt dessen nutzte ich ein auf der Bahnseite angebotenes Kontaktformular. Zwar zweifle ich daran, dass meine Eingabe rasch Empfänger und Lösung finden wird, doch fröne einem gewissen Optimismus. Immerhin hat ich diese Mail keine zusätzlichen Kosten verursacht.

Schwierigkeiten ergaben sich jedoch mit meiner Bank. Die Kartenentsperrung bedarf eines persönlichen Erscheinens inklusive Personalausweis- und Kartenvorzeigerei. Dies ist, da die Bankfiliale in Halle liegt, ich aber in Magdebuger verweile, ungünstig und benötigt eine sinnvolle Lösung, die es noch zu finden gilt. Ich warte auf einen Anruf aus der Filiale.

Immerhin: Alle Telefonmitarbeiterinnen der Bank waren durchweg freundlich und imstande, meine Fragen zu beantworten bzw mich an die richtigen Stellen weiterzuleiten. Als erstaunlich erwies sich nur, dass ich nach einer solchen Weiterleitung plötzlich nur leises Rauschen vernahm, also Telefonstille, und begann, an der Verbindung zu zweifeln und die eigentlich nervige Wartemusikdüdelei zu vermissen.

Vielleicht ist doch nicht alles Schlechte schlecht.

Die ganze Geschichte: Teil I, Teil II, Teil IV, Teil V

Dienstag, 3. Juni 2008

Defekt II

Ungeachtet meiner Ermahnungen mir selbst gegenüber, den Zettel, auf dem ich die Bearbeitungsnummer meines EC-Karten-Verschwindens vom Freitag notiert hatte, nicht zu verlegen, vergaß ich ihn in Halle. Schließlich handelte es bei dem Zettel nicht um einen solchen, sondern um die erste Seite des Romans "Carrie" von Stephen King, den ich bis vor kurzem noch las und dann aus Belastungsgründen in der Wohnung meiner Mutter zurückließ.

Kein Problem, dachte ich, als ich meine Vergesslichkeit bemerkte, wenn die EC-Karte am Montag im Briefkasten liegen würde, wäre die Bearbeitungsnummer unnütz geworden - außer natürlich, wenn ich mir die acht Euro Telefonkosten wiederholen wollte. Doch der Briefkasten hielt weder am gestrigen Montag noch heute irgendetwas für mich bereit, uns so belästigte ich meine Mutter telefonisch mit der Frage nach der erwähnten Bearbeitungsnummer.

In dem Augenblick, da ich sie mir notiert hatte, wurde mir klar, dass ich keine Ahnung hatte, wo ich denn nun anrufen müsste. Sicherlich, bei der Deutschen Bahn, doch die Nummer vom Fahrkartenautomatennotfalldienst hatte ich mir in all dem Wirrwarr nicht notiert, und nun saß ich zu Hause fernab jenes Automaten, auf den die Notfallnummer aufgebracht worden war. Das allmächtige Internet kann bestimmt helfen, dachte ich sogleich und begab mich auf die Bahn-Seite, wo ich erstaunlich rasch mehrere Kontaktnummern fand, die allesamt äußerst kostenpflichtig waren.

Natürlich entdeckte ich keine Nummer, die meinen Problemfall betraf, oder irgendeine, die etwas mit Verlusten oder Fahrkartenautomatenproblemen zu tun hatte. Also rief ich zunächst die allgemeine Nummer an, die sich zwar vorrangig mit sogenanntem Reise-Service beschäftigte, aber vielleicht imstande wäre, mich irgendwie weiterzuvermitteln. Ich wurde tatsächlich weitervermittelt, aber leider ins Reiseservice-Nirgendwo, wo ein Österreicher mir kaum verständlich Vorhaltungen machte, warum ich ausgerechnet ihn anriefe, woher er jetzt bitte schön die richtige Nummer haben soll und vor allem warum ich mir damals nicht die Fahrkartenautomatenstörservicenummer notiert hatte.

Gerne hätte ich ihm mit semifreundlichen, aber bestimmten Worten erläutert, dass ich zu diesem Zeitpunkt nicht eben wenig genervt und mit wesentlich Bedeutsamerem beschäftigt gewesen war, als mich daran zu erinnern, die alberne Telefonnummer zu notieren, doch ließ ich es bleiben, verschabschiedete mich rasch und legte auf. Schließlich bezahlte ich gerade gefühlte Tausendmillionen Euro pro Sekunde.

[Zur Verteidigung der Bahn sei zwischenbemerkt, dass nicht die Warterei, sondern nur das eigentliche Telefonat kostenpflichtig war und dass auch nach der Weitervermittlung die Kosten angesagt wurden. ]

Ich richtete mich darauf ein, am nächsten Tag den Fahrkartenautomaten zu besuchen und die Nummer abzuschreiben, da fiel mein Blick auf eine Servicenummer für BahnCard-Inhaber, bei der man nicht nur BahnCard-bezogene Sorgen äußern konnte. Und obgleich meine Telefonrechnung mich bettelnd ansah, sie zu verschonen, rief ich an.

Eine erstaunlich freundliche junge Dame nahm ab, und ich fasste meine Problematik kurz zusammen. Ob sie mir weiterhelfen könne, fragte ich vorsichtig. Sie konnte, denn wenige Sekunden später hatte sie mir eine Fahrkartenautomatenservicenummer herausgesucht. Sie konnte nicht garantieren, dass dies die richtige sei, doch glaubte es. Ich war angenehm verblüfft und wählte die soeben erhaltene Nummer.

Schon die dämliche Wartemelodie ließ mich erkennen, dass ich an der richtigen Stelle gelandet war. Ebenso die nicht minder dämliche Stimme, die meinte, dass "noch immer" keine Mitarbeiter frei seien. Ich wartete.

Als sich endlich jemand meldete, ahnte ich Schlimmes. Der Mann am anderen Ende nuschelte. Extram. Ihm zuzuhören bedeutete, das Gesprochene aufzunehmen, zu verarbeiten und dann erst verstehen zu können. Ich seufzte innerlich, schilderte meine Sorgen, gab die Bearbeitungsnummer - und erwirkte nichts.

Ich solle am nächsten Tag noch einmal anrufen. Zu einer Zeit, wo die Servicehotlinemitarbeiter sich mit den Technikern und deren Mitarbeitern in Verbindung setzen konnten, um herauszufinden, ob meine EC-Karte bereits verschickt wurde oder nicht. Im Augenblick könne er nichts tun.

Wozu hast du dann erst die Bearbeitungsnummer erfragt?, wollte ich schreien. Wozu gibt es eure dämliche Hotline überhaupt, wenn das einzige, was ihr tut, darin zu bestehen scheint, die Abwesenheit von Technikern kundzutun und Bearbeitungsnummern zu vergeben? Wie oft soll ich diese beschissen-teure Hotline noch anrufen, verdammtnochmal?

Wortlos legte ich auf, wissend, keinen Schritt vorangekommen zu sein und meine 8-Euro-Telefonrechnung beträchtlich erweitert zu haben.

Die ganze Geschichte: Teil I, Teil III, Teil IV, Teil V

Montag, 2. Juni 2008

Feststellungen

Gewisse Problematiken machten es notwendig, dass ein alternatives Betriebssystem zu dem auf einem Notebook laufenden benötigt wurde, und sogleich begann ich, mir Knippix herunterzuladen. Dabei stellte ich zwei Sachen fest:

Mit mehr als 4 Gigabyte erweist sich Knoppix als recht groß, insbesondere wenn man es erst herunterladen muss. Dan der in Opera integrierten Torrent-Funktion wurde zwar die Maximalkapazität meiner Internetverbindung ausgenutzt, jedoch kam dennoch eine ansehnliche Zahl von Herunterladstunden zusammen.

Im allgemeinen wird ja gern davon geredet wird, dass anfassbare Medien allmählich aussterben und dass sowohl DVDs als auch deren Nachfolgern keine große Zukunft bescheinigt wird, weil in Bälde jeder seine Filme nur noch über das Netz beziehen und ansehen kann. Doch wenn ich bedenke, dass heutzutagige SpielfilmDVDs schon mehr als doppelt soviel Speicher brauchen wie das oben erwähnte Knoppix und dass sich dieser Bedarf in Zukunft aufgrund von Qualitätserhöhungen wohl noch steigern wird, zweifle ich stark an der allgegenwärtigen Herunterladbarkeit von Filmen.

Ich kann nicht sagen, wieviele Stunden ich tatsächlich für 4 GB brauchte, weil mein Rechner sich hitzebedingt immer mal wieder verabschiedete, doch weiß, dass ich nicht willens wäre, dieselbe "Computerzeit" für einen Film zu opfern, bloß weil ich ihn heute oder morgen abend sehen möchte. Da renne ich lieber in den Laden oder eine Videothek.

Und selbst wenn das Ganze gestreamt werden wird, wenn das Internet der Zukunft mit enormen Geschwindigkeiten und Verfügbarkeiten aufwartet, wenn sich also alles zum Besten entwickeln wird, hege ich arge Zweifel an der Durchfürhbarkeit des qualitativ hochwertigen Mal-eben-einen-Film-aus-dem-Netz-Schauens. Denn derzeit schaffte es noch nicht einmal die optische Minderwertigkeit der Youtube-Filmschnipsel kontinuierlich flüssig zu laden und erfordert nicht selten erstaunliche Vorladezeiten.

Dass ganze Spielfilme in höchster Ton- und Bildqualität in naher Zukunft problemlos über das weltweite Netz beziehbar sein werden, bezweifle ich dennoch.

Die zweite Feststellung, die ich machte, war, dass sich Knoppix als erstaunlich umfangreich und benutzerfreundlich erwies. Hätte ich nicht gedacht.

Samstag, 31. Mai 2008

Defekt

Es liegt nicht unbedingt in meiner Natur, es eilig zu haben oder störrisch-langsamen Automaten meine Ungeduld durch verzweifeltes Stöhnen verständlich zu machen, doch da ich wie immer erst auf den letzten Drücker losgeradelt war und mein Zug in zwei Minuten abfahren würde, raubte mir die provozierende Langsamkeit des Fahrkartenautomaten den letzten Nerv.
Geduldig stand mein Rad neben mir in der Bahnhofshalle, während mir der Tastbildschirm wieder und wieder sich füllende, rote Ladebalken zeigte, die nach Befüllungsvollendung erneut mit ihrem dämlichen Spiel begannen. Und dabei brauchte ich doch nur ein simples Regionalbahnticket, eines, das ich mir vermutlich sogar sparen könnte, wäre ich nicht der Ehrlichkeit anheim gefallen.

Endlich verlangte der Automat meine EC-Karte. Einen Moment lang zögerte ich noch, da auch die Option des Bar-Zahlens bestand, dann schob ich die Karte in den Schlitz - genauso wie ich es bei unzähligen anderen Modellen bereits getan hatte. Eine geraume Weile geschah gar nichts. Dann meldete der Bildschirm einen Fehler. Nun ja, nicht wirklich. Mir wurde nur mitgteilt, dass meine Karte womöglich falsch herum im Schlitz stecke und dass ich entweder abbrechen oder die Karte richtig herum drehen solle. Ebenfalls wurde mir die Bargeld-Option angeboten, was merkwürdig war, weil die beiden Schriftzüge einander partiell überdeckten und zudem der Münzeinwurfschlitz nicht freigegeben worden war.

Eine Abbruchmöglichkeit gab es nicht. Der Tastbildschirm, der sonst die zu drückenden Buttons anzeigte und auf unsensible Berührungen reagierte, bot mir nun nur zwei Schriftzüge [immerhin: passend zur Deutschen Bahn], das Datum und die Uhrzeit an. Mein Zug war bereits abgefahren.

Der Automat weigerte sich beharrlich, meine EC-Karte auszuspucken. Störrisch verwies er auf meinen Fehler und darauf, dass sie vielleicht in anderer Position lesbarer wäre - doch bot er mir keine Möglichkeit, eine andere Posiiton zu erwirken. Wild und wahllos drückte ich auf dem Bildschirm herum. Vielleicht erwischte ich ja tatsächlich irgendeine verborgene Abbruchstaste oder konnte gar den begonnenen Fahrkartenkauf beenden. Doch nichts geschah.

Die einzig sichtbaren Tasten waren die der PIN-Eingabe, und obgleich ich ahnte, dass es nutzlos sein würde, drückte ich jede einzelne Taste - kraftvoll und mehrmals. Nichts geschah.

Der hinter mir Wartende verzog sich, und ich rief die Nummer der Automatenstörstelle an, die freundlicherweise angegeben war. Ich hatte keine Ahnung, ob der Anruf kostenfrei war, doch ging optimistisch davon aus. Ebenso optimistisch war ich bereit zu glauben, dass der Automat sich vielleicht mit einem ferngestuerten Reset zur Kartenfreigabe bewegen lassen könnte.

Doch zunächst vernahm ich nur Gedudel und die wiederholte Bandansage, die darauf verwies, dass im Augenblick alle Mitarbeiter beschäftigt seien und dass ich mich in Geduld üben solle. Ich übte, und nach einer Weile ging tatsächlich eine gutgelaunte Frau an den Apparat und nahm meine Daten auf. Name, Telefonnummer, Adresse. Dann erst durfte ich mein Problem schildern.

Die Frau schien nur partiell zu verstehen und ganz gewiss war sie nicht imstande, mir weiterzuhelfen, denn immer wieder überraschte sie mich mit nutzlosen Ratschlägen. Ob ich nicht die Abbrechen-Taste drücken könne [die nicht vorhanden war]. Ob ich nicht so tun könne, als würde ich noch einmal neu beginnen, den Automat zu benutzen [Konnte ich nicht, da der Bildschirm nur Nonsens anzeigte.]. Ob ich nicht einmal gegen den Automaten hauen könne. Ich schlug zu und am anderen Ende der Leitung erklang ein überraschtes Lachen, das sich wohl auf die vermeintlich immense, aber dennoch ergbnislose Wucht meines Schlages bezog.

Andere Ratschläge hatte die Dame nicht parat. Die Techniker seien längst unerreichbar und würden mir die Karte am Montag zukommen lassen. Ob ich mir nicht die Bearbeitungsnummer aufschreiben und dann noch einmal anrufen könne. [Nach ein wenig Kramerei fand ich tatsächlich Stift und Papierähnliches.]. Dass es dennoch besser sei, die Karte zu sperren.

Ich legte auf und fragte mein Handyguthaben ab. Wenn ich mich nicht irrte, hatte ich soeben acht Euro für die nahezu nutzlose Hotline ausgegeben. 67 Cent waren mir verblieben und ich beschloss, L anzurufen, die mir nicht nur die EC-Karten-Sperr-Telefonnummer heraussuchen, sondern auch mein Guthaben wieder aufladen sollte. Als ich nur die Anrufbeantworteransage vernahm, schmetterte ich entnervt meinen Kugelschreiber gegen die Bahnhofswand.

Ich betrachtete die herumliegenden roten Plastikteile und versuchte, andere Freunde zu erreichen, die womöglich gerade in Netznähe verweilten. Erst beim zweiten Versuch, L anzurufen, hatte ich Erfolg, und während ich spürte, wie mein Guthaben von 67 Cent unaufhörlich der Null entgegenschrumpfte, erklärte ich mich und meine Wünsche.

L half, und wenige Minuten später hatte ich 15 Euro auf meinem Guthabenkonto und die Nummer Kartensperrhotline in ein Buch gekritzelt. Ich rief an, und mal wieder begrüßte mich nerviges Warteschleifengedudel. Geduldig wartete ich. Ein Zug fuhr über mir dahin, gerade als die Automatenstimme verschiedene Optionen zur Weitervermittlung anbot. Ich verstand kein Wort und reagierte nicht. Doch das schien zu reichen, denn bald hatte ich eine Frau am Telefon, die fragte, was für eine Karte denn gesperrt werden solle.

Aha, dachte ich, gilt die 116116 also für die Karten aller Banken? Ich wurde verbunden. Warteschleifenmusik. Ein Mann. Innerhalb weniger Sekunden hatte er sich Name, Adresse, Bankleitzahl und Kontonummer [Ich kannte glücklicherweise alles auswendig.] notiert und erklärte die Karte für gesperrt. Alles weitere würde der Kundenberater meiner Bank mit mir klären, meinte er noch und legte dann auf, ohne mir Gelegenheit zu geben, auch nur eine meiner vielen Fragen stellen zu können.

Nun ja, dachte ich, immerhin ist die Karte gesperrt, und schob mein Rad zum Bahnhofsinformationsschalter, den Fahrkartenautomaten samt verschluckter EC-Karte zurücklassend. Vielleicht, hoffte ich, kannte man bei der Information irgendeinem geheimen Trick, dem Automaten meine Karte zu entlocken.

Man kannte nicht. Die Bahndame äußerte ihr Bedauern, doch gab zu, machtlos zu sein. Ich meinte, man solle wenigstens ein "Defekt"-Schild an den Automaten hängen, weil schließlich andauernd Menschen kämen, die erst wild auf den tasten herumdrückten, ehe sie begriffen, dass der Automat nutzlos war. Sie bestätigte dies und entließ mich uninformiert und EC-kartenlos.

Ich stellte mein Rad an eine Wand und reihte mich in die Warteschlange am Fahrkartenverkaufsschalter ein. "Ich möchte gern nach Halle.", sagte ich, als ich endlich an der Reihe war. "Die Regionalbahn 19.07 Uhr? " Ich lächelte und nickte. "Genau die."

Mitterweile hatte ich fast eine Stunde auf dem Bahnhof verbracht, und die nächste Bahn würde bald fahren. Rasch erwarb ich noch eine Cola, überzeigte mich davon, dass der Automat immer noch defekt und "Defekt"-Schild-frei war und begab mich auf den Bahnsteig. Letztlich war es doch nicht allzu schlecht gelaufen. Sicherlich, die EC-Karten-Sache gab Scherereien. Doch die Karte war gesperrt, ich hatte einen Fahrschein, keinen Durst mehr und noch ein bißchen Bargeld, um über die Runden zu kommen. Nun brauchte ich nur noch in den Zug einzusteigen und kurz darauf in Halle anzukommen.

Allerdings hatte der zwischen Halle und Magdeburg hin und her pendelnde Zug Verspätung. Eine halbe Stunde! Bei einer Normalfahrtzeit von 70 Minuten! Das konnte doch nicht wahr sein!

Ich gab auf. G rief an und ließ meine Schimpftirade über sich ergehen. Dann setzte ich mich, nippte an meiner Cola, die Ohren musikalisch verstöpselt, den Blick in einem Buch und wartete. Die Welt konnte mich mal.

Die ganze Geschichte: Teil II, Teil III, Teil IV, Teil V

Samstag, 17. Mai 2008

Fred-Zeug

Da es auf fonflatter.de gerade nicht so gut reinpasst, poste ich es mal an dieser Stelle: Eine kleine Zeichnung und eine winzige Flash-Animation.
Und so.

Fred-Animation [klick]

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