Dienstag, 15. Februar 2005

Valentinstagsreflexion

Aufgrund weitestgehender Isolation von medienartigen Informationsquellen, aufgrund einer Art einsiedlerischer Zurückgezogenheit in lernorientierte Eigengefilde unzureichend funktionierender Weltenignoranz, aufgrund einer mir selbst auferlegten, stetigen Blindheit allgemeinen Geschehnissen gegenüber, ... gelang es mir, den gestrigen Tag vorüberstreichen zu lassen, ohne mich der schmerzhaften Illusion hingeben zu wollen, valentinische Nachrichten, Daseinsbekundungen und Liebesbeweise erhalten zu wollen, ohne in trübselige, selbstbemitleidende Daseinstrübnis zu verfallen und mich selbst als ausgeschlossen, inakzeptiert, verworfen und mit den bitteren Dornen der Einsamkeit bestückt zu betrachten. Auch mißlang es der mich umgebenden, konsumorientierten Profitgesellschaft, hinreichend genug Einfluß auf mich auszuüben, um mir mit aller Deutlichkeit in den Schädel zu meißeln, daß der gestrige Tag mit dem Erwerb holländischer Gewächshausrosen, überteuerter Qualitätsschokoladenartikel oder anderer marktwirtschaftlich auferlegter Liebesbeweise zu befüllen sei; ja selbst die üblichen unzählbaren Grüße und Gedanken, dem angeblich geliebten Partner oder der ersehnten potentiellen Zukunftshoffnung über die öffentlich zugänglichen Medien in erstaunlich umfangreichen Massen versendet, gingen an mir vorüber, ohne von meinem Bewußtsein wahrgenommen zu werden. Ich betrauerte mich nicht, bedauerte noch nicht einmal, keine Gelegenheit erhalten zu haben, selbst ein herzergreifendes Präsent verschenken zu zu können, geschweige denn, eines vermacht zu bekommen. Ein befremdliches Verhalten für jemanden, der doch der Liebe eine Bedeutung beimißt, deren Tragweite mit menschlichem Geiste nicht faßbar ist. Ein verständliches Verhalten für jemanden, der von kalenderorientierten Geschenkzwängen noch nie sonderlich viel hielt und in den Augenblicken valentinischer Sehnsüchtelei noch nicht einmal imstande war, in seinem Kopf das lohnende Objekt angestrengter Begierden ausfindig zu machen.

Tatsächlich bemerkte ich mit einigem Erstaunen, daß die wenigen Informationen, die mich am gestrigen Tage bezüglich des pseudowichtigen Datums heimsuchten, vorwiegend negativer Natur waren, geflüsterte Schreie einsamer Herzen, den anderen, scheinbar liebevoller Lebenden, ihre Liebe und die entsprechenden Zelebrationen mißgönnend, fadenscheinige Gründe suchend, diesen Tag und alle händchenhaltenden Traumwandler zu verachten und mit schmachvollen Worten zu belegen, nicht zuletzt ob ihrer konsumzwangkonformen Geschenkekaufsucht. Derlei Verhalten jedoch empfinde ich fast noch unerträglicher als die von Medien und Wirtschaft proklamierte "Liebe", ist doch Liebe nicht Produkt dieser Negativitäten, sondern sind doch diese Kaufzwänge und Geschenkewünsche schlichtweg eine Folge von Liebe, Sehnsucht und anderen, durchaus ehrbaren Gefühlen.

Sicherlich sei es geraten, sich von äußeren Einflüssen zwanghafter Art abzuschotten und zu versuchen, sein eigenes liebevoll-kreatives Denken wirksam werden zu lassen. Doch sehe ich bei Nichterfüllung der von mir bevorzugten Eigenkreativität noch immer keinen Grund zu Pärchenverachtung und Valentinshaß. Viel bedeutsamer erachte ich die Notwendigkeit, mehr als einen Tag zum Valentinstag auszurufen, womöglich gar jeden Tag des Jahres, so daß sich einerseits die rauschartigen Konsumwahnzustände minimieren würden, zum anderen der Geschenkzwang sich reduzierte, zu guter Letzt jedoch das Bewußtsein für Liebe im allgemeinen und für die eigene Liebe im speziellen anwachsen und sich verstärken möge. So reichen zuweilen wenige Worte oder mit Herz hingekrakelte Striche aus, um nicht nur ein Lächeln auf den Lippen des/der anderen zu erwecken, sondern auch um das Bewußtsein zu schaffen, daß zwischen zwei Personen mehr besteht als nur das tägliche Nebeneinander, als die üblichen, im Fernsehen nur allzu häufig erniedrigten, Werte und Gedanken; das Bewußtsein für ein Gefühl, das fähig ist, Leben zu befüllen und Welten zu bewegen, Seelen zu erschöpfen und Wege zu weisen.

Ich glaube nicht, daß man imstande sein sollte, Liebe und alles, was zu ihr gehört, mit ihr verwandt ist, in einen einzigen Tag zu pressen, mit nichtigen Supermarktpralinen und kitschigen Herzchengeschenken auszudrücken. Doch noch weniger sollte man versuchen, aufgrund der scheinbaren Uneinigkeit zwischen Weltlichem und Seelischem, aufgrund des angeblichen Zwists zwischen Konsum und Liebe, das Schenken als solches, den Valentinstag als solchen, zu verachten und mit Mißgunst zu belegen. Denn das Schenken gehört zur Liebe, ebenso wie ein jeder gemeinsam verlebte Tag dazu gehört. Nur sollte man sich dessen bewußt bleiben, was bedeutend ist und was nur werbewirksam als bedeutend angepriesen wurde.

Und so blicke ich zurück auf einen Tag, der mich nicht wirklich zu berühren vermochte, der in der gewöhnlichen Stille, in der gewöhnlichen Abgeschiedenheit verlief, die vermutlich weniger ertragbar wäre, wüßte ich nicht um die Existenz von Lebens Schönheit und Liebe. Ich blicke zurück auf einen Tag, der verging, ohne mich zu erreichen, der nur wenige Gedanken hinterließ und doch ausreichte, um netten Menschen ein Lächeln zu schenken.
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abstraktes denken

an irgendeiner stelle in der zivisation war man bemüht, dingen namen zu geben. und so geschah es, daß beispielsweise auch das wort "liebe" entstand: ein gefühl, das man nicht mit unendlichen zeichenketten beschreiben könnte, wird in ein einziges wort gestopft.

befremdlich jedoch wird es, blickt man auf die versuche denkender wesen zu erklären, was "liebe" eigentlich sei, was dazugehöre und was nicht. versucht wird herauszufinden, was hinter dem wort steht, welche tiefen bei genauerem blick es offenbart.

ein name wurde vergeben und nun soll versucht werden, dem namen eine definition verpassen, neue worte zu finden, die das alte aufzufüllen imstande sind.

vielleicht gelingt dieses vorhaben, vielleicht ist mensch tatsächlich dazu befähigt zu erklären, was dieses eine wort für eine aussage in sich birgt. doch öffnet man die augen, erkennt man, daß man einzig und allein versuchte, das wort, den gegebenen namen, zu erklären und mit erläuterungen zu versehen. jedoch das wahre, das eigentliche, das gefühl, bleibt unangetastet, unbeschrieben; der blick auf die quelle wird vernachlässigt.

ein gefühl, unzureichend erfaßt durch ein winziges wort, erläutert durch ungezählte weitere worte - und keines wird jemals genug sein, begreift man jenes gefühl in seinem herzen.
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das wort des tages 2

ohne große überlegungen erwähle ich
ramschladen
zum heutigen wort des tages. ich entdeckte dieses nette stück deutscher sprache soeben durch - wenn man geneigt ist, an einen solchen zu glauben - zufall und verlas mich auch prompt.

sich zu verlesen geht einfach: ein wort taucht vor den eigenen augen auf, der blick streift es kurz, formt im geiste laute, die jedoch keinen sinn ergeben. der blick streift erneut, und das begreifen setzt ein: einzig eine falsche im-kopf-betonung oder unpassenderweise im denken zusammengefügte zeichen wurden zum grund für das unverständnis. denn bei einer zweiten lektüre, angereichert um entsprechend hohes aufmerksamkeitspotential, wird der zusammenhang und somit das wort verständlich und zum teil des bekannten eigensprachguts.

so geschah mir soeben, als ich ramschladen las. es stellte sich mir sofort die frage, was eigentlich ein "schladen" sei. ein zweiter blick erweckte jedoch die erkenntnis - und das bewußtsein, daß "ramsch" auch recht hüsch anzumuten ist und von nun an häufiger meine kommunkation bereichern sollte.

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Hier wird es fortan weitergehen: http://morast .eu Und...
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morast - 1. Feb, 21:10

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