Mittwoch, 23. Februar 2005

Behind The Mirror

Da ich gerade amüsierter Laune bin, erzähle ich mal eben einen Schwank aus meiner Jugend.

Es begab sich in meinem letzten Schuljahr, daß unsere Klasse beschloß, eine Abschlußfahrt zu organisieren und durchzuführen. Tatsächlich landeten wir dann inmitten einer dieser spanischen Pseudostädte, die nur für alberne, trinkwillige, diskowütige, sonnenglutheischende, zahlungswillige Touristen aus dem spanischen Boden gestampft worden waren; in einer der Städte, in deren Namen immer ein doppeltes L vorkommen muß, das man dann ur-katalanisch wie ein J zu artikulieren [siehe auch Mallorca] hat, und die immer an irgendeiner sinnbefreit betitelten Küste herumliegen: Weiße Küste, Wilde Küste, Sonnenküste, ...

Unser Hotel war nicht das schönste, aber vermutlich noch bessere Wahl in Anbetracht der Alternativen. Selbst das Bordell direkt gegenüber schreckte uns nicht ab [schmutziges Grinsen auf meinen Lippen]. Ich lernte meine erste große Liebe kennen, und die Welt schien in Ordnung. Doch dann...

[spannungsheischende Pause]

Eines Nachmittags duschte ich mich in der Badewanne. Mein damals noch funktionstüchtiger Walkman hatte ganze Arbeit geleistet und mir ein wunderschönes Würmchen ins Ohr gesetzt: Blind Guardian mit "Lost In The Twilight Hall". Mit dem Wissen bestückt, allein im Hotelzimmer zu sein, trällerte ich fröhlich eben erwähntes Lied vor mich hin, in dem eine durchaus bedeutsame und stetig wiederkehrende Zeile lautete:

"Look behind the mirror..."

Nachdem ich eben jene Zeile mehrmals über meine Lippen perlen lassen hatte, wurde ich mir ihres Inhalts bewußt. "Sieh hinter den Spiegel...". Neugierig schaute ich in den Spiegel und versuchte herauszufinden, ob sich irgendetwas dahinter zu verbergen vermochte. Ich hatte genug Fantasy-Romane gelesen, um daran zu glauben, etwas finden zu können. Doch ich fand nichts.
Aber halt! War nicht die Rede von "hinter den Spiegel" gewesen?

Vorsichtig löste ich den Spiegel aus seiner Halterung. Wer wußte denn, welche Schätze dahinter verborgen waren, welche Geheimnisse ich nun entdeckte?
In einem unbedachten Augenblick glitt mir der Spiegel aus der feuchten rechten Hand und knallte auf das Keramikboard, auf dem meine Zahnbüste stationiert war. Ein Blitz zuckte durchs Glas und manifestierte sich: Von oben links bis unten rechts war der angeblich geheimnisvolle Spiegel von einem riesigen Riß durchzogen, den zu verbergen mir schwerfallen würde.

Am nächsten Tag hatte die Putzfrau die Riß-Information an ihren Chef weitergegeben, dieser sich an irgendeinen meiner Lehrer gewandt, der wiederum mir ankündigte, ich hätte den lächerlichen Betrag von 20 DM für diesen Schaden aufzuwenden.

Ich zuckte mit den Schultern. Es war mir egal, berührte mich nicht. Denn mit dem Spiegel hatte auch meine Traumwelt einen Riß bekommen: Hinter dem Spiegel befand sich nur die nackte, häßlich-graue Wand.
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Buchrückseitendruckrichtungsstandard

Heute durfte ich mich mal wieder wundern. Besonnen lag ich auf meiner Matratze und studierte die mir zugewandten Buchrücken in dem dafür vorgesehenen Regal. Und was fiel mir auf?

In einem Land, wo jedes Detail der menschlichen Existenz, jedes Produkt, jeder Service, mit einzuhaltenden und regelmäßig kontrollierten Normen und unabänderlichen Standards versehen wird, gibt es scheinbar keine einheitliche Regelung für die Anordnung des Schriftzugs auf dem Buchrücken.

Ich gebe zu, daß eine Tendenz deutlich spürbar ist: Die meisten Buchtitel sind mit nach links geneigtem Kopf lesbar, also mit Leserichtung von unten nach oben entlang des Buchrückens. Doch immer wieder treffe ich Ausnahmen an: Salman Rushdie "Die Satanischen Verse" [Knaur], diverse Werke Terry Pratchetts [Goldmann] oder gar Tolkiens "Der Herr der Ringe" [Klett-Cotta].

Auffällig dabei ist, daß es Verlage gibt, die ihre eigenen Bücher mal "links herum" und mal "rechts herum" bedrucken, Goldmann zum Beispiel. Da stellt sich mir doch die Frage nach dem Grund. Schließlich muß man so aufgrund der fehlenden Standardisierung bei längeren Bücherreihen wie ein alberner Wackeldackel den Kopf nach links und rechts auf die Schulter werfen, um lesen zu können, wer Autor ist und wie der Buchtitel lautet.

Doch dieses Phänomen macht auch vor anderen Medien nicht halt. Ich gebe zu, mir fällt gerade nur eine CD ein, deren Randbeschriftung "falschrum" angeordnet ist: The Bates mit "Psycho Junior". Das stelle ich immer wieder fest, wenn ich das Werk zurück in den CD-Ständer schieben will, dann aber bemerke, daß die Schrift nur kopfüber lesbar ist.

Aber DVDs gesellen sich scheinbar gern zu den Büchern, zumindest, was die uneindeutige Anordnung der Rückenschrift betrifft. Auch hier überwiegt der "von-unten-nach-oben"-Stil, doch bilden beispielsweise "Lost Highway" und "The Crow" nicht zu vernachlässigende Ausnahmen.

Deshalb fordere ich jetzt hier an dieser Stelle die Einführung eines Deutschen Buchrückseitendruckrichtungsstandards [zuzüglich ähnlicher Normierung für CDs, DVDs undsoweiterundsofort] !!!

Das ist es, worauf Deutschland gewartet hat!
Das ist es, was uns voranbringen wird!
Das ist es, was uns alle glücklich macht!

Der Deutsche Buchrückseitendruckrichtungsstandard!

P.S: Mir fällt gerade auf, daß die vor wenigen Stunden gekaufte und eben erwähnte CD der von mir sehr gschätzten Musikgruppe Draconian sich zu dem bereit genannten Bates-Album gesellen darf, ist doch auch hier die Schrift falsch angeordnet. Welch amüsante Begebenheit...
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Ballon

Wie ein aufgelähter Ballon fühlt sich mein Schädel an. Wenige Minuten vor der mich ängstigenden Prüfung wandle ich durch meine Räumlichkeiten und versuche, mich von allem abzulenken, was mit dem Gelernten oder zu Lernendem zusammenhängt. Ich habe das Gefühl, als würde das Wissen im meinem Schädel diesen vollends ausfüllen, ja die äußere Hülle unmerklich dehnen. Leichte Kopfschmerzen kündigen sich an, nicht zuletzt weil das Gelernte über eine erstaunliche hohe Masse verfügt. Masse hat jedoch nichts mit Menge zu tun, sondern einzig und allein damit, daß ich mich fühle, als müßte ich, würde ich dem steten Drängen nachgeben, kopfüber die die Gegend laufen. Das jedoch fällt mir schwer, weswegen ich darauf verzichte.

Ich verzichte auch darauf, den Stoff noch einmal zu resümieren, noch einmal ein paar Bilder anzusehen und einprägen zu wollen, ich verzichte darauf, in mir nachzuschauen, ob das, was ich wissen sollte, auch tatsächlich vorhanden ist. Nicht allein, weil ich Angst davor habe, nichts finden zu können, nicht nur, weil ich wohl auch mit größter Mühe keine zusätzlichen Fakten aufnehmen könnte. Nein, mein tatsächliches Anliegen besteht darin, kein Leck in meinem aufgeblähten Schädel entstehen zu lassen. Taste ich erst einmal nach einem wissensorientierten Gedanken, trudeln sogleich unzählige weitere hinterher, sprudeln aus mir heraus und lassen vielleicht nur Leere zurück. Das will ich nicht. Davor fürchte ich mich. Ich verschließe meinen Mund, verschließe mein Denken, dichte alles ab, was das Wissen aus meinem bald platzenden Schädel entweichen lassen könnte.

Und erst dann, wenn alles vorüber ist, werde ich meinen Ballonkopf mit Löchern bestücken und feststellen, daß alles, was herausquillt, nur heiße Luft ist.
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