Montag, 21. Februar 2005

Wow.

Beeindruckt von mir selbst ringe ich mir ein ungläubiges "Wow." ab, das - nicht zuletzt aufgrund dessen, daß ich jenes Wortimitat äußerst selten zu benutzen pflege - wohl staunender aber auch selbstverachtender Natur frönt.

Die Schwierigkeit am menschlichen Handeln liegt vermutlich im "Müssen", zumindest, wenn ich derartige Behauptung einmal konkretisieren darf, bei mir. Schließlich weist mein Denken und Handeln durchaus die Existenz des bedrängenden, ja fast schon vordergründigen Wissens um die Notwendigkeit des prüfungsvorbeireitenden Lernens auf, doch wird zur gleichen Zeit mit erstaunlich machtvoller Intensität mit dem Wunsch erfüllt, eben jenes Lernen durch sinnbefreite Ablenkungsstrategien zu verdrängen und mich somit von einer stetig schwerer werdenden Last zu befreien. Daß diese Last durch derlei albernes Herumgekasper, wie ich es seit Wochen immer wieder zu praktizieren pflege, nicht abnimmt, ist nicht nur erwartbar, sondern auch noch unerträglich und drängt folgerichtig zu weiteren Manövern ähnlicher Art. Erstaunlich, wie viele Dinge man bereinigen, abwaschen, aufräumen, lesen, essen, einkaufen, denken oder einfach nur malträtieren kann und wie befreiend diese Tätigkeiten im Augenblick wirken.

Natürlich hat jedes Vergnügen seine Schattenseite, und das obligatorische Kater-Synonym [Ich meine nicht den maskulinen Vertreter einer krallig-wuschlige Haustiergattung, sondern den durch Alkoholexzeß zwangsläufig erwirkten...] weiß alsbald mittels eines schlechten Gewissens auf sich aufmerksam zu machen. Ungläubig beobachte ich mich selbst, wie ich von mir selbst vorgegebene Lernziele regelmäßig minimiere und dem anwachsenden Druck auf immer neue Art auszuweichen verstehe. Derlei Unglaube äußert sich tatsächlich zuweilen in oben erwähntem Unwort, insbesondere da ich nicht weiß, ob ich das jetzt gutzuheißen oder zu verachten habe.
'Gutheißen?', höre ich eine schimpfende Stimme aus dem inexistenten Publikum fragen, 'Was gibt es an Faulheit gutzuheißen?'

Nichts, natürlich. Außer man stellt fest, daß es gerade jene Faulheit ist, die das letzte Vergnügen in dem ansonsten recht einsiedlerisch-trübseligen Leben eines Prüfungsvorbereitenden darstellt und zuweilen ein winziges Lächeln des Genusses auf die - die bereits eingeprägten Wörter und Formeln murmelnden - Lippen des Gestreßten klebt.

Getreßt? Nun ja, nicht wirklich. Immerhin kann ich mir selbst voller Freude eingestehen, daß der Druck im Hinterkopf zwar immens ist, doch richtiger Streß noch keine Chance bekam, sich in meinem Dasein auszubreiten. Schließlich wäre ein solcher wohl wenig produktiv, gäbe er mir doch zusätzliche Gründe, den Zwängen zu entfliehen und mich mit scheinar Besserem, aber zumeist völlig Nutzlosen und Überflüssigem abzulenken.

Und genau darin liegt die Schwierigkeit des "Müssen": In der Zeit, die ich für Pflicht und Zwang opfere, wäre es mir sicherlich möglich, unglaublich viel Wunderschönes zu schaffen, nicht nur mir, sondern auch anderen zahllose Freuden zu bereiten und das Leben als solches mit Genuß zu erleben. Vermutlich gar wäre ich zum Arbeiten [keine körperliche Arbeit im speziellen, sondern "nur" Arbeiten im allgemeinen] fähig, zu Nützlichem, Voranbringendem, das zwar Mühen kostet und Schweiß fordert, doch mir das Gefühl schenken kann, etwas vollbracht zu haben. Doch derlei Dingen zu frönen, ist als verwerflich zu erachten, ja zu ächten. Schließlich gibt es Zwänge, die darauf warten, mit [leider recht mißmutigem] Fleiß und [krampfhaft zusammengeklaubtem] Eifer befüllt zu werden.

Kurz: Ich schaffe und erreiche nichts von dem, was ich für wichtig erachte, weil ich mich mit dem zu beschäftigen habe, was wohl - im Sinne einer zukunftsorientieren Handlungsweise - wichtig IST.

Problematisch wird der bereits erwähnte Umstand, daß selbst das zu Tuende nicht getan wird, daß ich mich vom Nötigen abhalte und anhaltender Sinnlosigkeiten fröne. Ich könnte mich dafür verachten, doch fehlt mir dazu der Wille, habe ich doch längst begriffen, daß ich niemals imstande sein werde, mein Augenmerk auf nur ein einziges, alles entscheidendes Detail meines Daseins zu richten und mich mit diesem zu befassen, bis das nächste der endlosen Warteschlange zu mir herantritt und mich fordert. Nein, ich weiß, daß ich wohl gar nicht anders vermag, als immer wieder dem Unangenehmen auszuweichen und das Angenehme zu suchen, das meine Momente mit Freude füllt und für einen mehr oder minder kurzen Zeitraum das Grau des Müssens zu vernachlässigen weiß.

Beinndruckend empfinde ich im übrigen den Umstand, daß es mir soeben mit obigen Worten gelang, mich mit einer gewissen Motivation zu bestücken, die wohl keine allzu große Lebensdauer haben wird, aber immerhin ausreicht, um mich mit ausreichend großer Euphorie in das zu Erledigende zu begeben [Ich woltle eigentlich "stürzen" schreiben, doch halte ich derartige Ausdrucksweise in Anbetracht meines tatsächlich vorhandenen Willens für maßlos übertrieben.].

Alles Machbare ist machbar - und vermutlich noch mehr.
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groß

In Anbetracht dessen, daß es sich immer mehr als üblich erweist, die deutsche Sprache nicht nur mit Anglizismen und Verkrüppelungen unangenehmster Art zu entstellen, sondern auch die gewohnten Regeln der Groß- und Kleinschreibung zU m1sSachT3n, habe ich mich Eigenreflexion unterzogen, die Folgendes ergab:

Ich halte mir für durchaus fähig, Grammatik und Orthographie in ausreichend korrektem Maße zu frönen, bin mir über die Unterschiede zwischen "daß" und "das" im Klaren und neige auch dazu, den erweiterten Infinitiv mit "zu" mittels eines entsprechenden Zeichens vom Rest des Satzes abzugrenzen. Benutze ich jedoch eine Tastatur, beginne ich, die Umschalttaste mit gebührender Ignoranz zu belegen, somit also Fehler aus Prinzip zu begehen.

Einst [und es ist tatsächlich schon eine geraume Weile her] hielt ich das Weglassen von Großbuchstaben für eine wesentliche Vereinfachung der eigenen Schreibe, für den richtigen Weg, sich auf Papier oder dessen digitalem Äquivalent auszudrücken. Ich vernachlässigte meinen Wunsch nach Perfektion und frönte einer Miniaturrebellion -- denn damals empfand ich es tatsächlich als eine solche [nicht zuletzt, weil auch die im Englischen ja noch hervorgehobene Bedeutng von Eigenenamen dadurch endgültig deklassifiziert werden konnte]. Dafür war ich sogar bereit, die Problematik zu verachlässigen, daß man, wenn alle Worte mit kleinen Buchstaben beginnen, zuweilen Satzzeichen ignoriert und dadurch bei der Lektüre emfpindlich gestört wird.

Ich gelangte zu der Ansicht, daß Menschen, die fähig sind, Rechtschreibung und Grammatik hinreichend korrekt zu praktizieren [Ich neige dazu, die Unfähigkeit zu NEUER deutscher Rechtschreibung schulterzuckend gutzuheißen, habe ich doch selbst arge Schwierigkeiten mit der Umsetzung dieser Schreibreform], die Erlaubnis besitzen, die deutsche Sprache zu verunzieren, solange sie sich ihres Treibens bewußt sind und dieses jederzeit einstellen könnten.

In den letzten Tagen jedoch wurde ich auf einige wenige Zeilenanhäufungen aufmerksam, die aus anderen durch ein einziges Signum herausstachen und dadurch angenehm ins Auge fielen: Sie bedienten sich korrekter Groß- und Kleibschreibung. Das mag an sich nicht weiter verwunderlich klingen, sind doch Zeitschriften, Zeitungen und Bücher vollgestopft mit derlei Geschriebenem. Doch in den Tiefen des weltweiten Netzes mutierten Großbuchstaben längst zu einer vom Aussterben bedrohten Gattung. Menschen neigen ja dazu, allem, was rar ist, einen gewissen Wert zuzusprechen, der nur allein aus dieser Seltenheit resultiert. So handelte auch ich, einmal mit der Seltenheit des Großbuchstaben in meinem eigenen Wortsalat konfrontiert.

Ich schämte mich ein bißchen und versuchte gleich, Zeilen anzuhäufen und dabei darauf zu achten, den Regeln der geschriebenen Sprache gerecht zu werden. Ich war erstaunt zu bemerken, wie schwer mir dieses Unterfangen fiel, nein: fällt, denn noch immer übersehe ich, daß diesem oder jenem Substantiv die Benutzung der Umschalttaste vorenthalten blieb.

Und so beschloß ich, in Zukunft ein wenig auf mich selbst zu achten und den Versuch zu wagen, trotz kurzzeiliger Forenbeiträge und internetüblicher Kleinschreibung auf die Großbuchstaben nicht länger zu verzichten. Womöglich handelt es sich dabei um einen Schritt zurück, doch bin ich mir sicher, daß jeder Lesende es mir insgeheim danken wird, wenn er bemerkt, daß das eigene Auge mal wieder an einem - früher verborgenen - Satzzeichen hängenblieb. Vielleicht ist es gar ein Schritt nach vorn, wohin auch immer...
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